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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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meine Herren», sagte Sandro. «Wir müssen uns gegenseitig vertrauen. Aus diesem Grund sind wir hier.»
    Alle waren etwas nervös. Es kursierten Gerüchte über eine neue Geheimdienstabteilung, die speziell gebildet worden war, um den Wahlkampf von Nergadse zu untersuchen. Da es für die Gäste der Familie peinlich sein könnte zu erklären, was sie an diesem Wochenende hier zu tun hatten, waren die Sicherheitsvorkehrungen strenger geworden. Man hatte alle Zimmer auf Wanzen durchsucht, die Maßnahmen gegen Luftüberwachung verstärkt und mehr Wachpersonal engagiert. Aber solche Sicherheitsvorkehrungen waren immer ein zweischneidiges Schwert: Sie machten die Menschen noch nervöser.
    Sandro wandte sich wieder an den General. «Können wir bitte davon ausgehen, dass der erste Teil unseres Plans funktionieren wird? Ansonsten ist es wirklich sinnlos, weiter darüber zu diskutieren. Also, noch einmal: Es ist Wahltag. Die Medien verkünden anhand der letzten Umfragen Ilja Nergadses Sieg nach einer Aufholjagd. Doch die Regierung erklärt ihrerseits den Sieg. Wir überschwemmen die Rundfunkanstalten mit Geschichten über Regierungslakaien, die in mysteriösen Lieferwagen Wahlurnen wegschaffen. Unsere Quellen in den Ministerien lassen Bestätigungen durchsickern. Unsere Freunde in aller Welt verurteilen den Präsidenten öffentlich als korrupt. Der Oberste Gerichtshof, die Kirche und die Polizei …» Er beugte sich vor, um die jeweiligen Repräsentanten in die Pflicht zu nehmen. «… Sie werden sich zu unseren Gunsten aussprechen oder sich zumindest still verhalten. Und deshalb wird sich die Aufmerksamkeit auf die in solchen Situationen alles entscheidende Macht richten: die Armee. Letzten Monat haben Sie uns versichert, dass Sie Ihre Leute auf unsere Seite ziehen können, jedenfalls genügend Leute, um etwas zu bewirken. Was ist passiert, dass Sie nun anderer Meinung sind?»
    Die Stirn des Generals hatte leicht zu glänzen begonnen. Als er sein Versprechen gegeben hatte, waren Ilja Nergadses Chancen noch aussichtslos gewesen. «Wie ich bereits sagte», knurrte er. «Selbst wenn alles so läuft, wie Sie wollen, selbst wenn es so aussieht, als würde der Präsident den Sieg stehlen , wird nicht die gesamte Armee die Seiten wechseln. Bestenfalls bilden sich Fraktionen. Ich kann Ihnen bestimmt helfen, die Fraktionen für sich zu gewinnen.»
    «Das will ich hoffen», brummte Sandro, lehnte sich zurück und schaute hoch zu den Familienporträts, die in großer Zahl die Wände des Saals schmückten und vom Reich Iraklis   II. bis in die Gegenwart reichten. Alle Porträtierten hatten die typischen Züge der Nergadses, alle wirkten nobel, tapfer und mächtig, alle waren von dem einen oder anderen Großmeister der georgischen Kunst signiert. Und alle Bilder waren Fälschungen, die er während der letzten Jahre in Auftrag gegeben hatte, um seiner Familie die nötige Patina von Herkunft und Ansehen zu verleihen. Die ganze Welt war eine Täuschung, doch nur wenige Menschen waren sich dessen bewusst.
    «Das reicht aber nicht», fuhr der General fort. «Sie müssen verstehen, wie die Armee funktioniert. Wenn die übliche Befehlskette zusammenbricht, was in dieser Situation geschehen wird, ist man von anderen Faktoren abhängig. Insbesondere vom Willen der einfachen Soldaten. Sie werden nicht länger Befehlen gehorchen , sondern vielmehr auswählen , welchen Befehlen sie gehorchen. Und die einfachen Soldaten werden nicht den Offizieren mit den meisten Sternen und Streifen folgen, sondern denjenigen, die sie bewundern und denen sie vertrauen. Das sind die Menschen, die wir auf unserer Seite haben müssen, und es überrascht Sie vielleicht, zu erfahren, dass Sie bei diesen Männern mit Bestechung nicht weit kommen werden. Es überrascht Sie vielleicht, dass solche Männer, Soldaten, zu denen andere Soldaten am meisten aufschauen, Werte wie Ehre und Mut und Patriotismus schätzen.»
    «Ersparen Sie uns den Sermon», sagte Ilja. «Kommen Sie zum Punkt.»
    «Na schön», sagte der General, ohne Iljas Blick auszuweichen. «Der Punkt ist folgender: Sie werden es nicht tun. Jedenfalls nicht für Sie. Sie sind nicht beliebt genug.»
    «Warum nicht?», fragte Ilja.
    «Die Soldaten halten Sie für korrupt. Und sie werden keinen Bürgerkrieg riskieren, nur um einen korrupten Politiker durch einen anderen zu ersetzen.»
    Eine erschrockene Stille entstand. Niemand sprach auf diese Weise mit oder über Ilja Nergadse. «Wie können Sie es wagen?»,

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