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Wächterin der Träume

Wächterin der Träume

Titel: Wächterin der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Smith
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Problem war, dass es zwei Stellen zum Absteigen gab, und ich konnte mich für keine entscheiden.
    Während ich noch überlegte, verebbte die Musik plötzlich zu einem tiefen, unheimlichen Dröhnen und hörte dann ganz auf. Auch das Karussell blieb stehen.
    Dann gingen die Lichter aus. In der Dunkelheit konnte ich auf einmal Dinge erkennen, die ich vorher nicht gesehen hatte. Aber vielleicht waren sie zuvor auch noch nicht da gewesen. Wie auch immer, ich befand mich in einem Vergnügungspark – der offensichtlich geschlossen hatte.
    Als ich von dem hölzernen Pferd stieg, lief mir ein unbehaglicher Schauer den Rücken hinunter. Irgendetwas stimmte nicht mit diesem Traum, aber ich wusste nicht genau, was. Langsam ging ich durch das Drehkreuz und folgte dem hell erleuchteten Hauptweg.
    Der Boden war übersät mit ausgespuckten Kaugummis, Eintrittskarten, Popcorn, Strohhalmen und zermatschten Pommes. In der Luft hing dick und süß der Duft von Zuckerwatte, der metallische Geruch nach Maschinen und altem Zigarettenrauch.
    Vorsichtig setzte ich meine Schritte, immer darauf gefasst, dass Freddy Krueger oder Leatherface plötzlich auftauchten, um mich aufzuschlitzen. Zwar kreischte ich nicht wie die blöden Mädchen in den Horrorfilmen, doch ich wusste, dass dort irgendwo etwas auf mich lauerte. Fragte sich nur, wie groß die Gefahr war.
    »Eine Frau wie du sollte nachts lieber nicht allein unterwegs sein.«
    Wie erstarrt blieb ich stehen, wobei ich mit einem Fuß voll in ein rosafarbenes Kaugummi trat. Ich kannte die Stimme und hatte gehofft, sie niemals wieder hören zu müssen. Ich wollte mich nicht umdrehen und ihn ansehen, aber schließlich war es nur ein Traum und nicht die Wirklichkeit. Es konnte einfach nicht sein.
    Ich kratzte meine Schuhsohle am Straßenpflaster sauber, während ich mich gleichzeitig umwandte. Im grellen Licht einer Laterne stand Phil Durdan. Er trug Jeans, Stiefel und einen Pullover und sah aus wie irgendein x-beliebiger, unauffälliger Typ. Das Einzige, was an ihm ins Auge stach, war die Kette mit dem alten, matt glänzenden Anhänger an seinem Hals.
    Eine freche Bemerkung blieb mir im Hals stecken, als ich in seine Augen sah. Vor mir stand kein Traumwesen, sondern der echte Phil. Aber es war nicht sein Traum, sondern meiner.
    Ich versuchte, ihn wegzuschubsen, doch er rührte sich nicht vom Fleck. Er lächelte nur. »Ungewohnt, dass jemand in
deinen
Traum eindringt, was?«
    Damit hatte er nicht unrecht, und wenn er ein normaler Mensch gewesen wäre, hätte ich ihm die Bemerkung nicht übelgenommen. Aber er war nicht normal, sondern ein Soziopath, der mir eine Höllenangst einjagte. »Stimmt. Ich nehme an, du wirst mir nicht verraten, wie du es angestellt hast, oder?«
    Er lachte. »Damit du alles verdirbst? Nein.« Sein Lächeln erstarb. »Du hast mich ins Gefängnis gebracht.«
    »Die Tatsache, dass du ein Serienvergewaltiger bist, hat dich ins Gefängnis gebracht, Phil.« Ich sprach in beiläufigem, harmlosem Ton, als hätte ich einen potenziell gefährlichen Klienten vor mir.
    »Du hast mein Leben zerstört!«
    Ich zuckte nicht mit der Wimper. »Du hast selbst so einige Leben zerstört.« Ich dachte an Amanda mit ihrem Kopfverband, und das leichte Prickeln von Furcht am Ende meiner Wirbelsäule wurde langsam zur Wut. Philip Durdan war ein Monster, und irgendwie war er in meinen Traum geraten, obwohl ich doch angeblich so viel Macht besaß.
    Das hieß, jemand hatte ihm geholfen.
    Dreimal durfte ich raten, wer dieser geheimnisvolle Wohltäter war. Die Oberste Wächterin vielleicht? Meine durchgeknallte Halbschwester, die glaubte, ihre Welt gegen mich, die Zerstörerin, verteidigen zu müssen? Da waren wir wieder in unserer Fantasy-Seifenoper.
    »Sie muss mich wirklich hassen«, murmelte ich deutlich vernehmbar.
    »Stimmt«, antwortete Phil, der damit offen zugab, dass Padera ihm geholfen hatte. »Sie hat gesagt, ich darf mit dir machen, was ich will, aber ich soll dich auf keinen Fall am Leben lassen.«
    In seinen Augen lag ein gieriges, zorniges Funkeln, das mir gar nicht gefiel. Ich machte einen Schritt rückwärts. »In dieser Welt kann ich nicht sterben, Phil.«
    Er zuckte die Achseln. »Aber leiden kannst du.« Dann lächelte er. »Und wenn ich mit dir fertig bin, wirst du mit ziemlicher Sicherheit wünschen, du wärst tot.«
    Was für ein Charmeur. »Aber du kannst auch leiden.« Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, als mich eine tiefe Zuversicht überkam. Hier hatte
ich
Macht und er

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