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Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Titel: Wahnsinn, der das Herz zerfrisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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ein Mädchen von der Straße. Also schrieb er Annabella den liebevollsten Brief, den sie je von ihm erhalten hatte:
     
    Mein Herz -
    Wir sind so weit voneinander getrennt - aber schließlich ist eine Meile genauso schlimm wie tausend - was ein großer Trost ist für einen, der sechshundert reisen muß, bevor er Dich wiedersieht.
    Wenn es Dir irgendeine Befriedigung gibt - mir ist so unbehaglich wie einem Pilger mit Erbsen in den Schuhen - und so kalt wie Nächstenliebe - Keuschheit oder irgendeine sonstige Tugend. - Auf meinem Weg nach Schloß Eden habe ich die Post abgefangen - & fand Briefe an Hanson - die ich Lady Milbanke zum Zeitvertreib beilege, die bei ihrer Leidenschaft für Geschäfte froh sein wird, etwas zu haben, das danach aussieht. -
    Ich gedenke, Newstead morgen zu erreichen & Augusta tags darauf. - Schenke unseren Eltern so viel von meiner Liebe als Du mit ihnen teilen willst &. verfüge über den Rest ganz nach Belieben - immer der
     
    Deine B.
     
     
    Deine Botschaft ist - nein, nichts als du selbst kann mir jetzt wirklich willkommen sein. Mein Liebster, es gibt keinen Moment, in dem ich nicht meinen dummen Kopf geben würde, um Dich zu sehen… Ich bin tief betrübt, das versichere ich Dir.
    Was sagt unsere Schwester?…
    Immer die Deine,
     
    AIM
     
     
    »Unsere Schwester« drückte sich ziemlich deutlich aus. »Du setzt dich sofort hin und schreibst einen Entschuldigungsbrief.
    Es ist deine Schuld - du hast das arme Kind erschreckt.« Byron zog die Brauen hoch. »Gus, außer dir würde niemand Annabella mehr ein Kind nennen. Sie ist eine… äußerst selbstsichere Person.« Augusta sah ihn kopfschüttelnd an. Sie hatte hauptsächlich an Annabella Milbanke geschrieben, weil sie sie kennenlernen - das kühle Wesen aus den früheren Briefen an Byron mit dem Mädchen, das damals bei Lady Glenverbie so fasziniert und verwundbar ausgesehen hatte, in Einklang bringen wollte. Sie war sich immer noch nicht sicher, aber eines wußte sie: Annabella Milbanke liebte ihren Bruder. »Bitte, schreib ihr, Liebster.«
     
    Schimpfe nicht mehr mit Dir. Ich sagte Dir schon, es gab keine Gelegenheit - Du hast mich nicht beleidigt. Ich bin so glücklich, wie die Hoffnung mich machen kann, und so fröhlich, wie die Liebe es mir erlaubt, bis wir uns treffen, und immer, mein Herz
     
    - der Deine
    B.
     
     
    Damit waren beileibe nicht alle Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt. Hanson verzögerte die Geschäfte, und ein Haus in London mußte gefunden werden, denn in seiner Junggesellenwohnung konnte er Annabella schlecht aufnehmen, Byron selbst wurde immer unsicherer, ob er wirklich mit Annabella leben wollte. Aber er sah keinen ehrenhaften Ausweg. Außerdem würde eine gebrochene Verlobung das Feuer der Gerüchte erneut schüren, die mit Bekanntmachung seiner Heiratspläne von selbst erstarben.
    Endlich wurde die Hochzeit auf Ende Dezember, Anfang Januar festgelegt. Er versuchte sich davon zu überzeugen, daß er Annabella zumindest gern hatte. In ihren Briefen wechselte Annabella zwischen Belehrung, Ungeduld und Versicherung ihrer endlosen Zuneigung. Am sechzehnten Dezember setzte sie Byron eine Art Ultimatum für einen endgültigen Termin. Gleichzeitig kam ein Schreiben von Augusta, wie um die Unterschied-lichkeit der beiden Frauen zu betonen:
     
    Mein liebster B.
    Wie gewöhnlich habe ich nur kurze Zeit, um Deine Grüße zu beantworten - aber ich weiß, ein paar Zeilen sind besser als überhaupt keine - finde ich wenigstens .
    Es war sehr - sehr - lieb von Dir, mitten unter all den Besuchern. an mich zu denken. Ich habe mich kaum von meinen gestern erholt. La Dame hat so geredet, oh meine Sterne! aber es hat mir eine ganze Welt von Ärger erspart. Oh, aber sie hat eine Ähnlichkeit in Deinem Bild mit Mignonne festgestellt, die als Konsequenz natürlich sehr gut gelaunt ist  Ich möchte wissen, liebster B - wie Deine Pläne sind - wann Du kommst - wann Du gehst - pah! wann die Glückwunschschreiben fällig sind, wann der Kuchen angeschnitten wird, wann die Glocken läuten werden. Übrigens, meine Besucher sind mit A bekannt & preisen sie zum Himmel. Sie sagen, ihre Gesundheit wurde durch das Studieren verletzt. Ich habe keinen weiteren Augenblick, mein Liebster - außer um zu sagen
     
    Immer Deine
    A.
     
     
    Am zweiten Januar des neuen Jahres um elf Uhr morgens heiratete Byron Annabella Milbanke. Hobhouse, der Trauzeuge war, notierte in sein Tagebuch:
    »Miss M. war stark wie ein Fels und sah während der

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