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Während ich schlief

Während ich schlief

Titel: Während ich schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Sheehan
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soll ich anfangen?«

    »Sie hat ... sie hat über die Pest gesprochen, die zuerst in New York ausbrach.«
    Bren nickte. »Irgendein New Yorker Modeguru hatte anscheinend beschlossen, dass der neueste Schrei in der Pelzmode Murmeltier sein sollte, also flog er nach China, um so viel wie möglich davon zu besorgen. Er hieß Marcus Alexios und brachte eine septikämische, das heißt eine Blutvergiftung bewirkende Variante der Pest aus China mit. Nach seiner Rückkehr stieg er in die U-Bahn, fuhr zu seiner Show und fiel tot um. Offenbar sind Murmeltiere Überträger der Pest. Doch wer hätte das geklickt? Normalerweise wird die Pest nur durch Blutkontakt übertragen, aber in dem Fall waren zwei kleine Proteine mutiert. Was bedeutete, dass jeder, mit dem Alexios in China zusammengearbeitet hatte, jeder, der mit ihm im Flieger nach Amerika gewesen war, jeder in der vollen U-Bahn-Station und die ganze gut betuchte Mode-Elite bei seiner Show möglicherweise angesteckt wurde. Seine Leiche wurde erst obduziert, nachdem all diese vielen Menschen ihrer Wege gegangen waren. Einer flog weiter nach L.A., ein anderer suchte eine Obdachlosenunterkunft im East Village auf, eine bestieg einen Zug nach Vermont, und so weiter. Du kannst dir vorstellen, wie sich die Seuche ausbreitete.«
    Bren musterte mich, und ich wusste, dass ich blass geworden war. »Ich erspar dir die Einzelheiten«, sagte er, wofür ich ihm dankbar war. »Es gab Antibiotika gegen diesen Pesterreger, doch er war gegen viele davon resistent, und die Vorräte waren knapp. Zudem waren die Transportmittel, die man zu ihrer Versendung brauchte, schon größtenteils außer Betrieb. Da in kürzester Zeit ein Drittel der Bevölkerung erkrankt war, funktionierte nichts mehr. Als die Medikamente endlich in den Städten und Gemeinden eintrafen, waren die meisten Leute schon tot.« Er sah mich forschend an. »Es ging meistens recht
schnell, heißt es«, fügte er wie zum Trost hinzu. »Sicher war es furchtbar beängstigend, aber ihnen blieb kaum Zeit zu leiden.«
    Ich schlug die Hände vors Gesicht und versuchte, mich zusammenzunehmen. »Okay.«
    Bren atmete tief durch. Das musste für ihn alles Geschichte aus grauer Vorzeit sein, aber es fiel ihm offenbar trotzdem nicht leicht, mir davon zu berichten. »Die Pest wütete einen Sommer lang und brach dann hier und da von Neuem aus. Die Verbreitung war zwar nicht mehr so groß, aber der Erreger konnte immer noch von Mensch zu Mensch und durch Flöhe übertragen werden. Derweil breitete sich aber auch die Tuberkulose weiter aus. Von der TB weißt du schon?«
    »Ja. Man hatte Kliniken zur Kontrolle eingerichtet, als ... damals halt.«
    Bren schnitt eine Grimasse. »Ja, diese Zwangsuntersuchungen von Menschen aus allen Schichten halfen leider nicht, die Pest einzudämmen. Die Leute gingen brav zu ihren TB-Tests und schleppten sich pestkrank nach Hause. Es war verrückt. Alle waren total schockiert, dass die Seuchen nicht von neuen, exotischen Krankheiten herrührten, sondern von den alten Schreckgespenstern, mit denen man nicht mehr gerechnet hatte und auf die man nicht vorbereitet war.« Er seufzte. »Dann kam das dicke Ende.«
    »Was?« Ich fuhr erschrocken auf. »Es geht noch weiter?« Wie konnte es noch schlimmer kommen?
    »Ja. Unfruchtbarkeit«, sagte Bren. »Hast du von der sogenannten Globalen Ernährungsinitiative gehört?«
    »Ja, das war noch vor meiner Stasis: die massenhafte Verteilung von hochergiebigem Saatgut an Länder, die unter Nahrungsmittelknappheit litten. Daddy hatte damit zu tun.«
    Als das hundert Jahre lang bestehende Verbot von gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln aufgehoben wurde, nahmen
mich meine Eltern zu einem Festbankett zu ihren Ehren mit. UniCorp hatte viele dieser neuen transgenen Saaten entwickelt. Mom und Daddy waren begeistert darüber, dass man sie in die Globale Ernährungsinitiative miteinbezog, und machten vehement ihren Einfluss dafür geltend.
    »Der größte Prozess, den UniCorp je am Hals hatte«, sagte Bren trocken. »Hat die Firma beinahe ruiniert, sagt Großvater. Offenbar war eine der Saaten, eine Maissorte, genetisch zu einer sogenannten Terminator-Saat verändert worden. Das bedeutet, die herangereiften Pflanzen bilden keine keimfähigen Samen, und die Saat lässt sich nicht reproduzieren.«
    »Ich weiß. Das ist gut für’s Geschäft, denn so müssen die Bauern neues Saatgut von der Firma kaufen. Daddy hat die Patente umstrukturiert, nachdem das Verbot von 2087 aufgehoben

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