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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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und blaue Augen. Ihre Lippen öffneten sich vor Schmerz, als Shamus sie an den Haaren festhielt. »Siehst du«, sagte er, als bestätige ihr Schweigen seine Behauptung. »Teilnahmslos. Voll bis oben.«
    Er ließ den Kopf los. Sie beugte sich wieder nach vorn, zum Spiegel. »Typischer Fall von Dornröschenproblem.«
    Ein Glas mit etwas Weißem, ein Cocktail vermutlich, vielleicht ein Advocaat, ein von Old Hugo in einem bestimmten Stadium seiner Entwicklung sehr geschätztes Getränk, stand vor ihr auf der Theke. Shamus trank es aus.
    »Frauen«, dozierte er im Tonfall eines Dubliner Professors, »Frauen, deren natürliche Neigungen durch starke Toxine abgetötet wurden. Macht nichts, wir werden dennoch siegen. Welche Mutter auf der Welt würde nicht den Kuß des eigenen geliebten Sohnes erkennen? Würde nicht die Augen öffnen und ausrufen …« Für die weibliche Darstellung bediente er sich beachtlicher Lautstärke:
    »Mein Rex! Mein kleiner Scheißer! Meine große Liebe!«
    Er nahm die Hand des Mädchens, bot sie Cassidy dar, und das Mädchen, das versuchte, den Druck abzuschwächen, folgte hinterher.
    »Hier, nimm sie«, forderte er ihn auf. »Willst nicht mit knorrigen Fingern fingern in den weiten Unterröcken, ein wenig herzen den vertrauten Schoß, he, Cassidy?«
    Während er noch immer ihre Hand festhielt, schwang er sie abrupt auf dem Hocker herum. Zwei stumpfe, schwarz geliderte Augen wandten sich ausdruckslos ihnen zu, zuerst Cassidy um Hilfe, dann Shamus um Aufklärung.
    » Tu veux? « fragte sie.
    » Jetzt «, drängte Shamus. »Küß sie! Nenn sie Mutter! Ella , Aldo ist hier ! Rex hat heimgefunden zu Mrs .  Oedipus .«
    Und mit einer jähen Bewegung begrub Shamus seinen Kopf an ihrer nackten Schulter. Schwarz auf Weiß wie ein Werbeplakat.
     
    Einen Augenblick lang schien es, als wollte das Mädchen nachgeben. Nach vorn gebeugt, eine Hand erhoben, um ihn zu berühren, beobachtete sie ihn neugierig, als er ihr Fleisch abweidete. Plötzlich wurde ihr Körper steif. Sie riß sich von ihm los, stieß einen durchdringenden Schmerzensschrei aus, packte sein Haar und schlug ihn mit der anderen Hand – deren Fingernägel, wie Cassidy feststellte, völlig abgebissen waren –, daß seine Lippe platzte.
    »Es hat geklappt!« rief Shamus. »Es haut hin. Sie hat reagiert!« Er trat zurück, legte einen Finger auf die blutende Lippe und blickte stolz auf seine Angreiferin. »Sie ist’s! Sie ist Ella! Sie will dich , nicht mich. Ihren Aldo! Los, Lover. Nur ein kleines Schmätzchen, weiter nichts.«
    Die Lichter gingen aus, drei Taschenlampen leuchteten sie an, und ein Mann sprach höflich auf französisch.
    »Wir sollen den Taschenlampen folgen«, erklärte Cassidy.
     
    Das Taxi wartete am Bordstein. Sie halfen zuerst Shamus hinein, Cassidy folgte. Er gab ihnen hundert Franc.
    »Um Gottes willen!« schrie Shamus. »Warum haben sie uns nicht geschlagen?«
    Ein sehr nettes Lokal, dachte Cassidy, das netteste Lokal, in dem ich jemals war, und wenn ich den Weg wiederfinde, dann gehe ich nochmals hin und entschuldige mich und lade diese Schwestern ins Chalet ein.
    »Das Mädchen hat dich geschlagen«, sagte er tröstend.
    »Menschenskind, was zählt schon eine Frau?«
     
    »Shamus, um Himmels willen, sag mir, was mit dir los ist.«
    »Es gibt ein Lokal namens Lipp«, sagte Shamus. »Dort werden sie mich bestimmt schlagen, es ist ein Schriftstellerparadies. Lipp«, sagte er zu dem Fahrer, und sein Blick wanderte bereits zum Sprechfunkgerät.
    »Shamus, bitte .«
    »Halt die Klappe.«
    »Es hat mit Dale zu tun. Du hast stundenlang mit ihm telefoniert, ich habe die Zettel und alles gesehen.«
    »Wenn ich wollte«, versprach Shamus ihm in seinem allerentspanntesten Tonfall und hielt sich Cassidys Taschentuch vor den Mund, »würde ich dich töten. Und das weißt du, nicht wahr, Lover?«
    »Lipp«, wiederholte Cassidy resigniert dem Fahrer. » Brasserie Lipp .«
    »Ich lasse dich nur aus einem einzigen Grund am Leben: Weil du ein Leser bist. Ich hoffe, das ist dir klar. In deiner Eigenschaft als Prolet bist du das kommerzielle Hinterland meines Genies. Weißt du, was Luther gesagt hat?«
    »Was hat Luther gesagt?« fragte Cassidy müde.
    »Er hat gesagt, wenn ich Christus wäre und die Welt hätte mir angetan, was sie ihm antat, ich würde den ganzen Saftladen in Trümmer hauen!«
    »Aber Shamus«, fragte Cassidy milde, nachdem Shamus sich wieder ein wenig beruhigt hatte, »was hat die Welt dir angetan?«
    Shamus schien

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