Während ich schlief
Die Mappe, die ich für dich zusammengestellt habe, wird mit den Arbeiten der Gewinner in den anderen Kategorien verglichen werden, und bei der Preisverleihung erfahren wir dann, ob du den diesjährigen Titel errungen hast. Sollte das passieren, darfst du gratis an der Sommerkunstreise des Junge-Meister-Programms durch Europa teilnehmen und bekommst ein volles Stipendium für die Hiroko-Kunstakademie nach Abschluss der Highschool.«
Noch nie in meinem Leben hatte ich mir Gedanken über Geld gemacht. Meine Eltern waren unverschämt reich. Doch als er von dem Preis sprach, wurde mir plötzlich klar, dass das Geld meiner Eltern ihnen gehörte, nicht mir. Falls ich aufs College gehen sollte, dann auf eines, das sie für mich auswählten. Sollte ich eine Europareise machen wollen, würden sie sie mir bezahlen müssen. Und da sie mir noch nie erlaubt hatten, ComUnity ohne sie zu verlassen, außer um zur Schule zu gehen, war ich ziemlich sicher, dass sie das nie tun würden.
Doch wenn ich den Preis der Jungen Meister gewinnen würde, wäre ich ...
Frei?
Das war ein komischer Gedanke. Aber genau das ging mir durch den Kopf. Ich wäre frei.
In der nächsten Sekunde stürzte das Luftschloss in sich zusammen. »Da du noch minderjährig bist, brauche ich die Zustimmung deiner Eltern, dass du zu der Preisverleihung fahren darfst. Kannst du dafür sorgen?«
Ich schwankte einen Moment. »Ich ... ich wüsste nicht, wie ich ihnen das sagen sollte.«
Mr. Sommers nickte. »Verständlich. Ich rufe sie heute Abend an und spreche mit ihnen über diese große Chance.« Er lächelte mich an. »Du kannst sehr stolz auf dich sein, junge Dame. Nicht viele bringen es zu dieser Ehre.«
»Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll, Sir«, sagte ich. Mir war nie aufgefallen, dass Mr. Sommers sich besonders für mich interessierte. Doch als ich nun darüber nachdachte, wurde mir klar, dass ich zum ersten Mal einen Kunstlehrer länger als ein halbes Jahr am Stück gehabt hatte. Stets hatte ich so oft die Schule gewechselt und so oft gefehlt, dass ich nie ein gutes Verhältnis zu einem von ihnen aufbauen konnte.
»Mach weiter so, Rose. Wir sehen uns dann morgen und besprechen alles für die Reise nach New York.«
Eine Kopie von der Einladung zur Preisverleihung fest in der Hand, ging ich nach Hause. Sobald ich zur Tür herein war, rannte ich zu Åsa und erzählte ihr alles.
»Ah, flicka «, sagte sie, »ich wusste, dass du Erfolg haben würdest.« Große Worte oder Küsse lagen ihr nicht, aber sie machte sich daran, Kekse zu backen. Da wir unser Essen normalerweise aus der Zentralküche von Unicorn liefern ließen, war das eine große Geste.
Als ich es Xavier erzählte, hob er mich mit einem Jubelgeheul hoch und schwang mich herum. Er las den Bäumen und
Blumen im Garten die Einladung vor, und ich musste vor ihnen einherschreiten und meinen Preis entgegennehmen. Er spielte den Conférencier und überraschte mich mit einer frühen Rose. »Eine Rose für meine Rose«, sagte er und küsste mich zärtlich. »Ich freue mich so für dich.«
Zurück in der Wohnung, stellte ich verwundert fest, dass meine Eltern schon zu Hause waren. Mom schenkte mir ein Glas Champagner ein. »Mr. Sommers hat mir alles erzählt«, sagte sie, kaum dass ich zur Tür herein war. »Gut gemacht, Rosalinda!«
»Braves Mädchen«, sagte Daddy und blickte kaum von seinem Computer auf, woran ich jedoch gewöhnt war.
»Ihr freut euch?«, fragte ich überrascht. Ich wusste nicht genau, warum, aber ich hatte eher das Gegenteil erwartet. Obwohl sie immer einverstanden gewesen waren, wenn ich mich, wie Daddy es ausdrückte, mit meinem kleinen Malkasten beschäftigte. Sie liebten mich und wollten das Beste für mich. Natürlich freuten sie sich! Ich grinste breit.
»Das ist ein sehr schöner Erfolg«, sagte Mom. »Ich bin sehr stolz auf dich. Du brauchst dir auch weiter keine Gedanken zu machen. Ich habe das schon mit deinem Kunstlehrer besprochen und ihm gesagt, dass du nicht annehmen kannst.«
Mein Lächeln erstarb. »Was?«
»Ich habe das für dich erledigt. Keine Sorge.«
»Wo... wovon redest du? Warum kann ich den Preis nicht annehmen?«
»Nun, Schatz, dein Lehrer sagte, du müsstest persönlich zu der Preisverleihung erscheinen, und das geht nicht. Du weißt genau, dass wir in dem Monat in Australien sein werden.«
Ich war wie vor den Kopf geschlagen. »Aber ... aber ich muss ihn annehmen! Das ist das Junge-Meister-Programm!« Der geistesabwesende Ausdruck
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