Während ich schlief
Freund hatte. »Was wollen Sie von Master Xavier?«
Ich legte die Hand auf das kühle, glatte Metall und Neo-Glass meiner Stase-Röhre. »Ich brauche den Jungen, der weiß, wie man sich in meine Stase-Kammer hackt. Ich brauche jemanden, der die Zustimmung meiner Eltern zu dem Programm für Junge Meister in das System hackt.«
Am liebsten hätte ich Xavier als Begleiter mit nach New York genommen, aber das ging nicht. Mittels diverser gehackter und übers Netz versandter Dokumente gelang es Xavier, Mr. Sommers
davon zu überzeugen, dass es der Wunsch meiner Eltern war, er möge mit mir zu der Preisverleihung fahren. Mr. Sommers war hocherfreut, weil er ohnehin gern dabei gewesen wäre, sich das von seinem Lehrergehalt aber nur schwer leisten konnte.
Es wurde das Sahnehäubchen auf diesem wunderbaren Jahr. Ich teilte mir eine Hotelsuite mit drei der anderen Gewinner: einem Collegestudenten von der Oriana-Kunstschule, einer Computer-Konzeptkünstlerin, die auf Luna aufgewachsen war, und Céline, die mich besonders beeindruckte. Sie war Meisterschülerin bei André Lefèvre, einem Bildhauer, dessen Werk ich bewunderte, seit ich sechs Jahre alt war. Wir diskutierten bis in die frühen Morgenstunden hinein über Kunst, und am nächsten Tag nahmen wir an einer gemeinsamen Führung durch das Metropolitan Museum of Art teil. Ich hätte ein ganzes Jahr dort bleiben können, doch als es seine Tore schloss, gingen wir zurück ins Hotel und wurden dann mit Limousinen zu dem festlichen Bankett gefahren. Nach dem Essen marschierten wir zehn Gewinner zusammen auf die Bühne und erhielten jeder eine goldene Plakette mit unserem Namen, der Kategorie und dem Titel der prämierten Arbeit darauf. »Rosalinda Fitzroy«, stand auf meiner. »Himmelsbauch , Öl auf Leinwand«. Dann ließ man uns wieder Platz nehmen, während der Conférencier die Danksagungen an diverse Mitarbeiter und Freiwillige abspulte. Wir warteten alle gespannt darauf, wer den Meistertitel gewinnen würde.
Ich drückte Céline die Daumen. Obwohl ihre Muttersprache Französisch war und wir mit völlig verschiedenen Gestaltungsmitteln arbeiteten, hatten wir doch ähnliche Vorlieben, und unsere Arbeiten eine ähnlich heiter-ominöse Qualität. Außerdem lernte sie bei einem wirklich genialen Künstler.
Daher war ich enttäuscht, als der Name verkündet wurde.
Ich wollte Céline gerade sagen, wie leid es mir für sie tat, als es endlich zu mir durchdrang, dass der Name mein eigener war.
Ich starrte auf das Podium, auf den Moderator, vollkommen unfähig, mich zu rühren. Es bedurfte der gemeinsamen Anstrengung meiner Zimmergenossen, um mich von meinem Platz zu hieven.
Ich bekam den Preis überreicht, ein großes Prisma auf einem goldenen Sockel, das das Symbol der Kunstrichtung, auf die ich mich spezialisiert hatte, enthielt – einen Pinsel. Es fing das Rampenlicht auf und streute Regenbogen aus Licht in meine Augen.
Man erwartete, dass ich eine Rede vorbereitet hatte. Céline hatte eine. Auch Rachel von Luna. Nur ich wusste nichts zu sagen. »Davon habe ich ... immer geträumt«, hauchte ich ins Mikrofon, und dann strömten mir die Tränen übers Gesicht, und ich drückte die Auszeichnung an meine Brust. Es gab rauschenden Applaus, denn jeder merkte, dass ich meine Rede nicht hätte halten können, selbst wenn ich eine vorbereitet hätte. Eine Diashow mit den Arbeiten aus meiner Mappe begann auf einem Monitor über der Bühne abzulaufen, begleitet von einem wunderbaren Cello-Konzert. Als ich zurück zu meinem Platz gewankt war, sagte Céline in ihrem sinnlich-stockenden Englisch, dass die »wortgewandten, geistreichen Reden«, die sie und die anderen verfasst hätten, »neben der ausdrucksstarken Schlichtheit meiner Tränen verblassten« – doch sie wollte mich wohl nur trösten, weil ich so vollkommen unvorbereitet gewesen war.
Mr. Sommers und ich flogen zusammen zurück, und Xavier holte mich mit dem Elektroauto seiner Eltern ab.
»Ich freue mich so unheimlich für dich, ich kann es dir gar nicht sagen«, meinte er strahlend, als er losfuhr.
»Ich kann es immer noch nicht glauben. Ich bin erst sechzehn,
so etwas ist in der gesamten Geschichte des Preises noch nicht vorgekommen.«
»Tja, du hattest ja auch mehr Jahre Erfahrung als die anderen«, sagte Xavier lachend. »Das war unlauterer Wettbewerb.«
»Hör auf. Ich bin trotzdem erst sechzehn.«
»Und eine großartige Künstlerin«, sagte er.
»Nein, bin ich nicht«, widersprach ich. »Ich habe
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