Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel
ihre Hoffnung, »ich war ja noch nicht fertig.«
»Nicht?« Die Enttäuschung klang in ihrer Stimme mit.
»Wenn du einen nicht permanent unterbrechen würdest, hätte man auch mal die Möglichkeit, Dinge zu Ende zu erzählen.«
»Ach, ich unterbrech permanent?«
»Oda«, wies Nieksteit sie mit einem breiten Lachen auf dem Gesicht zurecht. »Nun lass Gerd doch erst mal ausreden.«
»Okay. Ich bin eh aus der Puste.« Sie holte tief Luft, als sie auf dem Flur angekommen waren, auf dem die Büros des K1 lagen, und stemmte die Hände in ihre Hüften. »Also schieß los.«
»Auf der kleinen Flasche befanden sich außer Kleens Fingerabdrücken noch andere.« Manssen sah sie auffordernd an.
»Andere.«
»Jawoll. Und deren Ursprung ist überaus interessant.«
* * *
»Gut, ich geb zu, du hast recht.«
Christine glaubte, nicht richtig zu hören, als sie Carsten diesen Satz sagen hörte. Argwöhnisch runzelte sie die Stirn, aber natürlich konnte Carsten das durchs Telefon nicht sehen.
»Äh …« Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Da saß sie, in Arbeit versunken, hatte seit heute früh nicht an Carsten gedacht, und nun kam er mit so etwas, einfach mittendrin. Sie räusperte sich in dem Versuch, etwas zu sagen. »Ahaäm …«
»Du hast recht«, wiederholte Carsten glücklicherweise, wo sie doch noch immer nicht wusste, was sie sagen sollte, »so geht das nicht. Du kannst Weihnachten nicht allein zu Hause sitzen und auf mich warten.«
Christine war völlig perplex. Was war das denn? Ein Umschwung um hundertachtzig Grad? »Äähmm …« Verdammt noch mal, war sie denn keines vernünftigen Satzes mehr fähig? »Kann ich nicht?«
»Nein. Das geht natürlich nicht. Darum möchte ich dir einen Vorschlag machen.« Carstens Stimme klang forsch und anpackend.
»Einen Vorschlag.« Christine kam sich vor, als sei sie Carstens Echo, aber die Überraschung war kolossal, und die Gedanken wirbelten durch ihren Kopf. Endlich hatte Carsten verstanden, was sie meinte. Endlich! Alles würde gut. Ein Glücksgefühl durchflutete sie, in diesem Moment hätte sie die ganze Welt umarmen können. Natürlich würden sie Weihnachten noch nicht mit seinen Kindern verbringen, dazu war die Vorlaufzeit zu kurz, aber sie würden Heiligabend doch noch beieinandersitzen, nachdem er mit seinen Kindern und seiner Noch-Gattin Bescherung gemacht, zu Abend gegessen hatte und die Kinder im Bett waren. Sie würde einen kleinen Tannenbaum schmücken, darunter die Geschenke für ihn legen. Nichts Großes natürlich, Kleinigkeiten, Dinge, die er im Laufe der letzten Zeit mal erwähnt hatte; Christine hatte sich alles notiert.
»Ich hab mir überlegt, dass es für dich doch besser wäre, wenn du statt am ersten Weihnachtstag schon am Heiligabend zu deiner Familie nach Hannover fährst.«
Bitte? Sie musste sich verhört haben.
»Dann bist du nicht allein, sondern hast deine Eltern und deinen Bruder mit seiner Familie um dich. Und wenn du am zweiten Feiertag zurückkommst, holen wir abends unser Weihnachten nach. Dann bin ich auch nicht so unter Druck. Anfang des Jahres werde ich mit Silvia reden. Das kann ich jetzt so kurz vor Weihnachten nicht machen, das verstehst du sicher.«
So kurz vor Weihnachten? Bis dahin waren es noch gute fünf Wochen. Und er wohnte seit über einem Jahr nicht mehr mit seiner Familie in einer Wohnung.
Christine spürte, dass ihre Kehle trocken war. Zu trocken, um zu antworten. Sie griff nach dem Glas Mineralwasser, das neben ihrem Monitor stand, und setzte es eben an den Mund, als die Tür aufflog und Oda hereinstürmte. Ihre Kollegin warf einen kurzen Blick auf Christine, das Telefon und das Glas Wasser und fragte: »Wichtig?«
Weil Christine in diesem Moment von allem völlig überfahren war, konnte sie nur ein hilfloses Gesicht machen.
»Leg auf«, sagte Oda. »Es gibt Neuigkeiten im Fall Baumann.«
»Ähh …« Selten in ihrem Leben hatte Christine so viel gestammelt wie in den letzten zehn Minuten. »Ja.«
Sie riss sich zusammen. »Ich melde mich später«, sagte sie in den Telefonhörer und legte auf, ohne Carstens Antwort abzuwarten. Dann wandte sie sich Oda zu. »Schieß los.« Mit einem Mal war die Trockenheit in ihrem Mund komplett verschwunden, und sie sprach wieder normal, ohne zu stottern.
Oda lehnte sich mit begeistertem Gesichtsausdruck an die Wand gegenüber Christines Schreibtisch. »Manssen hat bei Malte Kleen ein kleines Fläschchen mit K.-O. -Tropfen gefunden.«
»Also hat sich Kleen doch
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