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Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Titel: Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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Herrin ihm zu sagen hatte. »Welches Instrument habe ich also erhalten?«
    »Das heilige Kreuz natürlich.«
    »Ihr lügt, das Kreuz ist keine mächtige Waffe«, knurrte er. Allmählich war seine Geduld am Ende. »Ich habe es getragen, als ich neulich mit Drusus kämpfte, und es hat mich nicht geschützt.«
    »Nun komm, MacGregor, du musst doch wissen, dass das Kreuz nichts anderes als ein materielles Symbol für Gottes nie endende Liebe zu den Menschen ist. Es ist ein Instrument, das deine Aufmerksamkeit bündelt. Die wahre Kraft liegt in deinem Glauben, in Gott und in dir selbst.«
    »Wollt Ihr damit sagen, dass jeder Seelenwächter einen Verlockungsdämon bezwingen kann? Dann fällt es mir allerdings schwer, zu akzeptieren, dass nie auch nur einer gesiegt hat.«
    Die Herrin des Todes lachte. »Ah, daher weht der Wind. Nun gut, seit dem ersten Tag, an dem Gott mich geschaffen hat, überschritt noch nie ein Wächter meine Schwelle, dessen Glaube unversehrt war. Alle miteinander hatten sie einen spirituellen Knacks.«
    »Wenn ich also –«
    »Halt ein!« Sie hob abwehrend eine Hand. »Ich habe dir alles gesagt, was du wissen musst. Ich soll heute noch viele Menschen heimsuchen. Der Rest liegt bei dir.«
    »Bei Gott, Ihr seid eine verfluchte, nutzlose Närrin.« Doch Lachlans trotzige Pfeile trafen nicht mehr. Denn die Herrin des Todes war bereits in einem funkelnden Blitz aus kaltem weißem Licht verschwunden.

[home]
13
    L achlan spürte Brian an der Santana Row in einer kleinen Nobelboutique auf, in der dieser gerade ein Paar handgenähte Slipper anprobierte. »Darin kannst du schwerlich rennen«, kommentierte Lachlan den Anblick, der sich ihm bot.
    »Stimmt«, pflichtete ihm Brian bei, richtete sich auf und reichte der hübschen Verkäuferin seine American-Express-Karte. »Aber wenn sie mich erwischen, werde ich die bestaussehende Leiche in der Stadt sein.«
    »Hast du keine Seele zu holen?«, fragte Lachlan, während Brian den Schuhkarton entgegennahm und durch die mahagonigerahmte Tür auf die Straße trat.
    »Doch. Keine Sorge, ich vernachlässige meine Arbeit nicht. Siehst du den armen Kerl, der an dem Ecktisch drüben im Café sitzt, an einem Kaffee nippt und mit seinen Freunden redet? Er wird gleich von einem 1977er Mercury Marquis überrollt werden. An der Ampel dort wird der alte Mann am Steuer bei Rot versuchen, in die Eisen zu steigen, aber leider das Gaspedal erwischen.«
    Lachlan beobachtete den Mann in dem Café, der sich unter einem Sonnenschirm dem süßen Nichtstun hingab: Er war mittleren Alters, in guter körperlicher Verfassung und wahrscheinlich Familienvater. »Ein unangenehmes Ende.«
    »Du sagst es.«
    Etwa zwanzig Sekunden später schoss ein giftgrüner Straßenkreuzer über den Bordstein, mähte den metallenen Zierzaun nieder und rammte den Tisch, genau wie es Brian vorausgesagt hatte. Metall kreischte, Menschen liefen schreiend davon, Kaffee spritzte überall umher, und über den diffusen Geruch der Auspuffgase legte sich der widerliche Gestank von Blut und Angst.
    Der jüngere Seelenwächter drückte Lachlan den Karton in die Hand, verschwand in der Menge aus entsetzten Zuschauern und versuchte, seine Zielperson zu erreichen. Doch jemand, der sich als Polizist außer Dienst herausstellte, griff ein und hielt die Leute zurück, während ein anderer Mann mit der Reanimation begann. Das Unfallopfer, das mit dem Hinterkopf auf dem Gehsteig aufgeschlagen war, war jedoch bereits hirntot. Brian kehrte erst nach zehn Minuten mit ärgerlichem Gesicht zurück.
    »Der arme Kerl. Sie wollten mich nicht an ihn heranlassen. Seine Seele musste viel länger in diesem zerquetschten Körper bleiben, als vorgesehen war. Außerdem musste sie den mentalen Schock aushalten. Und so etwas ist nicht gerade angenehm.«
    »Aber jetzt wird er bald seinen Frieden haben, oder nicht?«
    »Na ja, das hängt davon ab, wie du Frieden definierst. Er wird uns im Fegefeuer Gesellschaft leisten. Sein Leben war nicht ganz so unbefleckt, wie es hätte sein sollen.«
    »Das ist der Preis, den wir für unsere Verfehlungen zahlen.«
    »Ja, aber ich fühle mich trotzdem schlecht. Er hat zwei kleine Kinder, und ein weiteres ist unterwegs. Dieser Mann hinterlässt viele traurige Menschen, Menschen, die ihn eigentlich brauchen.«
    Lachlan erwiderte nichts. Jede Antwort hätte entweder den Tod des Mannes herabgewürdigt oder sie beide in den verdrießlichen Sumpf des Mitleids gezogen. Lachlan gab Brian die neuen Schuhe zurück.

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