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Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Titel: Wahnsinn, der das Herz zerfrisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Empfang bei Lady Jersey begleitete.
    Lady Jersey begrüßte Byron verlegen. Sie hatte ihn zwar eingeladen - als eine freundliche Geste, in Erinnerung an das Gedicht, das er wegen der Schäbigkeit des Kronprinzen für sie verfaßt hatte -, aber nicht damit gerechnet, daß er tatsächlich kam.
    Ihre Gäste hingegen hatten darauf gehofft. Als Lady Jersey gespielt munter rief: »Meine Freunde - Lord Byron ist hier!« erstarben ihr die Worte auf den Lippen. Alles starrte auf das vielbesprochene Paar und zog sich dann sehr schnell in die umliegenden Räume zurück, in einer tragischen Umkehrung der früheren Reaktion einer jeden Gesellschaft auf Byron. Es war eine öffentliche Achtung des gefallenen Idols und der »Partnerin seiner Sünden«, wie Lady Rancliffe verächtlich flüsterte.
    Lediglich Mercer Elphinstone, rothaarige Erbin der Saison und freundliche Kokette, huschte zu Byron hinüber und sagte schnell: »Wenn Sie mich geheiratet hätten, wäre Ihnen das nicht passiert.« Dann verschwand auch sie. Allerdings gestaltete sich der allgemeine Rückzug so, daß sich alle in den Türrahmen der Zimmer, in die sie geflüchtet waren, drängten, um das verrufene Paar nicht aus dem Auge zu verlieren.
    Byron ließ alles geschehen. Er spürte Augusta neben sich, ihre Hand fest in der seinen. Und in diesem Moment erkannte er, was er getan hatte. Die einzige Entschuldigung für die Heirat mit Annabella war immer gewesen, daß er Augusta nur auf diese Art beschützen konnte. Aber er hatte sich auf jede nur erdenkliche Weise bemüht, ihr diesen Schutz zu rauben, er hatte Annabellas Leben ruiniert und war sogar eifersüchtig wegen Augustas Zuneigung für die »Schwester« gewesen, weil er Augusta für sich allein haben wollte und nicht konnte. Er hatte Annabella in fast jedem Augenblick ihrer Ehe dafür büßen lassen, daß sie nicht Augusta war. Und nun war er im Begriff, Augustas Existenz völlig zu zerstören.
    Sie mußte es wissen, und trotzdem hatte sie ihre Kinder und Six Mile Bottom nun schon seit sechs Monaten allein gelassen, um bei ihm zu bleiben. Sie war inzwischen hochschwanger und hatte doch die angespannte Situation am Picadilly ohne Klagen ertragen und war damit weit mehr als seine Ehefrau gewesen.
    Wie konnte er George Leigh verurteilen? Er selbst hatte Augusta auf schlimmere Weise benutzt. Um Augusta zu befreien, gab es für ihn nur einen Weg, bedingungslos die Trennungsurkunde unterzeichnen und dann sofort das Land verlassen, für sehr lange Zeit verlassen, wahrscheinlich für immer. Er fühlte Augusta, und das war in diesem Moment das einzige, an das er denken konnte.
    Annabella Milbanke, Lady Byron, hatte vor sich drei Dokumente liegen: die Trennungsurkunde ihrer einjährigen Ehe, den letzten Brief Byrons und den Privatdruck eines Gedichtes, von dem es nur wenige Exemplare gab und das ihr Lushington unter großen Mühen beschafft hatte. Das Gedicht machte sie zorniger als alles andere.
     
    Stanzen an Augusta
     
    Als alles rings in der Nacht versunken,
    Vernunft selbst halb ihr Licht entzog
    Und Hoffnung nur gleich trüben Funken,
    Der mehr fast irrgeführt mich noch,
     
    In jener Seelenöde Tagen
     
     
    In jenes innren Kampfes Glühn
    Wenn, nur zu nahn schon bang, die Schwachen
    Verzweifeln und die Kalten fliehn,
     
    Als Glück und Liebe floh und schneller
    Des Hasses Pfeil nach mir entsandt
    Warst du der Stern, der um so heller
    Mir aufging und mir nie entschwand.
     
    Gesegnet sei sein reiner Schimmer,
    Der mein, ein Engelsauge, wacht;
    Mir nah erglänzend stand er immer
    Hold zwischen mir und grauser Nacht.
     
    Und als die Wolke uns umhüllte
    Die zu verfinstern ihn gedacht,
    Glomm reiner nur sein Licht, das milde,
    Bis alle Finsternis verjagt.
     
    Dein Geist umschwebe stets den meinen
    Und lehr ihn, was er dulden soll;
    Ein sanftes Wort von Dir, der Reinen,
    Wiegt mehr als all der andern Groll.
     
    Du bist der Weide zu vergleichen
    Die sanft sich beugt, doch nimmer bricht
    Und stets mit ihren treuen Zweigen
    Ein vielgeliebtes Mal umflicht.
     
    Ob Stürme brausen, Wolken gossen,
    Du warst dir gleich und wirst es sein,
    In schwerster Wetter wildem Tosen
    Dein trauernd Blatt auf mich zu streun.
     
     
     
    Und welken sollst Du mit den Deinen
    Drum nie, trifft auch das Schlimmste mich;
    Des Himmels Sonne wird bescheinen
    Die Treuen stets, und drum auch dich.
     
    Mag falscher Liebe Band zerbrechen
    Die deine ist zu himmlischlicht;
    Nie trägt dein Herz - in sanften Schlägen
    Fühlt stets es tief,

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