Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel
zeigen. Vielleicht erkennt einer, ob es Malte Kleen oder ein anderer ist. Es geht auch gar nicht um Verdächtigungen, sondern nur um Hilfestellung. Denn wie Sie gerade zu Recht sagten, kann es auch eine Montage sein. Es würde vieles vereinfachen, wenn wir wüssten, wer uns das Bild geschickt hat und wer darauf abgebildet ist.«
»Und vor allem, was da im Hintergrund war«, fügte Oda Wagner hinzu. Dann sagte sie fröhlich: »Übrigens, falls Sie von diesem Laden mal die Nase voll haben … Leute mit Ihrer investigativen Art können wir gebrauchen.«
Volker lachte befreit. »Sie gucken also auch die Privatsender.«
»Ich sag nur, Sie sind ein schlaues Kerlchen«, erwiderte Oda Wagner.
»Wer ist ein schlaues Kerlchen?«, fragte eine sonore Stimme. Kommandant Tieden trat an ihren Tisch.
»Ihr Zwo NO «, sagte Oda Wagner. Volker schmunzelte darüber, wie schnell sich die Kommissarin an die Abkürzungen an Bord gewöhnt hatte.
»Jaja. Deswegen komme ich auch so gut mit ihm klar.« Tieden zog sich einen Stuhl heran. »Gibt es was Neues im Fall Baumann?« Er zeigte auf das Foto. »Darf ich?«
Christine Cordes nickte, und Tieden nahm das Bild in die Hand.
»Wir haben Herrn Wilken gerade gefragt, ob er uns sagen kann, wer der Mann ist«, erklärte Oda Wagner und umriss in kurzen Zügen das vorangegangene Gespräch.
* * *
Lutz Baumann gab Kaffeemehl in die Filtertüte der in die Jahre gekommenen Maschine, die er aus dem Keller heraufgeholt hatte. Mit dem Hightech-Ding, das Ute im letzten Jahr für knapp zweitausend Euro angeschafft hatte, kam er nicht zurecht. Ihm genügte eine Maschine, in deren Tank man Wasser füllte, deren Filter man mit Papiertüte und Kaffeemehl bestückte, dann auf einen Kippschalter drückte und ein paar Minuten später den Kaffee in der Kanne hatte. Die Maschine begann zu arbeiten, er hörte das Wasser in den Filter laufen und nahm die Milch aus dem Kühlschrank.
Im Büro hatte er Bescheid gesagt, dass er heute zu Hause bleiben würde, denn gleich stand das Gespräch mit dem Geistlichen an, der am Samstag die Trauerrede für Fabian halten sollte. Sie hatten die Beerdigung verschoben, damit Fabians Patenonkel, Lutz’ Bruder Peter, dabei sein konnte, der mit dem Versorger »Frankfurt am Main« übermorgen wieder in Wilhelmshaven ankommen würde.
Ute war noch nicht aufgestanden. Lag oben im Bett, vollgestopft mit Medikamenten. Heute jedoch hatte sie wohl noch nichts getrunken, er jedenfalls hatte nichts bemerkt. Vor einer Stunde hatte er ihr einen Tee hinaufgebracht und ein Rosinenbrot mit Butter. Jetzt hörte er die Schlafzimmertür.
»Ich geh unter die Dusche«, rief Ute von oben. »Muss ja vernünftig aussehen für das Gespräch.« Schon klappte die Badezimmertür.
Ja, das konnte sie schon immer gut. Nach außen vortäuschen, dass sie alles im Griff hatte. Lutz setzte sich an den großen Tisch im Esszimmer. Er hatte einen Strauß mit weißen Rosen und viel Grün gekauft, der malerisch aussah. Als Geschirr hatte er das Hutschenreuther von Utes Mutter genommen, das sie ihnen überlassen hatte, als sie aus ihrem eigenen Haus in die Seniorenresidenz gezogen war. Lutz wusste, dass Ute mindestens genauso großen Wert wie er darauf legte, dass es beim Empfang des Geistlichen vernünftig aussah.
Er griff zu einem der Fotoalben, die er auf den Tisch gelegt hatte. Fabians Alben. Ute hatte für jedes Kind Ordner angelegt, in die sie über all die Jahre hinweg Fotos geklebt hatte. Anfangs waren es noch solche, die auf Filmrollen geschossen und im Labor entwickelt werden mussten, später waren die Bilder mit digitalen Kameras aufgenommen worden. Ute hatte ihre Leidenschaft fürs Fotografieren entdeckt, und aus der ersten, noch einfachen Digitalkamera war im Laufe der Zeit eine digitale Spiegelreflexkamera geworden, mit extra Blitzaufsatz, wie bei den Profis. Lutz war froh, dass Ute, als die Kinder größer und inzwischen ja fast schon aus dem Haus waren, ihr Hobby intensiviert hatte. Sie besuchte Fotokurse, kannte sich mit Fotobearbeitung aus, und ihr Lieblingsspruch war, dass sie keinem Foto glaubte, das sie nicht selbst manipuliert hatte. So wie die Aufnahme, die Lutz an der Seite von Papst Benedikt XVI . zeigte und die sie neben die Porträtfotos der Kinder auf die Kommode im Wohnzimmer gestellt hatte. Gästen flunkerte sie mit diebischem Vergnügen vor, es sei als Schnappschuss bei ihrem letzten Rom-Besuch entstanden, in Wirklichkeit jedoch hatte Ute ihn einfach am PC neben den Papst
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