Waffenschwestern
Plan am Schott. »Wir sind normalerweise immer etwa eine Woche später hier.«
»Ja, aber sie ist nicht eingetroffen. Die Leute hier klangen allerdings nicht sonderlich besorgt.«
Esmay meldete dieses Gespräch abzüglich des besonderen
Hochgenusses, der für das Geburtstagsessen des Kommandanten geplant war, an Kommandant Solis.
203
»Sie wirken nicht besorgt … interessant. Ich denke, wir reden mal mit dem hiesigen Schiffsagenten von Boros.«
Die Boros-Agentin, eine Frau mittleren Alters mit flachem Gesicht, zuckte über Kommandant Solis' Sorgen nur die
Achseln.
»Sie wissen ja selbst, Kommandant, dass Schiffe nicht immer pünktlich sind. Käpten Lund wird langsam ein bisschen alt – es soll seine letzte Tour sein –, aber wir vertrauen auf seine Ehrlichkeit.«
»Ich stelle nicht seine Ehrlichkeit in Frage, sondern sein Glück. Wie oft hat er sich früher verspätet?«
»Lund? Er ist auf mehr als dreiundneunzig Prozent aller Touren pünktlich gewesen und in den letzten fünf Jahren immer.«
»Und Sie definieren pünktlich als …«
»Auf vierundzwanzig Stunden genau, von Dock zu Dock.«
»Auf allen Etappen?«
»Na ja … lassen Sie mich mal nachsehen.« Die Frau rief eine Datei auf und las darin. »Ja, Sir. Tatsächlich war er auf der Etappe, die hier endet, oft zwölf bis vierundzwanzig Stunden zu schnell.«
»Wann hätten Sie ein überfälliges Schiff gemeldet, falls wir jetzt nicht gefragt hätten?«
»Die Politik unseres Unternehmens ist eine Wartezeit von drei Tagen … zweiundsiebzig Stunden … bei jeder Fahrt, plus einen weiteren Tag für jeweils zehn planmäßige Tage Flugzeit.
Bei der Elias Madero addiert sich das auf dieser Etappe auf 204
insgesamt zehn Tage. Von vorgestern an gerechnet, als sie fällig war, sind das …jetzt noch sieben Tage.«
Kommandant Solis schwieg auf dem Rückweg zum Schiff,
aber er rief Esmay in sein Büro, sobald sie wieder an Bord waren.
»Sie sehen ja das Problem … die planmäßige Transitzeit von Corian nach Bezaire, von Dock zu Dock, beträgt
zweiundsiebzig Tage … wobei der größte Teil dieser Zeit mit dem Unterlichtantrieb verbracht wird. Falls man die Zeit von Funkfeuer zu Funkfeuer bedenkt, hätte das Schiff nur sechzehn Tage außer Scannerreichweite sein dürfen.«
»Wie lauten die Scannerdaten von Corian?«
»Normaler Systemaustritt. Der genehmigte Kurs sah so
aus…« Solis deutete auf die Diagramme. »Damit sind die
geplanten Transitzeiten sehr knapp bemessen … falls das Unternehmen wirklich so enge Flugpläne macht, dann ergibt es Sinn, etwas Spielraum zu gewähren. Ich würde jedoch erwarten, dass jemand auf dieser Route wenigstens bei dreißig Prozent aller Touren die Zeit überschreitet. Und bei der Elias Madero war das nicht der Fall. Sagt Ihnen das irgendetwas?«
»Sie haben eine Abkürzung benutzt«, sagte Esmay prompt.
»Das müssen sie einfach.«
»Richtig. Jetzt müssen wir nur herausfinden, wo.«
»Jemand bei Boros müsste es wissen«, sagte Esmay.
»Ja – aber falls es ein illegaler Transit ist, nicht kartographiert oder so was, möchten sie es uns vielleicht nicht verraten.
Sagen Sie mir, Lieutenant, wen würden Sie empfehlen, um ein bisschen leise herumzufragen?«
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Esmay ging in Gedanken die Besatzungsliste durch, fand
jedoch keine hilfreichen Hinweise auf Verschlagenheit; dazu war sie noch nicht lange genug mit ihnen zusammen. Sie griff auf die Tradition zurück. »Ich würde Chief Arbuthnot fragen, Sir.«
»Gute Antwort. Sagen Sie ihm, wir brauchen jemanden, den man mit einem zwielichtigen Charakter verwechseln könnte, jemanden, der einen Stein überreden könnte, ihm Antwort zu geben.«
Chief Arbuthnot wusste genau, wen Esmay brauchte, und
versprach, den »jungen Darin« sofort loszuschicken. Die Antwort, die schließlich mehrere Tage später eintraf, fiel wie erwartet aus, war aber nicht übermäßig hilfreich.
»Ein Doppelsprungsystem«, sagte Solis, als er die Daten entgegengenommen und den blassgesichtigen Darin entlassen hatte. »Hmm. Mal sehen, ob wir jemandem bei Boros eine
Bestätigung abringen können. Wahrscheinlich ist das Schiff in einen verschobenen Sprungpunkt gelaufen.«
»Warum sollte jemand, der kurz vor der Pensionierung steht, das riskieren?«, fragte sich Esmay laut.
»Wahrscheinlich hielt er ihn für stabil. Manche dieser
Systeme sind jahrzehntelang stabil, aber das heißt noch nicht, dass sie sicher sind.«
Etwas kitzelte Esmays Gedächtnis. »Falls … sie Konterbande an
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