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Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition)

Titel: Wahnsinn Amerika: Innenansichten einer Weltmacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Scherer
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Verantwortung entlassen«, kündigt Obamas Innenminister Ken Salazar markig an, als er die Region besucht. Doch die Regierung weiß längst selbst, dass sie auf den Konzern angewiesen ist, um das Leck zu stopfen, wie auch immer er sich dabei inzwischen anstellt.
    Zudem gerät auch Washington ins Zwielicht, denn schon die Sicherheitsvorschriften, die BP als US-Lizenznehmer befolgen musste, waren verglichen etwa mit Norwegen oder Kanada sehr lückenhaft. Kontrollen überließen die Behörden den Konzernen selbst. Im Lizenzverfahren hatte BP angegeben, ein Unfall sei »theoretisch ausgeschlossen«. Ein zusätzliches Sicherheitssystem, das ein Leck am Bohrloch per Funksignal hätte schließen können, fand der Konzern zu teuer. Lobbyisten sorgten dafür, dass kein US-Gesetz es vorschrieb.
    »Wenn sich herausstellt, dass höhere Umweltstandards neue Unfälle verhindern, werden wir ohne solche Standards keine Bohrlizenzen mehr erteilen«, gibt sich Obama entschieden, als er ein mehrmonatiges Moratorium anordnet. Doch da erntet er schon erstes Murren im Parlament, er müsse die Arbeitsplätze der Ölbranche im Blick behalten. »Wir werden alles unternehmen, um unsere Natur zu schützen, die Betroffenen zu entschädigen und wiederherzustellen, was zerstört ist«, verspricht der Präsident zudem, als auch er nach Venice anreist, nicht ohne die geschundene Region zu loben. Die Menschen hier hätten schon oft Katastrophenfolgen gemeistert, spielt er auf Hurrikan »Katrina« an, der hier Jahre zuvor gewütet hat – und seinem Amtsvorgänger George W. Bush peinliche Kritik an seinem mangelnden Krisenmanagement einbrachte.
    Republikaner-Größen wie Sarah Palin warten nun darauf, dass Obama sich ähnliche Pannen leistet. Ausgerechnet sie, die auf ihrem Wahlparteitag noch lauthals für unbeschränkte Bohrlizenzen warb, hält dem Präsidenten in diesen Tagen vor, er sei »zu nah« an BP. Anderen gefällt der Vorwurf, Obama habe die Ölpest als Gefahr erfunden, weil er als Feind der Wirtschaft Bohrlizenzen ohnehin abschaffen wolle. Gelegentlich frage ich US-Kollegen, ob man Amerikaner sein müsse, um zu verstehen, wie jemand zugleich der Regierung vorwerfen kann, dass sie zu viel tut und zu wenig.
    Unterdessen lässt der Konzern eine 100 Tonnen schwere Stahlglocke zusammenschweißen, die er über dem Leck absenken will, um so das Öl durch Leitungen auf Tankschiffe zu lenken. Zudem testet er Chemikalien, die Ölmassen schon an der Quelle zersetzen sollen, damit sie weder die Meeresoberfläche noch die Küsten erreichen.
    Tatsächlich bleibt ein Teil des Öls so als aufgequollenes, wolkenförmiges Etwas in den Tiefen verborgen. Doch dann schlagen Beobachter im Mississippi-Delta doch Alarm, und Zeitungen drucken millionenfach das Foto, das die Katastrophe mehr symbolisieren wird als jedes andere zuvor: Ein erbärmlich verendender Jungpelikan, völlig umschlossen von einem schwarzen Pechmantel, der zäh von seinen Konturen tropft. Nur wo das Auge ist, lässt sich erahnen. Ein beklemmender Anblick, nicht nur für Tierfreunde, sondern für jeden mitfühlenden Betrachter.
    Sandburg Alabama
     
    Nach Tagen in Venice ziehen wir um auf die Düneninsel Dauphin Island vor der Küste Alabamas. Dort bangen Ferienhausvermieter um ihre Einnahmen, und die Nationalgarde deicht eine Naturschutzzone ein. Als sich am Morgen nach unserer Ankunft die Sonne über die Insel erhebt, ahnen wir, was hier verloren gehen könnte. Die Sandstrände weiß und makellos. Die neuen Urlauberquartiere, die ufernah auf Stelzen stehen, oft luxuriös ausgestattet, mit bester Aussicht auf das im Morgenlicht glänzende Meer. Nur in der Ferne ragen die Silhouetten der Bohrinseln am Horizont empor.
    »Nicht schlecht«, gebe ich Hausbesitzer Stan Graves recht, als er mich in eine lichtdurchflutete, weitläufige Wohndiele führt. Vier Schlafzimmer, vier Bäder, zwei Sonnenterrassen zeigt er mir.
    »Das Haus hat unser Sohn entworfen, er ist Architekt«, sagt er. »Eine halbe Million Dollar haben wir da hineingesteckt, ein Großteil davon aus Krediten. In der Saison sollte es 3000 Dollar Wochenmiete bringen, wir planten es als Alterssicherung für meine Frau und mich.« Dann bittet er mich nach draußen, wo eine Holztreppe hinunter zum Strand führt. »Wir hoffen«, zeigt er auf die Sandfläche, »dass die Behörden den Schutzdeich so anlegen, dass er das Haus mit einschließt.«
    Mit jedem Nachrichtentag schwindet seine Hoffnung, das Haus noch zu vermieten, obwohl genügend

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