Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
Länderfinanzausgleich abzuführenden Beträge resultieren – es war jedoch völlig ungewiss, ob Verhandlungen hierüber Erfolg haben würden. Kopfschütteln wiederum ob dieser wunderlichen Antwort bei Parteifreunden ebenso wie bei der Opposition.
Zugleich aber kündigte Seehofer zum allgemeinen Erstaunen den Bau eines neuen Konzertsaals in München für 330 Millionen Euro an, den eines weiteren in Nürnberg für 50 Millionen sowie den Bau eines Museums für die Sudetendeutschen für 20 Millionen Euro, um deren Wählerstimmen einzufangen. Somit kein Schuldenabbau. Dann unversehens nur einige Wochen später: Seehofer bestimmt, dass 2013 eine Milliarde Euro für die Schuldentilgung ausgegeben werden.
All dieses Gebaren erinnert stark an die unvergesslichen Leistungen des F. J. Strauß beim Aufbau der Bundeswehr. Verfügt Seehofer etwa doch über die ihm von Michael Glos zugeschriebenen »außerirdischen« Fähigkeiten? In jedem Fall war und ist er ein Protagonist der Wechselhaftigkeit.
Schein und Sein
Seehofer gibt vor, der Freistaat Bayern habe einen nahezu ausgeglichenen Staatshaushalt. Das wird unterstrichen durch die erwähnte Tilgung der Schulden von einer Milliarde Euro und die angekündigte jährliche weitere Tilgung.
Doch der Schein trügt. Wenn Ausgaben zwingend notwendig wären, aber nicht getätigt werden, ist der Staatshaushalt eben nicht annähernd ausgeglichen. Neben anderen verqueren Einsparungen wird am Unterhalt für staatliche Gebäude und Straßen so heftig gespart, dass der Bayerische Oberste Rechnungshof warnte, die späteren Reparaturen kämen ungleich teurer. Bereits jetzt sei die Verkehrssicherheit eines Drittels der Staatsstraßen gefährdet. Gemäß einer Auskunft des Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage beträgt der aktuelle Reparaturstau hier bereits 734 Millionen Euro, die Regierung gab 2012 jedoch nur 102 Millionen Euro aus. Hinzukommen 1339 reparaturbedürftige Brücken, wofür 800 Millionen Euro aufzuwenden wären, für 2013 aber bloß 34 , 5 Millionen Euro eingeplant sind. Von einer »Zeitbombe« berichtete im Januar 2013 der Bayerische Rundfunk.
Die Gebäude der Universitäten sind teils so marode, dass der Sanierungsstau landesweit auf fünf Milliarden Euro veranschlagt wird. Bereits 2006 hatte der Rechnungshof den baulichen Zustand der Uni Regensburg gerügt. Das Seehofer-Kabinett hat inzwischen zwar vier Milliarden Euro für die Sanierung der Universitätsgebäude vorgesehen – jedoch verteilt auf zehn Jahre!
Dieser Rückstau an jetzt notwendigen, aber in die Zukunft verschobenen Reparaturen ist nichts anderes als eine vor den Bürgern versteckte Staatsverschuldung. Mit dem Zweck, sich selbst vor den anstehenden Wahlen als Politiker zu brüsten, der denen in den anderen Bundesländern turmhoch überlegen ist. Freilich, die Rechnung wird den Bürgern erst präsentiert, wenn Seehofer seine zweite Amtszeit absolviert hat.
Kommunikation
»Den Leuten eins überbügeln – das ist seine Art zu kommunizieren«, zitierte die Süddeutsche Zeitung ein Mitglied des CSU -Parteivorstandes. Seehofer hatte bei einer CSU -Weihnachtsfeier über Söder gesagt, er sei »vom Ehrgeiz zerfressen«, habe einen »pathologischen Ehrgeiz sowie charakterliche Schwächen« und leiste sich »zu viel Schmutzeleien«. Konnte das denn wahr sein, fragte man sich. Zugleich nannte Seehofer zu Guttenberg ein »Glühwürmchen« – was auf ihn selbst zurückfiel, denn er hatte ja maßgeblichen Anteil an seiner Ernennung erst zum Bundeswirtschaftsminister und dann zum Bundesverteidigungsminister. Den Bundesverkehrsminister Ramsauer machte er als »Zar Peter« verächtlich. Zu den anwesenden Journalisten sagte er, sie könnten das alles berichten.
So wie sein Vorbild Strauß kennt auch Seehofer keine Hemmungen, über Parteifreunde herzuziehen. Ein CSU -Abgeordneter bescheinigte ihm einen Mangel an Bescheidenheit.
Stupor mundi
Wegen seiner hohen intellektuellen Fähigkeiten wurde der von Sizilien aus regierende Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen »stupor mundi« genannt – das Staunen der Welt. Der Regent Horst Seehofer aus Ingolstadt erregt gerade wegen des ihm vielfach nachgesagten Fehlens solcher Fähigkeiten viel Erstaunen – in der politischen Welt und sogar in der CSU -Welt. Das berichtete die Süddeutsche Zeitung am 10 . Juli 2012 aus der CSU -Landesgruppe in Berlin. Dort sei man sehr verärgert über sein brachiales Auftreten. Bei den CSU -Bundestagsabgeordneten rumore es schon
Weitere Kostenlose Bücher