Während ich schlief
gesehen hatte, immer nur halb blind vor Stasis-Erschöpfung oder benommen von Medikamenten und Schock durch den Streckstab. Beide Male hatte er mich geängstigt mit seinem zornigen Toben und der finsteren Miene. Doch jetzt, da ich ihn genauer in Augenschein nahm, kam mir sein Ausdruck eher traurig als böse vor. Er sah nach einem Mann aus, der alle Schrecken der Welt erlebt hatte und sich nicht fröhlicher
geben konnte, weil sie zu schwer auf seiner Seele lasteten. Meine Furcht legte sich ein wenig.
Zurückgelehnt in seinem Sessel, blickte er uns forschend entgegen.
Bren wirkte kein bisschen bedauernd wegen der nächtlichen Störung. »Hallo, Großpapa. Rose kennst du ja.«
»Ja, gewiss«, sagte er mit einem etwas förmlichen Nicken. »Schön, Sie wiederzusehen, junge Dame.«
»Ganz meinerseits, Mr. Sabah.«
»Er ist kein Sabah. Er ist Moms Dad«, verbesserte mich Bren.
»Ist schon gut«, unterbrach der alte Mann Bren gelassen. »Nenn mich einfach Ron. Bitte, setz dich.« Er deutete auf ein moosgrünes Sofa an der Wand und wandte sich an seinen Enkel. »Was gibt es für ein Problem?«
»Der Killer ist ihr nach Nirwana gefolgt, und Rose glaubt, dass Guillory ihn auf sie angesetzt hat«, sagte Bren ohne Umschweife.
Eine fürchterliche Wut flammte in Rons Gesicht auf. Seine Augen schleuderten Blitze auf mich. »Wie bitte?«
Ich schrumpfte in mich zusammen. »Ich weiß es nicht mit Sicherheit ... einen richtigen Beweis habe ich nicht, aber ...«
Er starrte mich weiter an. »Ich bring ihn um«, sagte er dann mit unheilvoll grimmigem Lächeln so leise, dass ich ihn kaum verstand, und wandte sich wieder an Bren. »Erzähl mir alles von Anfang an.«
Bren schüttelte den Kopf. »Kann ich nicht. Sie hat mir auch noch nicht alles gesagt. Nur, dass er sich wie der übliche betrunkene Sprock benommen hat.«
Rons Blick wanderte zurück zu mir. »Wieso denkst du, dass Reggie dahintersteckt?«
Ich brachte kein Wort heraus. Etwas an seinem Funkeln
bewirkte, dass ich mich elend fühlte und ihn nur anstarren konnte. Ron schien das zu merken, denn er nahm seine Brille ab und rieb sich die Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger. »Bren, frag du sie«, sagte er und setzte die Brille wieder auf.
Bren setzte sich zu mir aufs Sofa. »Es ist schon okay, wirklich. Berichte ihm einfach alles. Was hat dich als Erstes auf den Verdacht gebracht?«
»Als der Plastobot hereinkam, hat er nicht den Sicherheitsdienst gerufen oder sonst was. Er hat mich umgestoßen, um mich an der Flucht zu hindern. Und er schien genau zu wissen, wann der Plastobot kommen würde.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Er meinte, ich sei hübsch, und es sei schade, was mit mir passieren würde.«
Ron stieß einen leisen Fluch aus. »Also gut.« Er drehte sich zu seinem Monitor um. »Ich werde jetzt sofort ein Suchprogramm starten, um zu prüfen, ob er irgendwelche Gelder abgezweigt hat.« Seine Finger bewegten sich flink über den Screen, seine Augenbrauen zogen sich zusammen. »So. Das wird ein Weilchen dauern, es gibt eine Menge Dateien abzudecken. In der Zwischenzeit solltest du mir alles sagen, was du weißt. War sonst noch etwas, das dich auf den Verdacht gegen ihn gebracht hat?«
Ich wollte weinen, als ich an all das dachte, was er zu mir gesagt hatte. Das Gespräch war so schlimm gewesen, dass ich die Unterbrechung durch den Mörder geradezu als Erleichterung empfunden hatte. »Er war so gemein«, sagte ich leise. »Er hat über Otto geredet und dass man ihn als gescheitertes Experiment aufgeben soll. Dabei hat er auch noch irgendwie ... mit mir geflirtet. Und er war so gefühllos, er meinte, die Dunkle Epoche sei das Beste für alle gewesen.«
Bren guckte zweifelnd. »Bist du sicher?«
»Ich denke mir das nicht aus.«
»Das unterstelle ich dir auch nicht, aber hast du ihn richtig verstanden? Ich meine, Reggie ist zwar ein Arschloch, aber so eine Aussage würde ich nicht einmal ihm zutrauen. Das wäre ja, als würde man einen Holocaust als ziemlich prima Idee bezeichnen.«
»Na ja«, räumte ich ein, »ich weiß nicht mehr, ob er sich wirklich auf die Dunkle Epoche bezogen hat. Vielleicht meinte er auch, das Beste für alle sei der Tag gewesen, an dem meine Eltern ... starben.« Das letzte Wort brachte ich kaum heraus. »Aber das ist ... na ja, das ist doch der Grund, weshalb ich so lange in Stasis gelassen wurde. Wenn sie nicht gestorben wären ...«
Ron unterbrach mich mit einem Stöhnen und warf sich in seinem Sessel zurück, der geräuschlos
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