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Während die Welt schlief

Während die Welt schlief

Titel: Während die Welt schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Abulhawa
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magnetisch angezogen in mein Höschen, und dort, unter einem Pfirsichbaum, entdeckte ich die geheimen Freuden des Frauseins.
    Als ich meine Hand wieder herauszog, war sie voller Blut. Die mysteriöse und lang erwartete Menstruation war da! Ich sog meinen Duft ein, schmeckte sogar mein Blut. Über Nacht hatte ich mich in eine Frau verwandelt, davon war ich überzeugt, und meine Welt hatte sich auf magische Weise verändert. Ich rappelte mich auf und wollte mich auf den Weg zurück nach Jenin machen. Vielleicht wollte uns Yussuf gar nicht verlassen, vielleicht hatte ich alles bloß falsch verstanden?
    Eine Stimme, die gebrochen Arabisch sprach, drang in meine Fantasiewelt ein.
    »Stopp!«
    Ein Soldat!
    Flehentlich hob ich den Blick zur Sonne, aber ihr gleichgültiges Lächeln blendete mich nur, als ich auf verbotenem Grund erwischt wurde. Zuerst war da ein einziger Soldat, dann stürzten sich zwei weitere wie die Hyänen auf mich. Ich zitterte vor Angst. Sie überrollten mich mit endlosen Fragen und reichten sich gegenseitig meine Papiere hin und her. Ein Soldat faltete sie wieder zusammen und überreichte sie mir auf höfliche, freundliche Art. »Geh nach Hause«, sagte er.
    Misstrauisch stapfte ich los. Von einem Instinkt getrieben, fingen meine Beine plötzlich an, so schnell nach Hause zu rennen,
wie sie nur konnten. Auf einmal hörte ich ein Sausen, und etwas Schreckliches pfiff nur wenige Zentimeter an meinem Kopf vorbei. Dann krampfte sich mein Unterleib zusammen. Mit hängender Zunge und weichen Knien schleppte ich mich bis zum Ortsrand von Jenin, nicht weit von der Stelle, an der Osama sich am Tag zuvor kurz hatte ausruhen wollen, als wir ihn nach Hause begleitet hatten. Ich schaute auf mein rechtes Bein, das sich nass und warm anfühlte. Als ich begriff, dass ich mein eigenes Blut spürte, hatte ich ganz kurz die absurde Vorstellung, meine Menstruation sei außer Kontrolle geraten. Ich fasste mir an den krampfgeschüttelten Bauch – und meine Finger steckten in einer fürchterlichen Pampe. Meine Knie gaben nach, meine Augen drehten sich im Schock nach oben, ich schrie, und dann wurde ich bewusstlos.
    Man hatte auf mich geschossen.
    Ich schlug die Augen auf. Es war hell, und eine unbekannte weibliche Stimme sprach auf Palästinensisch-Arabisch. »Sie kommt zu sich.« Das Licht verschwand und bildete einen Heiligenschein um Hudas Kopf. Neben ihr stand Fatima, und neben ihr wiederum stand Lamya. Ich hörte, wie Fatima sagte, dass Haj Salim, Ammu Jack O’Malley, Ammu Darwish mit Familie und andere aus dem Lager vor dem Krankenhaus auf Nachrichten warteten.
    Als ein vertrautes Murmeln, das vernehmliche Wirbeln eines gebrochenen Geistes, an mein Ohr drang, drehte ich den Kopf und erkannte Mama und Umm Abdallah. Die beiden waren so unbeweglich, dass sie wie eine Zimmerdekoration wirkten. Mama trug ihre wunderschön bestickte Thoba, filigran und doch robust. In diesem Moment dachte ich nicht an die Kugel oder den Schmerz, nicht an Yussuf, Osama oder Baba, sondern an Dalia. Endlich konnte ich durch die hagere
Hülle meiner Mutter hindurchsehen und erkannte das lebhafte, übersprudelnde Beduinenmädchen. Ihr Feuer hatte man ihr mit dem heißen Eisen ausgeschlagen, und ihr Verstand war unter der Asche von zu vielen Kriegen und zu vielen Toten begraben worden. Das waren meine Gedanken, als ich nach der Operation erwachte, in der man die Metallfragmente aus meinem Bauch entfernt hatte. Die Kugel war vom südlichen Wachturm gekommen, nicht von den Soldaten, die meine Papiere kontrolliert hatten, das schlussfolgerte der Arzt, der ihren Weg durch meinen Körper untersucht hatte. Das Geschoss war auf meiner rechten Seite, genau über der Niere, in mich eingedrungen und explodiert. Beim Austritt hatte es Stücke meines Bauches mit sich gerissen.
    »Es brennt«, klagte ich.
    »Hier. Der Arzt hat gesagt, du sollst das gegen die Schmerzen nehmen«, sagte Fatima und reichte mir zwei orange Tabletten.
    »Gesegnet seien deine Hände. Wo ist Yussuf?« Als ich ihre schmerzerfüllten Gesichter sah, wusste ich, er würde nicht kommen.
    »Er hat dich gesucht …«, begann Huda. Fatima fügte hinzu, dessen sei sie sich sicher. »Er wäre nicht gegangen, wenn er gewusst hätte, dass man dich angeschossen hat.«
    Gegangen? Wohin?
    »Hier.« Huda streckte mir einen Brief hin, den Yussuf für mich hinterlassen hatte.
    Bismillahi al-Rahmani al-Rahimi
    Meine liebe Schwester Amal!
    Ich muss gehen. Bitte versteh das. Seit Wochen versuche ich,

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