Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
imWasser vor und zurück. Dann stand sie auf, nahm meinen Arm und half mir aufzustehen. »Ich denke, du hast recht. Ich werde ihm sagen, dass er bis zum vierten Juli alles auf Eis legen muss, wenn es ihm mit unserer Beziehung ernst ist.«
    Nachdem ihr Entschluss jetzt feststand, glänzten ihre Augen wieder.
    »Das lässt mir Zeit bis Semesterschluss und einen Monat Sommerferien dazu. Ihm lässt es Zeit für seinen Schlussauftritt im Cow Palace in San Francisco, und er hat reichlich Zeit, sich darüber klar zu werden, ob er mit Blondie wirklich ganz und gar fertig ist. Recht so, lieber Vater?«
    »Ganz und gar.«
    »Da kommt der Kaffee«, sagte sie. »Bleibt die Frage: Wann gibt’s endlich Frühstück?«
     
     
     
     
     
     
    II Wireman kam nicht zum Frühstück am Morgen danach, aber er hatte uns den Bay Island Room von acht bis zehn Uhr reservieren lassen. Ich saß zwei Dutzend Angehörigen und Freunden, hauptsächlich aus Minnesota, bei Tisch vor. Dies war einer jener Anlässe, an die Leute sich noch jahrzehntelang im Gespräch erinnern, teils weil sie hier so vielen bekannten Gesichtern in exotischer Umgebung begegneten, teils weil die emotionale Atmosphäre so gespannt war.
    Einerseits herrschte eine fast mit Händen zu greifende Euphorie: Junge aus unserer Stadt feiert Erfolg. Das hatten sie in der Ausstellung gespürt, und ihr Urteil wurde durch die Morgenzeitungen bestätigt. Die Besprechungen in der Sarasota Herald Tribune und dem Venice Gondolier waren großartig, aber kurz. Mary Ires Artikel in der Tampa Tribune füllte dagegen fast eine ganze Seite und war hymnisch. Das meiste davon musste sie schon vorher geschrieben haben. Sie bezeichnete mich als ein »wichtiges neues amerikanisches Talent«. Meine Mutter - immer etwas sauertöpfisch - hätte gesagt: Mit dem und’nem Dime dazu kannst du dir bequem den Arsch abwischen. Natürlich war das ihre Redensart vor vierzig Jahren gewesen, als man für einen Dime noch deutlich mehr bekam als heute.
    Elizabeth verkörperte natürlich die Kehrseite der Medaille. Es gab keine Todesanzeige, aber auf der Seite mit Marys Artikel in der Tribune hieß es in einem Kasten: BEKANNTE MÄZENIN BRICHT IN FREEMANTLE-AUSSTELLUNG ZUSAMMEN. In der nur zwei Absätze langen Meldung stand, Elizabeth Eastlake, wohnhaft auf Duma Key und lange eine feste Größe in der Kunstszene Sarasotas, habe kurz nach ihrer Ankunft in der Scoto Gallery einen Schwächeanfall erlitten und sei ins Sarasota Memorial Hospital eingeliefert worden. Über ihren Zustand sei bis Redaktionsschluss nichts bekannt geworden.
    Meine Leute aus Minnesota wussten, dass am Abend meines Triumphs eine gute Freundin von mir gestorben war. Es gab Gelächter und gelegentliche Neckereien, dann Blicke zu mir hinüber, um zu sehen, ob ich etwas übel nahm. Um halb zehn lag mir das Rührei, das ich gegessen hatte, wie Blei im Magen, und ich bekam wieder mal meine Kopfschmerzen - erstmals seit fast einem Monat.
    Ich entschuldigte mich, um nach oben zu fahren. In dem Zimmer, in dem ich nicht geschlafen hatte, stand meine kleine Reisetasche. Beim Rasierzeug lagen einige Blisterstreifen des Migränemedikaments Zomig. Einen voll entwickelten Hurrikan der Stärke 5 konnte es nicht stoppen, aber wenn ich meine Dosis früh genug nahm, wirkte es meistens. Mit einem Cola aus der Minibar spülte ich eine Tablette hinunter. Erst als ich gerade wieder gehen wollte, sah ich die AB-Anzeige blinken. Ich hätte sie fast ignoriert, aber dann wurde mir klar, dass Wireman angerufen haben könnte.
    Wie sich zeigte, hatte ich ein halbes Dutzend Nachrichten. Die ersten vier waren Glückwünsche, die auf meinen schmerzenden Kopf fielen wie Hagelkörner auf ein Blechdach. Als ich zu Jimmys kam - er war die Nummer vier -, hatte ich schon angefangen, die Sechsertaste zu drücken, um die nächste Nachricht aufzurufen. Ich war nicht in der Stimmung, mir Komplimente machen zu lassen.
    Die fünfte Nachricht stammte tatsächlich von Jerome Wireman. Seine Stimme klang müde und wie betäubt. »Edgar, ich weiß, dass du ein paar Tage für Angehörige und Freunde reserviert hast, und bitte dich verdammt ungern um diesen Gefallen, aber können wir uns heute Nachmittag in deinem Haus treffen? Wir müssen miteinander reden, dringend! Jack hat hier im Palacio übernachtet - er wollte mich nicht allein lassen, er ist echt ein guter Junge -, und wir sind früh aufgestanden, um den roten Korb zu suchen, von dem sie geredet hat, und... nun, wir haben ihn gefunden.

Weitere Kostenlose Bücher