Wachgeküßt
bitte?«
»Ich dachte, wir könnten was unternehmen. Wie wärs mit einem
Essen im Estuary, und anschließend fahren wir zu mir... zum Nachtisch, hm?«
»Äh... ich kann nicht, ich muß mir die Haare waschen heute abend.«
»Na, so eine armselige Ausrede habe ich ja noch nie gehört.«
Ich habe weder die Zeit, noch verfüge ich über genügend Geistesgegenwart, um darauf eine passende Erwiderung zu finden, also halte ich mich einfach an die schnöde Wahrheit.
»Ganz recht, Larry. Es war eine Ausrede. Ich will nicht mit dir ausgehen, weder heute noch an irgendeinem anderen Tag. Letzten Samstag hatte ich heftig einen in der Krone. Wäre ich nüchtern gewesen, wäre ich nicht mal bis auf zehn Meter in deine Nähe gekommen, klar?«
Zu meiner Überraschung grinst Larry weiter vor sich hin. »Aber ich dachte, zwischen uns wäre was gelaufen?« Er schürzt amüsiert die Lippen, so als wolle er ein unartiges, aber dennoch geliebtes Kind tadeln. »Wir hatten doch was miteinander, oder?«
»Yeah, Sex«, sage ich geradeheraus. »Aber Sex allein macht noch keine Beziehung aus.«
Ach du meine Güte! Jetzt zitiere ich schon Max. Ich werde zu einem Mann. Nein, schlimmer noch, ich werde zu einem Schwein! Ich sollte beschämt den Kopf hängen lassen, aber da überfällt mich dieses befremdliche Gefühl, ein Gefühl von – na, fast würde ich sagen Macht. Wären wir in einem Film, dann wären in diesem Moment grelle Blitze und verrücktes Lachen angebracht, während die Alex, die ich kenne, sich von dem sanften Dr. Jekyll in den schrecklichen Hyde verwandelt, in den Zerstörer der menschlichen Herzen.
Larry aber lächelt immer noch. Das ist ganz schön irritierend.
»Tja, eigentlich nein. Hatten wir nicht.« Er grinst breit.
»Was?«
»Wir hatten keinen Sex.«
»Aber...«
»Du bist umgekippt.«
»Echt?«
»Mehr Spaß, als dir die Klamotten auszuziehen und dich ins Bett zu bringen, war mir nicht vergönnt. Die Dessous aus roter Seide haben mir übrigens sehr gut gefallen.« Er sieht mich lauernd an. »Ach, das und deine Reaktion, als du dachtest, wir beide hätten... ähm... du weißt schon, ordentlich rumgebumst.« Er grinst anzüglich. »Keine Sorge, Alex. Das haben wir nicht. Aber ich kann warten.«
Er schlendert davon, die Hände in den Hosentaschen vergraben, und gesellt sich zu einer Gruppe Anzugträger in einer anderen Ecke des Raumes.
Er hat mich verarscht. Das Gefühl der Macht sinkt in sich zusammen wie ein Luftballon, in den man reinpiekst. Was bleibt, ist ein Aufstöhnen, ein Gefühl der Erniedrigung. Er hat mich drangekriegt, ich bin ein Trottel, und er weiß es. Das ist nicht nett.
Ich dachte immer, dieser Kerl ist ein Blödmann. Da lag ich aber völlig schief. Er ist kein Blödmann, er ist ein Arschloch der übelsten Sorte. Ein klebriger Wurm am Arsch der Menschheit! Du meine Güte, Männer sind solche beschissenen Schweine!
Ich sehe, wie er bei einer Gruppe kichernder Kumpel in der Ecke steht. Man braucht nicht viel Vorstellungskraft, um sich auszumalen, worüber sie gerade reden, insbesondere, weil das gedämpfte Wispern und die Lachsalven zu gegebener Zeit immer wieder von versteckten, verächtlichen Blicken in meine Richtung begleitet werden. Und da behaupten Männer, Frauen seien Lästermäuler!
Konnte der Tag noch schlimmer werden?
Ich rufe Emma an.
»Wir müssen uns zum Mittagessen treffen«, keuche ich verzweifelt.
Wir treffen uns in einer Weinstube, die so etwa auf halbem
Wege zwischen unseren Arbeitsplätzen liegt, weshalb wir regelmäßig zum Essen dorthin gehen. Eine dieser Kneipen, bei denen alles aus Holz ist, mit vielen Grünpflanzen, leisem Acid Jazz im Hintergrund und großen, schwarzen Tafeln anstelle von Speisekarten.
Ich komme ein paar Minuten vor ihr dort an und schaffe es tatsächlich, ein großes Glas Frascati fast ganz runterzustürzen, bis sie auftaucht. Als der Alkohol anfängt, mir den Magen zu wärmen und zu Kopf zu steigen, fange ich gerade mal an, mich ein bißchen zu entspannen. Nachdem ich von Larry in der Kantine bloßgestellt worden war, habe ich versucht, in die Abteilung des Gebäudes zurückzukommen, in der Sunday Best untergebracht ist. Dummerweise hat Larry beschlossen, mir zu folgen, und der ganze Vormittag war von dem Zeitpunkt an eine einzige Aneinanderreihung von Bemerkungen und Anspielungen. Und das Schlimmste daran ist, daß Larry trotz allem noch ein Auge auf mich geworfen hat.
Das ist doch unglaublich, oder? Er blamiert mich in Gegenwart aller
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