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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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Mythos regionaler Traditionen, phantastischer Geschichten und …»
    Michails Gesicht verfinsterte sich. Er stand auf, ging um das Sofa herum und baute sich vor Edouard auf. «Ich sage Ihnen, dass das Goldene Vlies existiert. Wollen Sie mich etwa einen Lügner nennen?»
    «Nein», sagte Edouard und senkte den Blick. «Natürlich nicht. Ich meinte nur, dass …»
    «Sie meinten nur?», spottete Michail. Er legte Edouard die Spitze seines Zeigefingers auf den Nasenrücken und schob ihn dann bedächtig zurück. Edouard versuchte, standfest zu bleiben, aber Michail hatte etwas Unerbittliches an sich. Edouard kippte nach hinten, verlor das Gleichgewicht und fiel rücklings zu Boden, wobei er seinen Wodka verschüttete. «Ihr Intellektuellen!», meinte Michail und schaute auf ihn herunter. «Ihr seid doch alle gleich. So überheblich. Aber ich sage Ihnen etwas: Heute Morgen habe ich mit einem Mann gesprochen, und zwar mit einem Geschichtsprofessor. Solche Titel sind Ihnen doch wichtig. Er hat das Vlies mit eigenen Augen gesehen. Er ist letzte Woche nach Kreta gereist, nur um es sich anzuschauen und um sich zu vergewissern, ob es echt ist. Er hat es berührt, er hat es in der Hand gehabt, und er hat das Gewebe geprüft. Es ist echt. Er schwor bei seinem Leben, dass es echt ist.»
    «Das hat er Ihnen erzählt?»
    «Und er hatte keinen Grund zu lügen, das versichere ich Ihnen.» Michail starrte triumphierend auf ihn herab. «Das Vlies kommt nach Athen», sagte er. «Es kommt her, weil ich in Athen bin und weil es meine Bestimmung ist, es nach Georgien heimzuholen. Manche Dinge sind vorherbestimmt. Und dies ist vorherbestimmt. Verstehen Sie?»
    «Ja», krächzte Edouard.
    «Morgen früh werden wir es sehen. Morgen früh werden wir es kaufen . Und dann bringen wir es heim. Noch irgendwelche Fragen?»
    «Nein.»
    «Gut», sagte Michail. Er wandte sich ab und ließ Edouard kraftlos und gedemütigt am Boden liegen.
    «Und wie sieht Ihr Plan aus, Chef?», fragte Boris und schenkte noch eine Runde Wodka nach.
    «Der Mann, der das Vlies hat, will morgen Nachmittag bei einem Vortrag sein Geheimnis lüften. Deshalb werden wir ihn gleich morgen früh besuchen und ihn davon überzeugen, es uns zu verkaufen.»
    «Er erwartet uns also?»
    «Das eigentlich nicht. Aber ich weiß, wo er wohnt.»
    «Und wenn er nicht verkaufen will?»
    Michail lachte. «Sobald ich mit ihm fertig bin, wird er verkaufen wollen, glaub mir. Er wird uns anflehen, das Vlies zu kaufen.»
    «Wieso zahlen wir dann überhaupt?», brummte Zaal. «Warum nehmen wir es uns nicht einfach?»
    «Weil es nicht nur um das Vlies geht», erklärte Michail. «Es geht um die Wahl. Es geht darum, dass mein Großvater das Vlies für das georgische Volk kauft, egal wie viel es kostet, weil er ein großer Patriot ist.»
    Edouards Herzschlag hatte sich beruhigt. Er rappelte sich auf, füllte sein Glas mit Wodka und kippte ihn hinunter, um sich etwas Mut anzutrinken. «Dieser Professor, von dem Sie gesprochen haben», sagte er. «Der nach Kreta gefahren ist, um das Vlies zu sehen. Wenn ich für Sie die Echtheit bestätigen soll, muss ich selbst mit ihm sprechen.»
    «Tatsächlich?», meinte Michail. «Wie denn?»
    «Geben Sie mir seine Adresse. Ich werde ihn aufsuchen.»
    «Und was hätten Sie davon?», fragte Michail. «Außerdem müssten Sie schon Kontakt zum Jenseits aufnehmen.»
    «O Gott!», murmelte Edouard.
    Michail lachte. «Keine Sorge. Ich weiß, was ich tue.» Er wandte sich an Boris wie ein Arzt, der mit einem Kollegen einen faszinierenden Fall bespricht. «Ich habe ihn sogar dazu gebracht, seinen Abschiedsbrief zu schreiben. Erstaunlich, was Menschen alles tun.»
    «Und wer ist dann der Typ mit dem Vlies?», fragte Zaal. «Der, den wir morgen treffen, meine ich.»
    «Er heißt Roland Petitier», sagte Michail. Er warf Edouard wieder einen verächtlichen Blick zu. «Auch ein Professor.»
    Auf dem Plasmafernseher liefen stumm die Nachrichten, und gerade war zu sehen, wie eine in ein weißes Laken gehüllte Gestalt auf einer Trage in einen Krankenwagen gebracht wurde, während darüber die Schlagzeilen über den Bildschirm liefen. Mit einer verwegenen, fast kindischen Schadenfreude machte Edouard Michail darauf aufmerksam. «Meinen Sie vielleicht den da?», fragte er.

III
    Als Knox von der Intensivstation wieder zum Eingang des Krankenhauses kam, blitzten die Scheinwerfer auf, als herrschte ein Gewitter. Gaille saß auf einer Holzbank und unterhielt sich angeregt mit

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