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Wächter der Venus

Wächter der Venus

Titel: Wächter der Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Ewers
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Zimmer. Ein zweiter Posten nahm mich in Empfang. Sein Schlag trieb mich zum ersten zurück.
    Nach einer Weile fühlte ich nichts mehr.
    »Aufhören!« befahl jemand.
    Man stellte mich auf die Füße und schlug mir einen nassen Lappen um die Ohren. Allmählich nahm ich wieder Einzelheiten wahr.
    Der Rauminspekteur beugte sich vor und sagte jovial:
    »Es tut mir leid, mein Junge. Aber wenn du renitent wirst, kann ich dir nicht helfen. Ich möchte gern im Guten mit dir auskommen, fordere jedoch etwas Entgegenkommen von dir. Oder ist das zuviel verlangt?«
    Ich stand dicht vor seinem Schreibtisch, dort, wo die beiden Schläger mich hingestellt hatten.
    Es war der ideale Platz, um ihm ins Gesicht zu speien – und ich tat es.
    Diesmal bearbeiteten mich die Schläger so lange, bis ich das Bewußtsein verlor.
    Die elektrischen Schläge rüttelten meinen Körper, als läge er im Schüttelfrost.
    Benommen und taub versuchte ich vor der Stromquelle davonzukriechen. Aber wie ich mich auch wand und drehte, überall stieß ich auf elektrisch geladene Wände.
    Sobald ich begriff, daß ich in meiner Zelle hockte, richtete ich mich auf. Ich mußte die Zähne zusammenbeißen, denn es gab keine Stelle an meinem Körper, die nicht wehtat. Und als ich endlich stand, benötigte ich meine ganze Kraft, um nicht wieder umzufallen.
    Plötzlich flackerte das Licht in einer der Wände.
    Zuerst glaubte ich an eine Halluzination, doch dann entdeckte ich das Loch dicht über dem Boden. Ich wußte genau, daß es vorher nicht dagewesen war – jedenfalls nicht vor meinem Verhör.
    Unwillkürlich wich ich zurück, als etwas Wurmartiges sich aus dem faustgroßen Loch reckte.
    Ein elektrischer Schlag trieb mich wieder vorwärts.
    Zitternd stand ich mitten in der Zelle und sah zu, wie ein gräßlicher Wurm oder eine Schlange aus dem Loch gekrochen kam.
    Als ich meinen Namen rufen hörte, schlug ich die Hände vors Gesicht. Das war zuviel für mich.
    Aber die Stimme gab nicht nach.
    »Berry!« flüsterte sie. »Hallo, Berry! Bist du es?«
    »Nein, nein, nein!« schrie ich voller Verzweiflung.
    »Aber ich fühle, daß du es bist. Berry, hier ist Daniel!«
    Langsam, wie in Zeitlupe, sanken meine Hände herab. Ich starrte die Schlange zu meinen Füßen fassungslos an.
    »Daniel …?«
    Jäh begriff ich.
    »Du bist geflohen! Ja, ich bin Berry!«
    Die Schlange ringelte sich um meine Knöchel.
    »Ich bin nicht geflohen, Berry. Ich bin gekommen, weil ich erfuhr, daß du dich in Not befindest. Kann ich dir irgendwie helfen?«
    Ich hatte tausend Fragen auf der Zunge, aber ich unterdrückte sie alle. Es war nicht die Zeit, sekundäre Probleme zu klären.
    »Ob du mir helfen kannst …?« murmelte ich nachdenklich.
    Die Tatsache, daß ein bloßes biosynthetisches Gebilde, das ich als Träger meines Geistes benutzt hatte, mir seine Hilfe anbot, erschien mir in diesem Augenblick nicht ungeheuerlich. Daniel hatte mir bereits geholfen, aus der venusischen Stadt zu fliehen, und ich akzeptierte sein eigenes Bewußtsein, obwohl ich nicht verstand, wie er es hatte erwerben können.
    »Da du offenbar die Möglichkeit besitzt, fremde Dinge molekular zu verformen, könntest du mich natürlich aus meiner Zelle befreien«, überlegte ich laut. »Aber draußen würden wir nicht weit kommen. Das Schiff ist zu klein, als daß wir uns länger als einige Minuten vor den Wächtern und Raumsoldaten verbergen könnten – und außerhalb der Schiffswände lauert das Vakuum des Weltraums …«
    Daniel war jetzt in ganzer Länge aus dem Loch gekrochen, das er sich mit seiner Verformerfähigkeit geschaffen hatte. Er richtete sich auf und verwandelte sich dabei langsam in mein Ebenbild.
    Zu zweit hatten wir fast keinen Platz mehr in der Zelle. Wir mußten uns aneinander klammern, damit wir nicht die elektrisch geladenen Wände berührten.
    »Ich verstehe nicht«, sagte Daniel, »warum du immer von Flucht sprichst. Wie willst du etwas erreichen, wenn du fliehst?«
    »Die anderen sind mächtiger als wir beide.«
    »Aber wir beide sind doch nicht allein. Ich hörte, daß außer den Wissenschaftlern die halbe Besatzung der SKANDERBEG hier gefangengehalten wird. Befreien wir sie und erobern das Schiff. Dann haben wir die Macht!«
    Ich lachte bitter.
    Der Venusier hatte gut reden.
    Aber andererseits – was gab es für uns noch zu verlieren?
    »Gut, versuchen wir es!« sagte ich entschlossen.
    »Du bist nicht überzeugt davon, daß wir siegen, nicht wahr?« fragte Daniel.
    »Was weißt du schon

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