Wächter des Mahlstroms
mich mal dringend mit unseren Oberen in Verbindung.«
So kam es, daß Vestas Croupier verkündete, der Spielbetrieb werde bis zum nächsten Tag eingestellt. Die Gäste wurden aufgefordert, das Gebäude auf dem kürzesten Wege zu verlassen.
Es dauerte einige Zeit, bis Vesta die Bedeutung dieser Ankündigung begriff. Sie war wie vom Donner gerührt.
»Mann o Mann!« rief sie dann und stieß einen katzenhaften Laut aus. »Ich habe gewonnen!« Sie beruhigte sich etwas, sah sich um und eilte auf das nächste bekannte Gesicht zu, das dem stellvertretenden Geschäftsführer gehörte. »Oh, Señor Althagar – soll ich wirklich aufhören, solange ich noch am Gewinnen bin? Ich habe so etwas noch nie erlebt! Ja, ich werde mit dem Spielen aufhören – so etwas Aufregendes kann ich doch nie wieder erleben!«
»Da haben Sie recht, Miss Vesta – so etwas werden Sie nicht noch einmal erleben.« Althagar lächelte, als habe er eben drei Zitronen ohne Zucker gegessen. »Eigentlich möchten wir nicht, daß Sie aufhören, doch wir können keine Gewinne mehr auszahlen. Befolgen Sie meinen Rat – hören Sie auf.«
»Gut.« Vesta glättete den dicken Stapel Banknoten in ihrer rechten Hand, wobei sie bemerkte, daß es sich um Zehntausender handelte. Sie wühlte in ihrer prallen Tasche herum, wobei sie erst ganz unten auf kleinere Scheine stieß. Mit einem Laut der Überraschung stopfte sie die Scheine oben auf die anderen und hatte nun einige Mühe, die Tasche zu schließen. »Jetzt muß ich aber los – ich muß meinem Chef erzählen, was hier passiert ist.«
»Sollen wir Sie durch einen Bewaffneten zum Hotel begleiten lassen?«
»Das ist nicht nötig – vielen Dank. Ich fliege mit dem Helikopter direkt zum Schiff.«
Und das tat sie.
Erst als die Gäste gegangen waren, dachten Thlasoval und Althagar wieder an die beiden Schachspieler. Einer gab dem anderen ein Zeichen, und sie betraten zusammen das Hinterzimmer. Auf den ersten Blick schienen sich die Spieler nicht bewegt zu haben. Auch auf dem Spielbrett hatte es kaum Veränderungen gegeben; zumindest hatte das von Thlasoval erhoffte Aufräumen noch nicht begonnen.
Althagar hüstelte diskret, dann ein wenig lauter. »Bitte, Sir und Madam ...«, begann er.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, daß die beiden ihre Umwelt vergessen würden«, sagte Thlasoval, beugte sich vor und hob eine Kante des Spiels an. Er bewegte sich ganz vorsichtig, damit keine Figur verschoben wurde – doch der kleine Eingriff löste eine unverhältnismäßig heftige Reaktion aus. Beide Spieler zuckten zusammen, als sei eine Bombe hochgegangen, und Joan stieß einen erstickten Schrei aus. Mit sichtlicher Anstrengung konzentrierten sie sich wieder auf ihre Umwelt. Cloud reckte sich ausgiebig, während Joan ein Gähnen zu unterdrücken versuchte.
»Entschuldigen Sie bitte, Großmeister Janowick und Commander Cloud – aber der Klub wird wegen Reparaturarbeiten geschlossen, und wir müssen Sie bitten, das Gebäude zu verlassen.«
»Geschlossen?« fragte Joan verständnislos.
»Wegen Reparaturarbeiten?« fragte Cloud nicht minder intelligent.
»Geschlossen wegen Reparaturarbeiten«, wiederholte Thlasoval fest. Als er sah, daß seine Gäste wieder langsam zu sich kamen, reichte er Joan den Arm und ging zur Tür.
»Ach, Großmeister Janowick«, sagte er unterwegs. »Dürfte ich fragen, warum Sie vorhin die Königin des Commanders nicht geschlagen haben?«
»Dadurch hätte er einen solchen Stellungsvorteil errungen, daß er mich in zwölf Zügen mattgesetzt hätte.«
»Ich verstehe ... vielen Dank.« In Wirklichkeit verstand er überhaupt nichts, doch er mußte ja irgend etwas sagen. »Ich würde nur gern wissen ... gäbe es eine Möglichkeit zu erfahren, wie das Spiel ausgeht?«
»Aber ja.« Joan überlegte einen Augenblick lang. »Bitte geben Sie mir doch eine Visitenkarte – dann schicke ich Ihnen eine Bandaufzeichnung davon, wenn wir fertig sind.« 3
Die beiden bestiegen einen Helikopter. Joan machte einen niedergeschlagenen Eindruck. Cloud tätschelte ihr die Hand.
»Nehmen Sie's nicht so schwer, Joan«, dachte er. Inzwischen bereitete es ihm keine Mühe mehr, sich auf gedanklichem Wege mit ihr in Verbindung zu setzen; tatsächlich empfand er die Telepathie inzwischen als einfacher, leichter und natürlicher als das bisher gewohnte Sprechen. »Wir mußten es tun.«
»Da haben Sie wahrscheinlich recht; trotzdem war es ein heimtückischer Trick, Sturm. Ich schäme mich. Ich komme mir so schmutzig
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