Waffenschwestern
gefoltert und verschleppt - und alle Welt gibt mir die Schuld.«
Luci bedachte sie mit einem langen, kühlen Blick und
schüttelte langsam den Kopf. »Du magst Landbraut sein und Flottenoffizier und Heldin mit Ordensspangen, aber du hast dich benommen wie ein zum ersten Mal verknalltes Schulmädchen.
Deine Birne ist völlig zu Brei geworden.«
»Was! ?« Nach dem vorangegangenen Gespräch hatte Esmay
mit so was wie Mitgefühl gerechnet, nicht damit.
»Ja«, sagte Luci und nickte. »Ich schätze, ich sehe auch den Grund – überhaupt keine Erfahrung. Aber trotzdem – wie albern du dich benommen hast! Ich möchte dir was sagen, Kusine: Falls du nicht zu Barin zurückkehrst, wo immer er steckt, und ihm alles erzählst – warum du bei Brun hochgegangen bist und dass du ihn liebst – wirst du dich als totale, komplette Idiotin bewiesen haben.«
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Esmay war so erschrocken, dass es ihr die Sprache raubte; dabei bemerkte sie, wie sehr Luci das genoss, was ihre erste Gelegenheit sein musste, eine ältere Person zurechtzuweisen.
»In Ordnung, es war deine erste Liebesaffäre. Aber du hast jeden nur möglichen Fehler gemacht.«
»Welche zum Beispiel?«, fragte Esmay.
»Zum Beispiel, es ihm nicht zu sagen. Es dieser Brun nicht zu erzählen. Vielleicht gehört sie ja zu der Sorte, die nur des Spaßes halber anderen Leuten die Liebhaber ausspannt, aber falls du es ihr nicht mal gesagt hast…«
»Wie konnte ich? Wir hatten keine … Und es gibt sowieso Vorschriften…« Rasch umriss sie die relevanten Abschnitte des Verhaltenskodexes.
»Blödsinn«, entgegnete Luci selbstsicher. Sie war in
Hochform, bereit, Vorträge zu halten, anscheinend stundenlang
… Esmay fragte sich, ob sie sich Brun gegenüber selbst so verhalten hatte. Kein Wunder, dass Brun wegstolziert war; hätte Esmay gewusst, wie man wegstolziert, hätte sie es jetzt selbst getan. »Du hast Barin nicht ausgenutzt. Gefühlsmäßig bist du jünger als ich. Du könntest dich auch in vernünftigem Maße vorsichtig und professionell geben, ohne gleich zum Eiszapfen zu werden.«
»Ich weiß nicht…«
»Ich schon. Du bist ein Idiot, wenn du hier herumsitzt und mit der Rolle der Landbraut herumspielst, obwohl du dir eigentlich gar nichts aus dem Land machst…«
»Ich mache mir viel aus dem Land!«
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»Abstrakt schon. Und du möchtest gern, dass es hier
unverändert auf dich wartet, wenn du zu Besuch kommst. Aber du kannst mich nicht davon überzeugen, dass du wirklich mit dem Herzen bei Fragen bist wie, ob die Uferweiden durch Zäune aufgeteilt werden, die eine niederfrequente Intensivbeweidung ermöglichen, oder ob sie offen bleiben und nur alle zwei Jahre abgeweidet werden.«
»Ah … nein.« Esmay versuchte sich zu erinnern, was eine
»niederfrequente Intensivbeweidung« war.
»Oder ob wir aufhören, Cattelope-Zuchtmaterial von
Garranos zu kaufen, und unsere eigene Zucht aufbauen, und falls ja, nach welchen Kriterien.«
»Eigentlich nicht…« Sie wusste gar nicht, dass sie Cattelopes bei den Garranos kauften.
»Oder ob wir neue Wurzelstöcke für Nussbäume holen oder neue Varianten den alten aufpfropfen.«
»Ich schätze, nein.« Wurzelstöcke? Aufpfropfen? Sie hatte gar nicht gewusst, dass sich ihre Urgroßmutter in diesen Dingen ausgekannt hatte.
»Also dann. Du hast dir immer eine größere Welt gewünscht und dir Zugang dazu verschafft. Du hast dort die Liebe gefunden – was beweist, dass es für dich die richtige Entscheidung war.« Das war eine Argumentation, wie sie Esmay noch nie gehört, geschweige denn sich selbst überlegt hatte. »Lasse nicht zu, dass dir das irgendjemand wegnimmt«, schloss Luci triumphierend.
»Sie können es«, sagte Esmay traurig. »Sie können mich
auffordern, das Offizierspatent zurückzugeben…«
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»Haben sie es?«
»Nein, noch nicht, aber Admiral Hornan hat eine Andeutung fallen lassen.«
»Ihr habt doch bestimmt mehr als nur einen Admiral. Esmay
– du bist älter als ich und jetzt auch das Familienoberhaupt, aber du kannst keine gute Landbraut sein, wenn dein Herz anderswo beschäftigt ist. Du wünschst dir eine Flottenkarriere, du wünschst dir diesen Barin – also hol dir beides! Niemand in unserer Familie war jemals schüchtern in der Verfolgung seiner oder ihrer Ziele. Brich jetzt nicht mit dieser Tradition!« Luci lehnte sich mit verschränkten Armen zurück und sah Esmay provozierend an.
Esmays innerer Aufruhr legte sich allmählich. Für Luci
schien es so einfach, und es
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