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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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verlegte Trasse mitten in einem Haufen von Schwellen und rostigen, wieder verwendeten Schienen endete. Aber es war eine Reihe von Waggons an ein schnaufendes »Dampfross« angehängt, das einen Tender mit Brennholz zog.
    Emeline verhandelte direkt mit dem Maschinenführer und bezahlte mit Dollarnoten für die Fahrt. Und sie erstand in der kleinen Bar der Stadt sogar einen Laib Brot, Trockenfleisch und eine Kanne Kaffee. Ihre Geldscheine waren neu und knisterten; zweifellos hatte Chicago eine Münze.

    Wo sie sich wieder auf ihrem eigenen Territorium befand, lebte Emeline förmlich auf. Bisesa musste gestehen, dass selbst dieser rustikale Vorposten einen Hauch von Modernität verströmte, den sie in einem alexandrinischen Europa vermisst hatte - das ohnehin langsam in der Vergangenheit versank.
    Im Zug hatten sie einen Waggon für sich allein; die anderen Waggons waren fast vollständig mit Handelsware, Holz, Fellen und einer Fuhre Stockfisch beladen. Die Fenster waren nicht verglast, aber es gab eine Art von Lederrollos, die zumindest als Windabweiser dienten. Außerdem lagen Deckenstapel aus einer groben, muffigen, ockerfarbenen Wolle herum. Emeline versicherte ihr, dass diese Decken sie warm halten würden, bis sie New Chicago erreichten. »Danach werden Sie Winterbekleidung fürs Eis brauchen«, sagte sie. »Wir werden etwas in der Stadt besorgen.«
    Ein paar Stunden nach ihrer Ankunft - es war gegen Mittag - stieß die Lokomotive weißen Rauch aus, und der Zug setzte sich gemächlich in Bewegung. Es ertönte ein Gackern, als Hühner von den Gleisen aufstoben. Ein paar magere Kinder kamen von den primitiven Häusern hergelaufen und winkten, und Abdi und Bisesa winkten zurück. Der Wind drehte sich, und der Rauch vom Schornstein wurde direkt ins Abteil geblasen: Holzrauch, ein vertrauter, beruhigender Geruch.
    Emeline sagte, dass sie dem Tal des Mississippi bis hinauf zur Ansiedlung von New Chicago folgen würden, das in der Nähe der Stadt Memphis der alten Welt errichtet worden war. Es war eine Reise von ein paar hundert Meilen, die wahrscheinlich vierundzwanzig Stunden dauern würde. Sie würden im Zug schlafen.
    Bisesa schaute neugierig aus dem Fenster. Sie sah Verkehr auf dem Fluss - eine kuriose Mischung aus einer alexandrinischen Trireme, die wie ein gestrandeter Schaufelraddampfer aussah, und ein paar Kanus, die vielleicht von Indianern angefertigt worden waren. Nur dass es keine Indianer nach Mir verschlagen hatte.

    »Man hat ein paar Kriegskanus aus dem städtischen Museum und den Exponaten der Weltausstellung ausgegraben und auseinandergenommen, um ihre Machart zu ergründen. Sie wurden schon bei William Codys Wildwest-Shows benutzt - Pfeil und Bogen und Tipis und was nicht alles. Die Kanus sind schön, nicht? Ich wollte einmal mit Josh eine Kanupartie unternehmen. Aber das Wasser ist verdammt kalt, sogar so weit im Süden. Schmelzwasser vom Eis. Sie sollten es vermeiden, hineinzufallen!«
    »Kamele«, sagte Abdikadir und wies auf die Straße.
    Bisesa sah eine Art Karawane nach Süden in Richtung Hafen ziehen. Männer und Frauen ritten auf seltsam anmutenden Pferden, die dazu neigten, zu bocken und zu beißen. Und tatsächlich wurden sie von Kamelen überragt. Die schwer bepackten Tiere machten einen hochmütigen Eindruck und spuckten auch noch. »Auch importiert?«
    »O nein«, sagte Emeline. »Die Kamele waren schon hier. Die Pferde auch - es waren sogar viele Rassen, die wir aber nicht alle nutzbar zu machen vermochten. Ich sagte Ihnen bereits, dass wir eine richtige Menagerie hier haben. Mammuts und Mastodonten und Kamele und Säbelzahntiger - wollen wir hoffen, dass wir denen nicht über den Weg laufen.«
    »Und alle«, murmelte Bisesas Telefon in ihrer Tasche, »sind in dem Moment ausgestorben, als die ersten menschlichen Kolonisten hierher kamen. Die Pferde haben sie sogar gegessen. Anfängerfehler.«
    »Psst. Vergiss nicht, dass wir hier zu Gast sind.«
    »Für die Chicagoer gilt das in gewisser Weise aber auch …«
    Sie spürte Emelines unausgesprochene Missbilligung. Für Emeline waren es offenkundig schlechte Manieren, die Menschen aus Fleisch und Blut um einen herum zu ignorieren und Gespräche mit einem Kasten zu führen.
    Abdikadir, der unter der Anleitung seines Vaters aufgewachsen war, interessierte sich aber dafür. »Kann es noch Signale von der Erde empfangen?«

    Bisesa hatte die sporadische Verbindung des Telefons über das Auge auf der Überfahrt über den Atlantik ständig

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