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Während ich schlief

Während ich schlief

Titel: Während ich schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Sheehan
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durchmachte. Wenn ich nach nur zwanzig Jahren herausgelassen worden wäre, hätte ich wahrscheinlich nach zwei Monaten wieder normal essen können. Im Gegensatz zu jetzt. »Aber ... er hat gesagt, neun Jahre ...«

    »Ja«, sagte Bren sehr sanft. »Großvater sagt, sie hätten sehr sorgfältig darauf geachtet, dass niemand davon erfuhr oder sich darum kümmerte, dass du kaum älter wurdest. Deshalb konnte ich auch keine Geburtsurkunde oder etwas Ähnliches von dir finden. Sie taten alles, was in ihrer Macht stand. Schickten dich auf immer neue Schulen. Tilgten Fotos von dir aus Veröffentlichungen. Schotteten dich von allem ab, nahmen dich nur zu offiziellen Anlässen mit.« Er senkte den Blick. »Schüchterten dich ein. Vielleicht wollten sie dich irgendwann herausholen, aber ...«
    »Noch einmal neun Jahre.« Ich konnte es nicht begreifen. »War ich wirklich so schlimm?«
    Bren warf eine große Glasscherbe in den Mülleimer. »Niemand kann so schlimm sein.«
    »Ich hätte meine Mutter nicht anschreien sollen«, sagte ich.
    Bren ging um den Scherbenhaufen herum und hockte sich ein kleines Stück hinter mich. »Ich schreie meine Mutter dauernd an. Dann schickt sie mich auf mein Zimmer. Irgendwie scheint mir die Stasis keine gleichwertige Bestrafung zu sein.«
    »Es war keine Bestrafung!«, sagte ich und drehte mich zu ihm um.
    Bren verzog keine Miene. »Ach nein?« Er nahm meine Hand und zog mich hoch, ging wieder mit mir zur Couch. Legte mir einen Arm um die Schultern und hielt mich an sich gedrückt. Kleine Spinnen krochen über meine Haut, wo er mich berührte, kleine zarte Spinnen mit vielen kitzelnden Beinchen.
    »Nicht«, sagte ich und entzog mich ihm.
    »Darf ich nicht dein Freund sein?«, fragte Bren.
    »Das bist du, aber ... Ich bin noch nicht über dich hinweg, okay? So was ist verwirrend.«
    »Oh. Sorry.« Er ließ mich los.

    Ich vergrub den Kopf zwischen den Händen. »Oh Gott, das ist alles so peinlich!«
    »Was denn?«
    »Du weißt all diese Sachen über mich. Das ist nicht gerecht. Erzähl mir was.«
    »Was denn?«
    »Egal. Irgendetwas Persönliches. Ich kenne dich kaum.«
    Bren lachte in sich hinein. »Na ja, da gibt es nicht viel zu erzählen«, sagte er. »Mein Leben dreht sich vor allem um Tennis, und ich habe fest vor, es nach der Highschool aufzugeben. Zumindest die Turniere. Ich war noch nie verliebt, weil mich die Vorstellung irgendwie erschreckt. Ich war noch nie länger als zwei Wochen von ComUnity weg und werde wahrscheinlich nach dem Studium wieder hier landen, einfach weil mir der starke Antrieb fehlt, etwas anderes zu machen.« Er seufzte. »Ziemlich deprimierend, jetzt, wo du mich danach fragst. Ich neige dazu, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen. Das Aufregendste, was ich bisher erlebt habe, war in diesem Kellergeschoss.«
    Ich zog die Augenbrauen hoch. »Du meinst, ich bin das Interessanteste, was dir je passiert ist?«
    »Genau. Aber das ist nicht weiter erstaunlich. Rose – du bist das interessanteste Ereignis für die gesamte Menschheit, seit man Leben auf Europa entdeckt hat.«
    Wieder ein Anklang an Otto. Als wären wir Schicksalsgenossen.
    »Selbst wenn du nicht Mark Fitzroys Tochter wärst, wäre es eine Weltsensation, jemanden nach so langer Zeit in Stasis zu finden ...«
    Ich seufzte. »Ich wusste, dass ich ein Freak bin.«
    »Du könntest recht haben«, sagte Brens Großvater, der mit langen Schritten hereinkam. Ich hielt das zuerst für eine Antwort
auf mich, aber er redete gleich weiter. »Reggie hat vor Kurzem eine beträchtliche Summe von einem der Firmenkonten abgehoben. Nicht genug für einen Plastobot, aber er könnte noch andere Gelder umgeleitet haben. Ich prüfe das weiter.«
    Bren stand auf und machte mit dem Aufräumen weiter. »Meinst du, du kannst das alles zurückverfolgen, wenn er es war?«
    »Ich hoffe es.« Ron sah mich an. »Mach dir keine Sorgen. Das kommt schon in Ordnung.«
    Aus irgendeinem Grund glaubte ich ihm.
    Teils wollte ich mich wieder hinlegen und schlafen, teils fand ich keine Ruhe. Ich sah zu Bren hin und überlegte, ihm weiter beim Saubermachen zu helfen, aber etwas an seiner Haltung sagte mir, dass er nachdenken wollte und ich ihn nur stören würde.
    Also nahm ich mein Skizzenbuch zur Hand. Ich hatte meine Zeitrafferserie von Xavier beendet und musste etwas Neues beginnen. Für eine meiner Landschaften war ich nicht in Stimmung – zu aufgewühlt. Bren wollte ich auch nicht zeichnen  – zu kompliziert. Stattdessen nahm ich

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