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Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Titel: Wahnsinn, der das Herz zerfrisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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gewiß kein Provinzblättchen,
    »ist gefallen, um nie wieder aufzuerstehen.« Annabella erklärten alle Seiten offen zu einer Heiligen, zur Verkörperung aller Tugenden und dem Inbegriff von Edelmut da sie persönlich nie ein Wort gegen ihren Mann äußerte. Die Schauspielerin Fanny Kemble drückte öffentlich ihre Bewunderung für Lady Byrons
    »schöne Politik des Schweigens« aus.
    Hanson, der sich gegenüber Lushington in der immer schwächeren Position befand, verbot Augusta jeden Briefkontakt mit Annabella. »Aber warum?« begehrte sie auf. »Wir sind Freundinnen und werden es auch bleiben, egal was geschieht.« Sie würde nie den Tag vergessen, an dem Annabella sich in ihren Armen fast zu Tode geschrien und ihr Kind zur Welt gebracht hatte, die vielen Male, da sich Annabella ihr unter Tränen anvertraut hatte. Dieses Band bestand und würde immer bestehen, Liebe und Loyalität. Hanson seufzte. »Ich sage das äußerst ungern, meine liebe Augusta, aber Ihre Freundin Annabella hat über Lushington jeden weiteren Verkehr mit Ihnen abgelehnt, und das, kurz nachdem Caroline Lamb Sie offen dieser unaussprechlichen Sache bezichtigt hat. Es besteht also nicht der geringste Grund, ihr weiterhin Briefe zu schreiben.«
    Augusta war erschlagen. Hanson brachte es nicht übers Herz, ihr mitzuteilen, daß Annabella ihre Botschaften fein säuberlich numeriert bei Lushington als Beweismittel angebracht hatte.
    Seltsam - Augusta Leigh bewies doch sonst einen unfehlbaren Sinn für Realität, warum also in diesem Fall nicht? Dann erkannte er, daß Zuneigung für Augusta wohl in erster Linie Treue bedeutete, Loyalität, die selbst über das Ende der Liebe hinausging, wie im Falle ihres Ehemanns. Und Augusta konnte oder wollte nicht akzeptieren, daß ihre »Schwester« dies anders sah.
     
    George Leigh hatte sich auf einen dringenden Brief von Hobhouse hin einmal als verantwortungsbewußt erwiesen und logierte inzwischen ebenfalls im Haus am Picadilly, energisch allen Gerüchten widersprechend. Nach zähem Hin und Her mit Lushington bekam Hanson Annabellas schriftliche Erklärung, daß sie Gerüchte über ihren Gatten und Mrs. Leigh weder verbreite noch unterstütze. Außerdem hatten sich beide Parteien darauf geeinigt, nicht vor Gericht zu gehen.
    Die Anwesenheit der drei Cousins, die er am wenigsten leiden konnte, machten die Situation am Picadilly für Byron angespannter, als sie es je seit den schlimmsten Zeiten seiner Ehe gewesen war. Robert Wilmot redete täglich vom Höllenfeuer, und als er eines Nachts offen sagte, Augusta Leigh habe dieselben unmöglichen Moralvorstellungen wie ihr Bruder und sei folglich ebenfalls verdammt, forderte ihn Byron zum Duell.
    Damit hätte er allen aufgestauten Zorn an dem armen Wilmot ablassen können. Über den Ausgang eines Duells bestand kein Zweifel. Aber Augusta hielt ihn zurück, und Captain Byron gelang es, auch den aufgebrachten Robert Wilmot zu beschwichtigen.
    Trotz aller Ereignisse empfand Byron gegenüber Annabella nicht die geringsten Haßgefühle.
     
    Liebste Pip -
    Ich wünschte, Du würdest Dich entschließen - denn ich habe das alles schrecklich satt - & kann nicht sehen, was dabei Gutes herauskommen soll.
    Wenn Du willst - ich bin bereit, jede Bußrede oder Reden zu halten, die Dir gefallen, & werde sehr brav & gut behandelbar für den Rest meiner Tage sein - & sehr reuig wegen allem, was vorher geschehen ist.
    Jedenfalls, wenn Du diesem Vorschlag nicht zustimmen kannst, bitte ich Dich, diesen Zettel für Dich zu behalten & ihn weder Doktor Bailey noch Lushington noch dem Unterhaus - noch irgend jemandem aus Deinem derzeitigen Kabinett- zu zeigen, wenigstens dem professionellen Teil.
    Ich bin sehr sicher, daß Du dies für nichts, als was es sein soll, halten wirst - ich bin des formellen Stils unserer letzten Briefe schrecklich müde & muß in dem, den ich gewöhnt war, Zuflucht nehmen.
    Immer der Deine & wahrhaftig
     
    B.
    Privat
     
     
    Byron erhielt keine Antwort. Lady Melbourne, die sich zunächst in der ganzen Angelegenheit reserviert verhalten hatte, forderte ihre Briefe von ihm zurück. George Leigh verschwand nach Derby, und die Entdeckung, daß sowohl Robert Wilmot wie auch Captain Byron heimlich mit Lushington - und wahrscheinlich auch mit Annabella - korrespondierten, verschaffte ihm endlich einen Grund, sie beide hinauszuwerfen. Statt der drei ungeliebten Vettern zog Hobhouse ein, und Hobhouse war es auch, der am neunten April Byron und Augusta zu einem

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