Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc
viktorianischer Federzeichnungs-Erotika, die von fröhlich-vulgär bis zu echt fürchterlich reichten. Es hing sogar ein Lüster aus Glas und Diamanten an der Decke. Und trotz all der Mühe, die er in das Ganze investiert hatte, konnte ich mich des Gedankens nicht erwehren, dass Sebastians Wohnzimmer mehr nach einem Schaukasten als nach einem Raum aussah, in dem wirklich jemand wohnte.
»Sehr hübsch«, sagte Molly. »Sehr ... du. Gehört der Antiquitätenladen unten auch dir?«
»Oh, selbstverständlich! Er leistet hervorragende Dienste als Tarnung, wenn ich etwas Neues hereinbringen will, das ich gerade ... erworben habe. Ich habe diese entzückende junge Dame, die den Laden für mich führt. Bezaubernde wilde Hummel! In Wirklichkeit ist sie bloß ein Golem mit einem kaschierenden Glamourzauber, aber den Kunden scheint nie etwas aufzufallen. Nun denn, Eddie; lass uns übers Geschäft reden!«
»Ja«, sagte ich. »Lass uns.«
Er musterte mich, als ob ich ein Objekt sei, dessen Kauf er in Betracht zöge, vermutlich wider bessere Einsicht. »So, du bist also der neuste Vogelfreie. Niemand Geringeres als der alte Eddie Saubermann. Die ganze Gegend wimmelt von Familie, die nach dir sucht; ich habe mich kaum noch einen Schritt aus meiner Wohnung herausgetraut. Ich war wirklich ziemlich erschüttert, als ich die Neuigkeiten erfuhr. Da gebe ich mir all die Jahre über solche Mühe, meine Anwesenheit vor dir geheim zu halten ... und jetzt bist du offiziell eine Schande, genau wie ich. Weißt du, weshalb ich die Familie verlassen habe, Eddie?«
»Nein«, antwortete ich. »Aber ich bin sicher, du wirst es mir gleich erzählen.«
Molly stieß mir ihren Ellbogen in die Rippen, aber Sebastian bemerkte es nicht. Er hatte eine Geschichte zu erzählen, und nichts außer dem Auftauchen des Tods persönlich hätte ihn davon abhalten können.
»Die Familie schickte mich in die Welt hinaus, um ihr Agent zu sein«, sagte er prahlerisch. »Doch ich entschied, dass ich die Welt viel mehr mochte als die Familie. Nie war in der Familie Raum für persönliche Ambitionen oder Weiterkommen oder den Erwerb schöner Dinge. Also ging ich einfach fort, verschwand hinter den Kulissen und machte mich daran, den Torques für meine eigenen Zwecke zu gebrauchen. Um mein Leben zu bereichern und so viel angenehmer zu gestalten. Und das habe ich! Ich bin ganz außerordentlich erfolgreich in meinem gewählten Beruf geworden, und ich bin einer der am meisten bewunderten professionellen Gentleman-Diebe in London. Es hätte auch die Welt sein können, aber ich reise so furchtbar ungern.
Mit Hilfe meiner Rüstung kann ich in jedes Geschäft einbrechen und mitnehmen, wonach mir gerade der Sinn steht. Und das mache ich auch. Alarmanlagen und Sicherheitssysteme haben keine Bedeutung für mich, wenn ich in meiner Rüstung stecke. Ich komme und ich gehe und ich nehme mir, was ich will, und niemand merkt etwas davon, bis es viel zu spät ist. Scotland Yard - steht wieder einmal vor einem Rätsel! Ich habe die allerbesten Antikmöbel, alles vom Louis-quinze-Stuhl bis hin zum Hepplewhite-Sideboard. Berühmte Gemälde in ihren Originalrahmen! Was immer meine Aufmerksamkeit erregt; nichts ist vor mir sicher.
Weißt du, wie ich das alles aufspüre? Ich mache es mir einfach zur Aufgabe, regelmäßig die besten Auktionen zu besuchen und mir zu notieren, wer was kauft. Es gibt zwar immer welche, die sich hinter anonymen Geboten verstecken, aber die Sicherheit der Auktionshäuser ist ein Witz für unsereins, Eddie. All die schönen Dinge in dieser Wohnung gehörten ursprünglich jemand anderem, der sie nicht behalten konnte - sie vermutlich ohnehin nicht zu schätzen wusste. Nicht annähernd so sehr wie ich. Ich bin sicher, hier bei mir sind die schönen Dinge alle viel zufriedener!«
»Augenblick mal!« Molly pirschte sich an einen Beistelltisch heran und schnappte sich die stilisierte Statuette einer schwarzen Katze. »Die gehört mir, du Dreckskerl! Ich hab mich immer gefragt, was mit ihr passiert ist ... Das hier ist die Manxkatze von Bubastis! Ich bin durch alle möglichen Höllen gegangen, um sie in die Finger zu kriegen, und dann ist sie vor vier Jahren einfach aus meiner alten Wohnung verschwunden!«
»Tatsächlich?«, meinte Sebastian ungezwungen. »Ich erinnere mich ehrlich nicht mehr daran, wo ich dieses spezielle Stück erworben habe.«
»Es gehört mir!«, wiederholte Molly bedrohlich.
»Es gehört dir nur, wenn du es behalten kannst, Molly-Liebes.
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