Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel
wollen.
Er zog sie in seinen Arm, küsste sie auf den Haaransatz.
Der Wind zerrte an ihrer Jacke, an ihren Haaren und fuhr unter den Stoff ihrer Jeans; sie trug nur einfache Sneaker mit kurzen Söckchen. Es fühlte sich gut an in Lutz’ Arm. Warm und geborgen. Trotz allem.
»Sie waren in seinem Spind an Bord«, sagte er in ihr Haar hinein.
»In seinem Spind?« Verdutzt schob Nora Lutz so weit von sich, dass sie ihm in die Augen blicken konnte. »Wie kommst du denn da ran?«
Das Lächeln, mit dem Lutz sie jetzt ansah, verursachte Nora Unbehagen.
»Ach Kleine«, sagte er. »Ich bin lange genug in dem Laden und weiß, wo ich wann welche Weichen stellen muss, um an mein Ziel zu kommen.«
In diesem Moment hatte Lutz so viel Ähnlichkeit mit Fabian, dass sie trotz ihrer dicken Jacke eine Gänsehaut bekam. »Was meinst du damit?«
»Nora, du glaubst doch nicht, dass mir irgendetwas von dem, was die Marine über die Ermittlungen in dem Fall weiß, fremd ist. Ich habe meine Kontakte an Bord. Und ich werde nicht zulassen, dass irgendetwas auch nur einen klitzekleinen Schmutzfleck auf Fabis Lebenslauf hinterlässt. Deshalb hat die Polizei keine Pilze gefunden. Ich hab sie vorher bekommen. Und du wirst mir erzählen, wo er sie herhat. Was er damit vorhatte und wie lange ihr mit dem Zeug schon herumexperimentiert.« Bei diesen Worten umfasste Lutz mit seiner Hand Noras Kehle. Das tat weh. Sein Gesicht näherte sich ihrem. »Erzähl’s mir«, sagte er flüsternd. »Ist der Sex besonders gut, wenn man diese Dinger genommen hat? Kommst du dann in einer Tour? Vielleicht sollten wir beide das auch mal zusammen ausprobieren. Immerhin hat Fabi dich mir ja sozusagen hinterlassen.« Lutz’ Mund näherte sich dem ihren.
Augenblicklich schoss Noras Mageninhalt nach oben.
* * *
»Nichts.« Oda drückte zum dritten Mal auf den Klingelknopf neben dem Schild »Kleen«. Christine zuckte mit den Schultern.
»Dann müssen wir eben warten, bis er von seinem Wochenendbesuch zurück ist, oder wir rufen ihn über Handy an.«
»Nee«, widersprach Oda. »So eilig ist das nun auch wieder nicht, am Telefon kann der uns ja sonst was vorlügen. Ich will sehen, wie er guckt und gestikuliert. Warten wir also bis Montag.«
»Wen suchen Sie denn?«, fragte ein korpulenter Mann von Anfang fünfzig mit grau meliertem, flottem Kurzhaarputz und einem Ansatz von Dreitagebart, der seinen Schlüsselbund zückte und die Haustür öffnete.
»Malte Kleen«, erklärte Oda auskunftsfreudig. »Wir wollten ihn sprechen, aber er scheint nicht zu Hause zu sein.«
»Ich hab Sie noch nie hier gesehen.« Der Mann legte seinen Kopf schief und begutachtete sie von oben bis unten. »Altersmäßig passen Sie auch nicht zu Kleen. Es geht wohl um den Mord an dem jungen Mariner, der mit Kleen auf der ›Jever‹ fuhr. Sind Sie von der Presse?« Sofort schien der Mann willens, alles breitzutreten, was er wusste. Egal, wie viel oder wenig das auch sein mochte.
»Nö. Wir sind von der Kripo«, sagte Oda.
»Ach so.« Der Mann war sichtlich enttäuscht.
»Ja.« Oda strahlte ihn an. »Und ich wette, Sie haben ’ne Menge mitbekommen, denn jemand wie Sie, der passt doch auf.«
Glücklicherweise nahm der Mann Oda diese Ansicht nicht übel. Er sah sie nicht als Unterstellung, ein Schnüffler zu sein, sondern freute sich.
»Das stimmt«, sagte er und nickte. »Ich bin der Hausmeister, da habe ich natürlich ein Auge auf alles, was vor sich geht. Wir haben hier immerhin schon den einen oder anderen Rabauken unter den Mietern gehabt. Davor kann man sich ja gar nicht schützen, man guckt den Menschen schließlich nicht hinter die Stirn. Kleen ist aber ziemlich ordentlich, auch wenn er das Treppenhaus in seiner Kehrwoche gründlicher fegen könnte.«
»Kennen Sie seine Freunde?«
»Seine Freunde?« Ein schweres Ausatmen folgte, das sicherlich dem deutlichen Übergewicht des Mannes zuzuschreiben war. Bluthochdruck hatte er wohl auch, sein Gesicht war ziemlich rot. Oda ließ ihm etwas Bedenkzeit.
»Also, Partys feiert Kleen nicht. Gott sei Dank, kann ich nur sagen, denn das würde die Hausgemeinschaft nicht dulden. Sind überwiegend ältere Mieter«, fügte er erklärend hinzu. »Aber ab und zu hat er Besuch von seinen Skatkumpels.«
»Ach. Sie kennen ihn so gut, dass Sie wissen, dass er Skat spielt? Erzählen Sie uns doch mehr über ihn.«
»Na ja. So gut kenne ich ihn auch wieder nicht«, wiegelte der Hausmeister ab. »Ich weiß das mit dem Skat ja nur, weil ich immer die
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