Während ich schlief
mir unbemerkt genähert und reichte mir geduldig Gegenstände zum Werfen. Bren stand an der Tür, außer Reichweite des Schrapnellfeuers,
mit einem Ausdruck im Gesicht, den ich nur als ernstes Lächeln beschreiben kann.
Ich ließ das letzte Wurfgeschoss fallen, einen Cocktailshaker aus der Bar. Er landete klappernd auf dem Boden, und ich folgte ihm. Es ging mir besser.
Eine sanfte Hand streichelte mir über den Kopf. »Es tut mir sehr leid, Rose«, sagte Ron. Dann richtete er sich auf, und ich sah ihn gehen und Bren kurz an der Schulter fassen.
Was er auch zu ihm gesagt hatte, Bren kam zu mir und rieb mir den Rücken. »Du bist jetzt okay«, sagte er, wohl mehr zu seiner eigenen Beruhigung. »Keiner wird zulassen, dass dir je wieder so etwas zustößt. Wir werden es nicht zulassen. Ich und Mom und Großvater, wir werden auf dich achtgeben.«
Ich sah zu ihm auf. Ich fühlte mich leer und hohl. »Ich bin müde«, murmelte ich.
Bren grinste schief und half mir, mich aufzusetzen. »Das wundert mich nicht. Ich sollte dich zum Tennis mitnehmen, du hast einen starken Arm.« Er zog mich hoch, stützte mich und führte mich zum Sofa. »Leg dich hin«, sagte er.
Ich rollte mich zusammen und atmete tief durch. Ron verschwand wieder und kam mit einer Wolldecke zurück, die er sachte über mich breitete. »Hier kann dir nichts passieren. Das verspreche ich dir«, flüsterte er mir zu. »Jetzt ruh dich aus.« Seine Stimme wirkte äußerst entspannend.
Vielleicht lächelte ich sogar ein wenig, aber ich schlief so schnell ein, dass es beinahe wie Stasis war. Auch genauso angenehm. Meine Angst war weg. Ich hatte bereits alles verloren. Wovor sollte ich mich noch fürchten?
I ch konnte nicht lange geschlafen haben, kaum mehr als eine Stunde. Als ich aufwachte, war es noch dunkel, und Bren hatte begonnen, die Trümmer meines Wutausbruchs aufzusammeln und in einen großen Mülleimer zu werfen. Tief einatmend streckte ich mich. Ich fühlte mich gut, beinahe wohlig zufrieden, wie in einem heißen Bad nach einem langen Tag. Die Decke um mich herum war warm und roch nach Aftershave, vermutlich Rons.
Bren und ich waren allein. »Wo ist dein Großvater?«
»Prüft immer noch Guillorys Geschäftskonten«, sagte Bren. »Er wollte dich nicht aufwecken, deswegen ist er zum Telefonieren rausgegangen. Selbst wenn Guillory den Plastobot nicht auf dich angesetzt hat, sind da ein paar ziemlich fragwürdige Sachen zusammengekommen. Ron meint, er hätte wohl nicht genug aufgepasst in den letzten Monaten. Er wird immer saurer, je mehr er durchsieht.«
»Es wundert mich, dass er nicht auf mich sauer ist.« Ich warf die Decke von mir und kniete mich neben Bren, um ihm zu helfen, die Bruchstücke aufzuheben. »Guck nur, was ich hier angerichtet habe.«
Bren grinste. »Er hat dir doch dabei geholfen! Ich musste mir so das Lachen verbeißen.«
»Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so wütend geworden bin. Falls überhaupt schon mal.«
»Wahrscheinlich nicht«, sagte Bren.
Ich überlegte. Er hatte recht. Ich wurde nicht wütend. Ich beklagte mich nicht. Ich machte nicht einmal auf mich aufmerksam. Denn sonst ...
Ich versuchte, den Gedanken beiseitezuschieben. Auch das eine automatische Reaktion, merkte ich.
»Ich habe jedenfalls noch nie ein ganzes Zimmer zertrümmert, das weiß ich«, fuhr Bren fort.
Vorsichtig sammelte ich eine weitere Glasscherbe auf. »Vermutlich gibt es hier einen Hausmeister für so was.«
»Ich möchte Großpapas Büro nicht so zurücklassen. Er ist normalerweise ziemlich ordentlich.«
»Aber Hausmeister haben Besen«, argumentierte ich. »Das hier ist zerbrochenes Glas.«
Bren zuckte mit den Achseln und hob noch mehr Scherben auf. »Ich pass schon auf.«
Eine Zeitlang machten wir schweigend weiter.
»Es tut mir leid, dass ich es dir nicht gesagt habe«, sagte er schließlich verlegen. »Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass du es nicht wissen könntest. Alle wissen es. Das ist einer der Gründe, weshalb Otto sich so zu dir hingezogen fühlt. Er fühlt sich genauso im Stich gelassen.«
»Glaubst du wirklich, sie wollten mich ... dort drin lassen?«
Bren zögerte. »Ich habe sie nicht gekannt. Die Dunkle Epoche war so grauenvoll, dass ich es schon verstehen könnte, wenn jemand sein Kind davor bewahren wollte. Auch wenn es gefährlich war.«
Zwanzig Jahre in Stasis wären schon gefährlich genug gewesen. Doch längst nicht so schlimm wie das, was ich nach zweiundsechzig Jahren
Weitere Kostenlose Bücher