Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel
Oda. »Unter dem Nickname ›JeverFabi‹. Da bin ich natürlich gleich drauf gekommen, dass sich Fabian Baumann dahinter verbirgt. Garantiert hat der sich kolossal darüber amüsiert, dass diejenigen, die ihn im normalen Leben kennen und wissen, dass er das Zeug nimmt, ihn dort auch identifizieren können. Vielleicht waren die Postings auch eine Art versteckte Werbekampagne und für potenzielle Käufer aus seinem direkten Umfeld gedacht. Wäre doch plausibel. Finde ich. Oder wollte er seine Kollegen auf der Fregatte zu einem gemeinsamen Trip animieren?«
Christine stellte ihren Becher neben sich ab und verschränkte die Arme vor der Brust. »So oder so müsste er die Dinger irgendwo lagern, um sie anderen verkaufen oder zum gemeinsamen Rauchen anbieten zu können.«
»Oder zum Kauen«, warf Nieksteit ein.
»Zum Kauen?« Christine sah ihn mit großen Augen an.
»Zum Kauen. Die Pilze jedenfalls. Soll zwar ekelig schmecken, bringt aber wohl am ehesten die gewünschte Wirkung. Man kann daraus auch einen Tee zubereiten und trinken, aber dann verlieren sie an Wirkung, und du musst mehr davon nehmen.«
»Wie viel nimmt man denn überhaupt?«
Nieksteit zuckte mit den Schultern. »Na ja. Bei sechs bis neun Gramm soll es ein leichter bis mittlerer Trip, bei fünfzehn Gramm ziemlich heftig sein. Das versprechen zumindest die Verkäufer.«
»Und wie viel Gramm hat ›Jever-Fabi‹ genommen?« Christine konnte das Ganze noch immer nicht nachvollziehen.
»Ich hab seine Einträge in eine Datei kopiert und schick euch die per Mail«, sagte Oda. »Lest das einfach mal durch. Fabian Baumann schreibt schon seit drei Jahren Erfahrungsberichte in diesem Forum.«
»Wenn er auf diesem Sektor schon so lange aktiv war, aber weder die Kameraden noch die Freundin oder die Familie andeuten, dass er Drogenprobleme hatte, kann er die Sache im Griff gehabt haben. Es könnte auch einen Komplizen geben, bei dem das Zeug gelagert wird. Oder Baumann kauft es zwar auf seinen Namen, handelt den Kram aber sofort durch und behält nur das, was er selbst konsumiert«, sagte Siebelt.
»Möglich«, stimmte Oda zu.
»Na dann … sollten wir es herausfinden.« Christine griff nach ihrem Kaffeebecher, um ihn in die Geschirrspülmaschine der Teeküche zu stellen.
»Nimmst du meinen mit?« Nieksteit drückte ihr seinen Becher in die Hand.
»Ich hab noch«, sagte Oda ungefragt. »Und ich werd gleich wohl besser noch Kaffee nachfüllen. Der Tag wird sicher lang.«
Sie wollten das Büro schon verlassen, als Lemke, der sich nur selten an Diskussionen beteiligte, weil er wie ein kleiner Maulwurf lieber im Hintergrund wühlte, fragte: »Habt ihr mal daran gedacht, dass es auch einen anderen Grund geben könnte als den, dass Baumann seine Bestellungen umgehend an andere weiterverkauft oder bei einem geheimnisvollen Komplizen zwischengelagert hat?«
»Wie meinst du das?«, fragte Christine. Lemkes verschmitztes Lächeln erinnerte sie für einen Moment an das von Nieksteit, wenn diesem mal wieder ein genialer Gedanke gekommen war.
»Baumann könnte dieses Zeug doch ebenso gut einfach nur bestellt und aufgebraucht haben? Vielleicht gibt es keine Vorräte, weil Baumann gar keine braucht. Könnte doch sein, dass ihr euch mit euren Drogen-Überlegungen in diesem Fall total vergaloppiert habt.«
Einen kurzen Moment lang schwiegen die anderen verdutzt.
»Dann müssten wir noch einmal komplett neu ansetzen«, sagte Christine schließlich nachdenklich. »Der Einwand lässt sich jedenfalls nicht so einfach von der Hand weisen.«
* * *
Die einfachste Art, an eine Personenidentifikation zu kommen, war durch ein Foto. Praktischerweise hatte die für die Presse zuständige Frau Oberbootsmann des Marinestützpunktes von den Besatzungen der meisten Schiffe Mannschaftsfotos. Auf Lemkes Anfrage hin hatte sie ihnen gestern Abend noch einige Fotos zukommen lassen. So konnten Oda und Christine nun mit einem Farbausdruck der Besatzung der Fregatte »Jever« zum Seglerheim am Nassauhafen fahren.
Es regnete. Oda kam es vor, als ob der Novemberregen in diesem Jahr nur dann eine Pause einlegte, wenn sich Nebel über dem Jadebusen ausbreitete. Normalerweise war sie überhaupt nicht wetterfühlig, zurzeit aber zogen das Grau und der Regen ihre Stimmung nach unten und machten sie depressiv.
»Du musst mal zum Frauenarzt und deine Hormone überprüfen lassen«, hatte Jürgen neulich vorgeschlagen, »vielleicht kommst du ja in die Wechseljahre. Ich hab gelesen, dass Frauen dann
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