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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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Reibung auf ein Minimum zu reduzieren: es sollte in der Umlaufbahn eingemottet werden, bis irgendwann vielleicht wieder ein großzügigeres Budget zur Verfügung stand. Die Systeme wurden heruntergefahren. Die Klappe über der Vorderschale ging zu: Das Fernrohr schloss sein einziges Auge.
    Jahrzehnte vergingen.

    Das Teleskop überlebte glücklicherweise den Sonnensturm. Und nach dem Sturm brach ein neues - gefährliches - Zeitalter an, und es wurde jedes Auge am Himmel gebraucht.
    Fünf Jahre nach dem Sonnensturm stieg schließlich wieder ein Raumfahrzeug von der Erde hinauf, um das Fernrohr zu besuchen. Es war aber kein Shuttle mehr, sondern ein technischer Nachkomme. Das Raumflugzeug hatte einen Greifarm und brachte antiquierte Ersatzteilsätze mit. Astronauten ersetzten die beschädigten Komponenten, fuhren die Systeme des Teleskops wieder hoch und kehrten zur Erde zurück.
    Das Fernrohr öffnete wieder das Auge.
    Es vergingen weitere Jahre. Und dann sah das Fernrohr etwas.
    Vielen erschien es nur angemessen, dass das älteste Weltraumteleskop der Erde als Erstes der auf dem oder um den Heimatplaneten stationierten Anlagen die sich nähernde Q-Bombe ausmachte.
     
    In ihrem Büro in Mount Weather schaute Bella Fingal auf die Hubble-Bilder von einer tropfenförmigen Verzerrung, die zwischen den Sternen dahinzog. In weniger als einem Jahr würde die Bombe die Erde erreichen. Vor schierem Entsetzen verkrampfte sich ihr der Magen.
    Sie rief Paxton. »Kommen Sie her, Bob. Wir können nicht einfach hier rumsitzen und auf dieses verdammte Ding warten. Ich will neue Optionen.«

{37}
DAS NEUE NEW ORLEANS
    Am letzten Tag der Reise navigierte die Barb durch ein kompliziertes Deltasystem. Sogar Abdikadir kam an Deck, um Ausschau zu halten. Das war die Mündung des Mississippi; weil der Meeresspiegel in dieser Welt einer beginnenden Eiszeit aber so viel niedriger war, schob das Delta sich weit in den Golf hinaus vor. Es gab sicher kein New Orleans in dieser Version der Welt. Und mitten in dichten Schilfbänken glitten Alligatoren von der Größe kleiner Lastwagen ins Wasser.
    Die Barb wurde vorsichtig in einen kleinen Hafen gerudert. Bisesa erhaschte einen Blick auf Werften und Lagerhäuser; auf einer Mole stand ein Holzkran. Hinter den Hafengebäuden drängte sich eine kleine Ansiedlung aus Holzhütten.
    »Herzlich willkommen im Neuen New Orleans«, sagte Emeline trocken. »Es macht zwar nicht viel her. Aber wir tun, was wir können.«
    Abdikadir murmelte etwas in gutturalem Griechisch, das sich wie ein Gebet anhörte. »Bisesa. Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, welche Maschinen diese Amerikaner zum Vertiefen ihrer Häfen verwenden. Schauen Sie dort.«
    Durch den Nebel, der vom offenen Wasser aufstieg, fiel Bisesas Blick auf etwas, das wie langsam dahintrottende Elefanten aussah. Sie waren mit dicken Tauen zu Vierergespannen angeschirrt und schleppten eine riesige Maschine. Aber die Tiere hatten sonderbare Profile mit kleinen Aufwölbungen auf den Schädeln und Höckern. Die Männer, die sie mit Stachelstöcken und Peitschen antrieben, erschienen wie Zwerge neben
ihren Tieren, die riesig wirkten - auf jeden Fall größer als afrikanische Elefanten.
    Dann hob eins der Tiere den Kopf und trompetete in einem dünnen, getragenen Ton, und Bisesa sah extrem lange, geschwungene Stoßzähne.
    »Das sind keine Elefanten, nicht wahr?«
    »Herzlich willkommen in Amerika«, sagte Emeline trocken. »Wir nennen sie Jeffersons Mammuts. Andere Bezeichnungen lauten ›kaiserlich‹ und ›kolumbianisch‹, aber in Chicago sind wir Patrioten, und der Name ist Jefferson.«
    Abdikadirs Neugier war geweckt. »Sind sie leicht zu zähmen?«
    »Nicht, wenn man den Geschichten in den Zeitungen glauben will«, sagte Emeline. »Wir haben ein paar Elefantentrainer aus Indien hergebracht; unsere Männer waren nur ›Hiwis‹, die das nebenbei erledigt hatten. Die Inder beklagten sich, dass die Tausende von Jahren, die sie in die Züchtung einer zahmen Elefantenart investiert hatten, hier mit einem Schlag zunichte gemacht worden wären. Kommen Sie. Wir müssen einen Zug erwischen …«
    Die Passagiere gingen mit ihren paar Gepäckstücken von Bord. Die Hafenarbeiter zeigten - trotz ihrer mazedonischen Tracht - nur wenig Interesse an den Neuankömmlingen.
    Es war Sommer, und sie befanden sich südlich des Breitengrads des alten New Orleans. Aber der Nordwind war kalt.
     
    Es gab hier keine Bahnstation; nur einen Platz, wo eine nachlässig

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