Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Während ich schlief

Während ich schlief

Titel: Während ich schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Sheehan
Vom Netzwerk:
nach hinten nachgab.
    Bren runzelte die Stirn. »Aber die Fitzroys starben doch ...«
    »Bren«, sagte sein Großvater warnend. Dann schwieg er lange und blickte auf seine Hände. Nachdenklich trommelte er mit dem Daumen auf sein Handgelenk. »Reggie ist es vermutlich nicht in den Sinn gekommen, es dir zu sagen. Seine Gedanken neigen dazu, nur um ihn selbst zu kreisen. Und die Aufgabe der Polizei ist es im Grunde auch nicht.« Er seufzte. »Bleibe nur ich«, murmelte er wie zu sich selbst. Er sah mich an. »An wie viel von deinem früheren Leben erinnerst du dich, junge Dame?«
    »An alles«, antwortete ich überrascht. »Was hat das denn damit zu tun?«
    »Hör mir einfach zu. Bren hat mir anvertraut, dass deine Eltern und du die Stasis häufig als ... Bewältungsmechanismus benutzt habt?«
    Ich wusste nicht, ob mir das jetzt Angst machen oder mich
gleichgültig lassen sollte. Bevor Bren von dem Etikett »verhaltensgestört« gesprochen hatte, das man mir aufkleben würde, hätte ich mir nie Gedanken deswegen gemacht. Ich schämte mich kein bisschen, aber ich warf Bren einen fragenden Blick zu.
    »Großvater sagt es niemandem weiter«, versicherte er mir. »Ich ... ich konnte es nur nicht verstehen.«
    Aus meiner Unsicherheit wurde Gereiztheit. Der friedvolle, entspannte, angstfreie Stase-Zustand war wohl jedem schwer zu erklären, der ihn selbst nicht regelmäßig nutzte. »Ja«, sagte ich zu Ron. »Das stimmt.«
    Ron nickte. »Hat Bren dich auch darüber informiert, dass eine solche Behandlung, insbesondere einer Minderjährigen, inzwischen als Straftat gilt?«
    »Ja, aber ich kapier das nicht. Es ist doch keine Körperverletzung. Und wenn Stasis illegal ist, warum gibt es dann Stasekammern im Krankenhaus? Ich habe sie selbst dort gesehen.«
    »Die Krankenhäuser haben eine Sondergenehmigung. Bestimmte Schwerkranke oder Patienten, die ein Transplantat brauchen und nicht mehr in der Lage sind zu warten, können eine Zeit in der Stasis zugewiesen bekommen. Außerdem wird der Stase-Zustand noch bei interplanetaren Reisen verwendet, wobei sich die wachen Passagiere und die in Stasis abwechseln, aber das ist durch die vielen Jahre bedingt, die ein Flug zu den äußeren Kolonien dauert. Interplanetares Reisen wäre unmöglich, wenn alle Passagiere wach blieben. Wir können keine Raumfahrzeuge mit genug Platz für Wohnräume, Vorräte und Sauerstoff für alle bauen und es uns trotzdem leisten, sie quer durchs Sonnensystem zu schicken. Aber so sicher und nützlich die Stasis auch ist, wird sie trotzdem streng reguliert und ist in vielen Fällen ausdrücklich verboten.«
    Ich verstand das einfach nicht. Warum sollte man sich nicht
eine kleine Ruhepause von der Welt gönnen? »Warum?«, fragte ich.
    »Das ist nicht leicht zu erklären«, sagte Ron. »Besonders in Anbetracht deiner Geschichte. Als ich jung war, gab es keine Gesetze die Stasis betreffend. Aber ich erinnere mich an diverse Fälle, die eine dahingehende Gesetzesinitiative unbedingt erforderlich machten.«
    Ich verdrehte die Augen. Dieser Juristenjargon ging mir auf die Nerven. »Zum Beispiel?«
    »Lass es mich so beschreiben«, sagte Ron und legte seine Zeigefinger dachförmig aneinander. »Stell dir vor, du wärst krank, du hättest eine Blinddarmentzündung, irgendetwas, das sich durch einen leichten operativen Eingriff beheben lässt. Nun stell dir weiterhin vor, dass dein Arzt noch nicht zu Mittag gegessen hat. Statt gleich zu operieren, versetzt er dich bis nach dem Essen in Stasis.« Er zuckte mit den Achseln. »Findet man nicht weiter schlimm. Nun stell dir vor, dass dein Arzt eine Verabredung mit seiner Frau an diesem Abend hat und nicht zu müde sein will. Statt dich also zu operieren, belässt er dich bis zum nächsten Tag in Stasis. Vierundzwanzig Stunden lang. Wahrscheinlich würdest du keinen großen Unterschied bemerken. Nun nimm aber mal an, dein Chirurg hat einen Urlaub geplant und veranlasst, dass du zwei, drei Wochen lang in Stasis gehalten wirst, während er mit seiner Familie nach Acapulco reist. Es passt ihm einfach besser in den Kram, seine Patientin in Stasis zu versetzen, als vorher noch eine Operation durchzuführen. Dieser Arzt hat dir damit aus reiner Bequemlichkeit drei Wochen deines Lebens gestohlen, obwohl du nur eine Stunde seiner Zeit gebraucht hättest. Er hätte seinen Urlaub verschieben können, er hätte deine Behandlung einem anderen Arzt übertragen können, doch weil er selbst operieren wollte – nur nicht eben gerade

Weitere Kostenlose Bücher