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Während ich schlief

Während ich schlief

Titel: Während ich schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Sheehan
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Afghanen völlig.
    »Rosalinda Samantha Fitzroy. Mein Befehl lautet, Sie zu ergreifen und an den Auftraggeber zu überstellen. Sollte sich die
Überstellung als nicht möglich erweisen, lautet mein Befehl, Sie zu eliminieren. Verhalten Sie sich ruhig.«
    Eliminieren? Ich stolperte rückwärts und stieß schmerzhaft mit der Hüfte an die Ecke des Zeichentischs. Er kam näher, obwohl Zavier zerrte und schnappte und knurrte. Ich war erstaunt über Zaviers Training, denn ich hatte gehört, dass Afghanen eher sanftmütig seien. Seine Zähne konnten dem Bein des Mannes jedoch nichts anhaben, nur die Hose hing jetzt in Fetzen.
    Der Glänzende sah auf ihn herunter. »Sie behindern die Ergreifung. Hören Sie auf und lassen Sie ab, sonst werden Sie eliminiert.«
    »Zavier, aus!«, schrie ich, doch mein Hund hatte sich offenbar noch nicht an den neuen Namen gewöhnt und gehorchte nicht.
    »Ich habe Sie gewarnt«, sagte der Mann und tippte Zavier mit seinem Stock an.
    Zavier jaulte auf, erstarrte und kippte dann um, als wäre er ausgestopft.
    »Sie haben meinen Hund umgebracht!«, schrie ich.
    Daraufhin begann Zavier zu meiner Erleichterung schwach zu winseln, war anscheinend aber immer noch bewegungsunfähig.
    Der Angreifer kam nun direkt auf mich zu, indem er einfach über Zavier hinwegstieg. Das runde Ding in seiner Hand öffnete sich und sah aus, als wollte es gleich wieder zuschnappen wie eine Muschel. Zwei gefährlich aussehende Elektroden ragten hinten daraus hervor. Plötzlich erkannte ich, was es war. Ein Kontrollkragen. Dieser elektronische Halsring unterbrach die niederen Gehirnfunktionenen des Trägers und unterwarf alle Bewegungsabläufe einer äußeren Instanz, meist einem Computer. Er war ursprünglich für den Einsatz in der Medizin erfunden
worden, auch für die Physiotherapie und andere Rehabilitationsmaßnahmen, bei denen die Mitwirkung des Patienten unbedingt erforderlich war. Wenn er mir das Ding um den Hals legte, wäre ich unweigerlich gezwungen, ihm zu folgen. Was ich auch tat, ich musste vor allem diesem Kragen entrinnen.
    Meine Eltern hatten sich stets Sorgen gemacht, dass ich entführt werden könnte, und mich daher in Selbstverteidigung drillen lassen. Die Gefahr war sehr real gewesen, denn sie waren reich und mächtig und standen ständig in der Öffentlichkeit, sodass ihre Tochter ein naheliegendes Ziel abgab. Ich war nie besonders gut darin gewesen – keine Superwoman-Einsätze von mir zu erwarten –, aber das Wichtigste hatte ich doch aufgeschnappt. Weglaufen, hatte man mir beigebracht. Sich wehren. So viel Lärm machen wie möglich. Tu alles, was du kannst, damit sie dich nicht in ihre Gewalt bringen. Wenn sie dich erst einmal haben, können sie mit dir machen, was sie wollen.
    Also lief ich weg. Oder versuchte es zumindest. Mein Zeichentisch war mir im Weg, ich verlor das Gleichgewicht und knallte mit voller Wucht auf die hintere Kante. Die Tischplatte kippte nach oben wie eine Wippe; die Schachtel voller Kreiden wurde gegen die Wand geschleudert, die Uhr ins Aquarium katapultiert, aus dem eine Wasserfontäne aufspritzte. Im Fallen stieß ich mir den Kopf an der Staffelei, die unter meinem Gewicht zusammenbrach.
    Benommen griff ich hinter mich und tastete in einer Schublade herum, in der Hoffnung, ein Papier- oder Malmesser zu fassen zu bekommen, doch mir fiel nur eine große Tube Ölfarbe in die Hand. Immerhin etwas.
    Ich drückte fest darauf und spritzte dem Kerl einen dicken Klecks schmieriger grüner Farbe in die Augen. Er hielt bloß eine Sekunde inne, um sich neu zu orientieren, und zeigte zu meiner Bestürzung keinerlei Schmerzreaktion, obwohl seine
offenen Augen völlig verklebt waren. Er wischte die Farbe noch nicht einmal ab. Wer war dieser Typ? Oder vielmehr, was war er? Er wirkte total unmenschlich, und ich war jetzt total ratlos.
    Aber nicht glücklos. Die überschüssige Ölfarbe verband sich mit dem verspritzten Wasser auf dem Boden zu einer schlüpfrigen Pfütze. Unverletzt, aber blind, rutschte der Aggressor in dem Öl-in-Wasser-Gemisch aus, als er mit seiner Stockwaffe auf mich losgehen wollte. Er machte einen halben Salto rückwärts und landete polternd auf dem Dielenboden.
    Ich wartete nicht ab, was passieren würde, stürzte zur Tür und knallte sie hinter mir zu.
    Als ich draußen war, wusste ich nicht, wohin ich mich wenden sollte. Warum kamen Patty und Barry nicht herbeigerannt? Hatte er sie etwa umgebracht? Ich stieß die Tür zu ihrem Schlafzimmer auf.
    Dunkelheit.

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