Wächter der Dunkelheit
vollkommen integrierten interstellaren Gesellschaft. Ehen zwischen biologisch unvereinbaren Rassen kommen häufig vor. In der oberen Schicht sind sie sogar üblich. Man heiratet nicht aus so trivialen Gründen wie der Fortpflanzung. Man heiratet aus sozialen, geschäftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Gründen.«
»Wie auf der Erde«, stellte Miß Schlupe fest.
»Unsinn. Unterbrechen Sie mich nicht dauernd. Man versucht durchaus, einen Partner zu finden, den man auf intellektueller oder geschäftlicher Basis bewundert. Damit aber das Vergnügen nicht zu kurz kommt, ist jeder Ehepartner berechtigt, einen Gefährten der eigenen Rasse zu sich zu nehmen und für Nachwuchs zu sorgen. Diese Gefährten wiederum können selbst verheiratet sein, und so fort. In dieser Gesellschaft ist ein Haushalt eine komplizierte Angelegenheit.«
»Das klingt skandalös.«
»Ist es aber nicht. Ein Skandal entsteht nur, wenn jemand einen Ehepartner und einen Gefährten aus der gleichen Rasse wählt. Gula Azfel ist eine reizende Gastgeberin, und sie und ihr Gatte haben viele Dinge gemeinsam – nur nicht ihre Kinder.«
»Sie wollen also sagen, daß man von Ihnen erwartet ...«
»... daß ich eine biologisch unmögliche Ehe schließe? Natürlich. Jeder vielversprechende junge Mann braucht eine Gattin, die ihm den Haushalt führt und ihm alle möglichen wichtigen Verbindungen vermittelt. Ich erwäge es allen Ernstes. Wäre nicht eine von Gula Azfels Töchtern eine charmante Hausherrin?«
»Puh!«
»Haben Sie schon die Wassertänzer gesehen? Kommen Sie mit!«
Sie blieben eine Zeitlang im Aqua-Saal und sahen dann in der verdunkelten Arena vorbei, wo zwei leuchtende dno -Pflanzen erbittert einander zu umschlingen und zu töten versuchten. Die Zweige zogen bizarre Muster durch das Dunkel, und die Zuschauer brüllten vor Begeisterung.
»Eine wird die andere letzten Endes entwurzeln und verschlingen«, sagte Darzek. »Wollen Sie sich das ansehen?«
»Nein, danke. Gibt es nicht einen Ausgang ins Freie? Oder eine Terrasse, wo man den Mond bewundern kann?«
Darzek schüttelte den Kopf. »Manchmal frage ich mich, ob diese Leute das Draußen überhaupt noch kennen. Was halten Sie von ihnen?«
»Sie haben Angst.«
»Rhinzl?«
Sie zögerte. »Vielleicht ist Angst nicht der richtige Ausdruck. Aber er ist ganz gewiß unruhig.«
»Stimmt. Ich wollte wissen, ob Sie es auch bemerkt haben. Yorlq ist am Rande der Dunkelheit, und die Einwohner tun, als merkten sie nichts davon. Die Händler bleiben bei ihren Geschäften und halten ihre Parties ab. Wenn ein Produkt nicht länger zu bekommen ist, weil die Dunkelheit seine Ursprungswelt erfaßt hat, dann suchen sie einen Ersatz, ohne sich zu fragen, weshalb der Ersatz nötig ist. Es ist, als hätten sie sich geschworen, die Dunkelheit nicht zu erwähnen. Aber sie wissen, daß sie da ist, und sie haben Angst.«
»Was sollte der Trick mit dem Ölfläschchen?«
»Es ist ein Pflanzenöl, und es kommt von einer Welt namens Quarm. Früher war es hier ein ganz übliches Produkt, ziemlich billig obendrein. Dann wurde Quarm von der Dunkelheit erfaßt.«
»Ah!«
»Es gab genug Ersatz, deshalb wurde niemand von dem Ausfall hart betroffen. Das Merkwürdige an der Sache ist, daß es wirklich ein bekannter Artikel war. Der Eingeborene, der die beiden Kisten fand, wußte, worum es sich handelte. Jeder Händler hätte das Öl erkennen müssen. Aber ich bekam überall negative Antworten. Beim alten E-Wusk könnte es ehrlich sein, denn er handelt hauptsächlich mit Luxusartikeln. Und soviel ich weiß, hat auch unser Freund Rhinzl nie mit Ölen zu tun gehabt. Aber alle anderen kannten das Öl und leugneten es. Das ist interessant. Denn normalerweise sind diese Händler ungewöhnlich ehrlich.«
8.
Als Darzek sich entschloß, Händler zu werden, hatte er nur ein Ziel vor Augen: gleich von Anfang an groß ins Geschäft einzusteigen. Wer an der Spitze stand, erweckte kein Mißtrauen.
Er hatte keine Zeit, sich bescheiden emporzudienen und solide Kenntnisse zu erwerben. Er mußte aus seinen Erfolgen lernen.
Also gründete er die Trans-Star-Handelsgesellschaft.
Miß Schlupe gefiel der Name nicht. »Es ist schlimm genug, daß unsere Handelsgesellschaft nichts zum Handeln hat. Wollen wir uns nicht lieber mit einem Stern begnügen?«
»Sie müssen großzügig denken, Schluppy«, sagte Darzek gutgelaunt. »Es kann nicht schaden, wenn die hiesigen Handelsbosse glauben, wir hätten weitreichende
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