Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel
Wie konnten die so ausgelassen sein?
Volker versuchte sich auf Katharina zu konzentrieren, die schweigend auf ihren Teller stierte und dabei aß. Er mochte Katharina. Mit ihr konnte man reden, ohne in Oberflächlichkeiten zu verfallen, das gefiel ihm. Sie war selbst schon bei drei Einsätzen am Horn von Afrika dabei gewesen. Kannte die Anspannung, wenn die Sensoren der »Jever« ein verdächtiges Schiff ausgemacht hatten. Wenn aus den Bordlautsprechern die Befehle kamen, das bordeigene Speedboat und den Hubschrauber vorzubereiten, und das Boarding-Team sich bereit machte, sich im Schutz der Fregatte der Dau anzunähern. Einen friendly approach durchzuführen, wie es so schön hieß. Das war Adrenalin pur. Und Katharina kannte die Erleichterung, wenn es sich tatsächlich um Fischer und nicht um Piraten handelte. Das alles konnte in der Heimat niemand wirklich nachvollziehen. Diese Erfahrungen schweißten zusammen. Er räusperte sich. »Na ja, ich dachte irgendwie, dass wir jetzt zusammenhalten müssen.«
Katharinas Antwort bestand in einem fragenden Blick.
* * *
Noras Herz schlug schnell. Lutz’ Auto stand vor dem Haus. Was wollte er hier? Sie bückte sich zu Cora hinunter, die neben ihr Platz gemacht hatte und sie aufmerksam ansah. »Ja, meine Süße, ist gut. Ist alles gut«, sagte sie und knuddelte ihre Hündin. Es tat wirklich gut, Cora in diesen Tagen an ihrer Seite zu haben, sie gab ihr so etwas wie Sicherheit.
»Na, dann wollen wir mal«, sagte Nora laut und lief die letzten Meter bis zum Hauseingang. »Ich bin wieder da«, rief sie, als sie die Haustür hinter sich zuzog.
Ihre Mutter saß mit Lutz in der Küche. Nora registrierte, dass das Glas, das eine Latte macchiato enthalten hatte, fast geleert war, Lutz musste also schon länger da sein.
»Ich lass euch dann allein«, sagte ihre Mutter und stand auf. »Aber komm bitte noch kurz mit raus.« Sie sah Nora mit einem merkwürdigen Blick an. Ohne zu fragen, folgte Nora ihr und schloss die Tür.
»Was geht hier vor?«, fragte sie draußen. Normalerweise blieb ihre Mutter dabei, wenn Ute oder Lutz vorbeikamen, was allerdings sehr selten der Fall war.
»Was Lutz von dir will, weiß ich nicht. Aber die Kripo war hier. Kam heute früh, kurz nachdem du aus dem Haus warst. Sie sind vorhin erst wieder weg.«
Nora fiel fast die Kinnlade herunter. »Wie bitte?«
»Die hatten einen Durchsuchungsbeschluss. Und haben alles auf den Kopf gestellt.«
»Haben sie was mitgenommen?«
»Nein.«
»Haben Sie dir denn gesagt, wonach sie gesucht haben?«
»Auch nicht. Ich wollt’s dir nur sagen, bevor du mit Lutz sprichst. Wer weiß, in was Fabian verwickelt war. Also sei auf der Hut, mein Schatz.«
»Danke, Mama. Ist lieb von dir.« Nora atmete tief ein, drehte sich um und betrat die Küche.
»Haben wir neuerdings Geheimnisse, dass meine Mutter uns allein lassen muss?«, fragte Nora Lutz, der aufgestanden war und sie mit einem Küsschen auf die Wange begrüßte.
»Ich denke, es ist besser, wenn wir unter vier Augen reden.« Lutz setzte sich wieder und sah Nora zu, die gierig ein großes Glas Leitungswasser trank.
»Machen die Dinger so durstig?«
Nora verstand nicht, was Lutz meinte.
»Bitte?«
Lutz drehte sich um, zog aus der Hasentasche seiner über die Stuhllehne gehängten Wachsjacke einen Beutel und warf ihn auf den Tisch. »Das hier meine ich.«
Nora wurde blass.
»Ich hab im Internet nachgeguckt, denn dass das keine chinesischen Morcheln sind, hab selbst ich erkannt«, sagte Lutz. »Und was ist das andere hier für’n Zeug?«
»Wo hast du das her?« Langsam ging Nora auf den Tisch zu und ließ sich Lutz gegenüber auf den Stuhl fallen. Cora, die inzwischen auch genug Wasser aus ihrem Chromnapf geschlabbert hatte, legte sich zufrieden auf dem Fleecetuch an der Wintergartentür ab.
»Das spielt jetzt keine Rolle. Ich will wissen, was es damit auf sich hat.«
Fieberhaft überlegte Nora. Was sollte sie Lutz sagen? Und vor allem, wie viel sollte sie ihm erzählen? Sie hatte sich schon durch ihre spontane Reaktion verraten, konnte jetzt nicht mehr so tun, als ob sie keine Ahnung hatte, was das in dem Tütchen für Pilze waren. Sie beschloss, das Ganze als einmaligen Dummejungenstreich abzutun.
»Fabi hat gesagt, dass er was besorgen will. Was, das weiß ich nicht. Er meinte, das käme total super, Kumpels hätten ihm davon erzählt, und er wollte es auch mal ausprobieren.« Sie räusperte sich, sah Lutz an, doch der blickte stumm zurück. »Man soll
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