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Während ich schlief

Während ich schlief

Titel: Während ich schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Sheehan
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er nicht kommen, aber
als er sah, dass wir wirklich allein waren, stand er unsicher auf und kam winselnd zu mir gekrochen. Er hatte offensichtlich Schmerzen.
    Ich nahm mein Holofon und tippte auf das Icon für die Informationsdrohne. »Guten Tag, ich bin Hally, Ihre Informationsassistentin.« Eine schöne virtuelle Holofrau fragte freundlich, was sie für mich tun könne. Ich fragte nach Tierärzten in der Nähe.
    Einer der Namen, die sie aufzählte, war derselbe wie der von Zaviers Hundesalon. Ich bat sie, dort anzurufen, und nach ein paar Augenblicken erschien das Bild einer äußerst attraktiven Rezeptionistin vor mir. »Mein Hund ist ... verletzt«, sagte ich.
    »Möchten Sie gern einen Termin vereinbaren?«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich hektisch. »Ich habe nicht viel Zeit vor der Schule. Er hat, soweit ich weiß, einen regelmäßigen Pflegetermin in Ihrem Salon. Sein Name ist Freifuß vom Wüstenwind.«
    »Ah ja.« Die Rezeptionistin lächelte und blickte kurz auf einen Monitor, den ich nicht sehen konnte. »Ich habe Wüstenwind hier als Vorzugspatienten notiert. Wenn Sie ihn vor der Schule vorbeibringen könnten, kümmern wir uns um alles Übrige.«
    »Was ist ein Vorzugspatient?«, fragte ich.
    »Sämtliche Behandlungen von Wüstenwind sind im Voraus bezahlt und genehmigt. Sie brauchen ihn nur herzubringen, wir kontaktieren Sie dann, wenn wir wissen, was ihm fehlt.«
    »Danke«, sagte ich und legte auf.
    Mir blieb nicht genug Zeit, sowohl mein Atelier aufzuräumen als auch Zavier vor dem Unterricht in der Tierklinik abzusetzen. Also angelte ich nur die Wanduhr aus dem Aquarium (die wundersamerweise die Fische nicht per Stromschlag gekillt hatte), warf mich in eine Uniform und schloss die Tür
ab, damit Patty nicht hineinsehen konnte. Dann führte ich Zavier zu meinem Solarskiff. Ich nannte die Adresse des Hundesalons und stieg mit ihm hinten ein.
    Er schmierte grüne Farbe über das gesamte Skiff und meine Uniform, aber das machte mir nichts aus. Ich legte ihm die Arme um den Hals. Er stöhnte und jaulte leise, leckte mich aber zärtlich.
    Beim Tierarzt berichtete ich zwar von der Farbe, verschwieg aber die Geschichte von dem glänzenden Mann und seinem bösen Stock. Sie versicherten mir, dass sie Zavier gründlich auf Giftstoffe untersuchen und sein Fell reinigen würden. Einigermaßen beruhigt fuhr ich zur Schule. Die Erinnerung an den Glänzenden hatte ich fest unter den Stase-Rückständen vergraben und würde sie, so lange es ging, nicht hervorholen.
    Bren wartete im Schulhof auf mich. »Is alles arktisch«, sagte er und schnappte sich meinen Notescreen. Über den Schrecken von letzter Nacht und der Sorge um Zavier hatte ich meine Stundenplanänderung ganz vergessen. Bren tippte ein paarmal auf den Screen und zeigte mir dann den neuen Plan. »So, bitte sehr: zweite Stunde, Geschichte bei Mr. Collier. Wir mussten dich in Englisch zu den Romantikern verlegen, ich hoffe, das macht dir nichts aus.«
    »Nein, prima«, sagte ich, denn damit hatte ich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Ich musste mich immer noch schwer beherrschen, meine Lehrerin nicht darauf hinzuweisen, dass ihre ach so berühmten Jahrhundertwende-Autoren zu meiner Zeit literarische Niemande gewesen waren. Schließlich wollte ich sie nicht bloßstellen.
    Obwohl ich mich nun nicht mehr vor der Geschichtsstunde zu fürchten brauchte, lief es nur geringfügig besser im Unterricht. Dafür war es eine Freude, Bren in unserem gemeinsamen Kurs zu erleben. Er nahm sehr engagiert teil, stieß Debatten
mit den anderen Schülern an, überraschte den Lehrer mit wenig bekannten Fakten, die er zufällig irgendwo gelesen hatte, und zog Schlussfolgerungen aus scheinbar unzusammenhängenden Einzelheiten. Er machte all das, was ich auch immer gern gekonnt hätte. Leider war ich nie intelligent genug gewesen, um auch nur annähernd dahin zu kommen.
    Ich sah ihm wirklich gern zu. Wie seine Hände sich flink über den Notescreen bewegten. Sicher, er benutzte ihn schon seit dem Kindergarten, während diese hochentwickelten Touchpads neu für mich waren, aber trotzdem – seine langen braunen Finger führten ein wunderbares Ballet auf. Ich ertappte mich dabei, wie ich mir vorstellte, dass sie mich berührten, meine Haut streichelten, mich zärtlich hielten.
    Ich schluckte. Bloß nicht. Auf keinen Fall. Das kam nicht in Frage. So empfand ich nicht für Bren. Ich konnte nicht so für ihn empfinden. Ich liebte Xavier. Dieses komische Kribbeln war keine

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