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Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel

Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel

Titel: Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke
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ein Vergewaltigungsopfer ist, keine Mörderin.«
    »Okay. Lassen wir die Arends in Ruhe schlafen, bevor wir sie morgen ins Gebet nehmen.«
    »Ja.«
    Christine schnappte sich Figur und Brief, sie löschten das Licht und verließen die Wohnung.
    »Ich bring die Sachen noch schnell in die Polizeiinspektion«, sagte Christine auf dem Weg zu ihrem Auto. »Dann können die von der Spusi das morgen früh gleich unter die Lupe nehmen.«
    Oda, die ihr Fahrrad nach dem nachmittäglichen Versuch, Volker Wilken zu befragen, hier stehen lassen hatte, nickte dankbar. »Dann schwing ich mich jetzt auf den Sattel und radel heim. Mal gucken, was mich da erwartet. Alex hat mir eine Pizza versprochen. Aber die wird wohl entweder schon verzimmert oder zumindest kalt sein.«
    Christine hörte die gleiche Resignation aus Odas Stimme, die sie selbst empfand.

Freitag
    Als ob das Wetter geahnt hatte, dass es heute keinen Anlass zum Jubilieren gab, waberten Nebelschleier über den Boden, als Katharina Arends zum Stützpunkt fuhr. Raureif plusterte die kahlen Äste der Sträucher und Bäume auf und verlieh ihnen ein bizarres winterliches Kleid.
    Alles schien normal zu sein, als sie an Bord ging, doch ein morgendliches Streitgespräch mit ihrem Vater hing ihr nach. Wenn es aus Kostengründen nicht unvernünftig gewesen wäre, hätte sie schon längst ihr Zimmer im elterlichen Heim gegen eine kleine Wohnung getauscht. Aber sie hatte Ziele, die ein gewisses Finanzpolster voraussetzten. Deshalb riss sie sich zusammen, wenn sie nicht mit der »Jever« im Einsatz oder auf Übungsfahrten war, zumal sie wusste, wie sehr ihre Mutter an ihr, dem einzigen Kind, hing. Ihr Vater hingegen hatte nie einen Hehl aus seiner Enttäuschung darüber gemacht, dass seine Frau ein Mädchen statt eines Jungen geboren hatte. Vier Fehlgeburten und eine Totgeburt hatte ihre Mutter noch durchstehen müssen, bevor der Vater eingesehen hatte, dass es keinen Stammhalter geben und Katharina sein einziges legitimes Kind bleiben würde. Früh schon hatte sie gespürt, wie wichtig ihrem Vater ein Sohn gewesen wäre, und so hatte Katharina sich für alles interessiert, was auch die Jungen in ihrer Klasse begeisterte. Statt mit Puppen hatte sie mit Autos gespielt und ihre Kindheit in seiner Werkstatt verbracht. Schraubschlüssel, Motoröl und der Geruch von Autoreifen hatten sie all die Jahre hindurch begleitet. Einen Friseursalon hatte sie nie betreten, ihre Mutter hatte zur Schere gegriffen, wenn die Haare zu lang wurden. »Die Ausgabe können wir uns sparen«, hatte der Vater immer gesagt, wenn Katharinas Mutter ihn bat, dem Mädel doch die Möglichkeit zu geben, eine eigene Frisur auszusuchen. Katharina hatte sich daran gewöhnt und trug die Haare auch heute noch stets zu einem Zopf oder Knoten zusammengefasst. Es war praktisch. Das allein zählte.
    Nicht einmal eine halbe Stunde nachdem sie an Bord gegangen war, saß Katharina mit geradem Rücken am Tisch auf der Kammer des Kommandanten. Das war ungewohnt, und sie fühlte sich unwohl, zumal sich der Kommandant nicht im Raum befand.
    »Herr Tieden war so freundlich, uns für dieses außergewöhnliche Gespräch seine Kammer zu überlassen«, sagte Oda Wagner, die ihr gemeinsam mit der anderen, der Blonden, gegenübersaß. Katharina vermutete, dass der dieses saloppe »Herr Tieden« nicht über die Lippen gekommen wäre. Bei diesem Ausdruck sträubten sich Katharinas Nackenhaare. Diese Zivilisten hatten überhaupt keine Ahnung von dem, was wichtig und auch richtig war. Denn auch in der Anrede ging es um Befehl und Gehorsam, um Wahrung der Hierarchie, was im Ernstfall überlebenswichtig sein konnte.
    »Wir sollen Sie von Volker Wilken grüßen«, sagte Christine Cordes.
    Katharina legte die Stirn in Falten. »Vom Zwo NO ? Wieso?«, fragte sie verhalten.
    Oda Wagner warf ihrer Kollegin einen Blick zu. Daraufhin zog die aus ihrer großen Ledertasche eine Plastikhülle, aus der sie einen handgeschriebenen Brief nahm und ihr hinhielt.
    »Was soll ich damit?«, fragte Katharina.
    »Sie können ihn ruhig anfassen. Es ist eine Kopie«, sagte Christine Cordes. Zögerlich nahm Katharina das Blatt. Las, was Volker geschrieben hatte. Wortlos legte sie es anschließend auf den Tisch.
    »Und?«, fragte Oda Wagner.
    »Was und?«, konterte Katharina.
    »Na, irgendwas müssen Sie doch denken bei so einem Brief.«
    »Warum?« Katharina hörte selbst, dass ihre Stimme fiepsig klang.
    »Es ist ein Abschiedsbrief«, stellte Oda Wagner mit

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