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Wahnsinns Liebe

Wahnsinns Liebe

Titel: Wahnsinns Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Singer
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würde man sich vergehen an diesen zarten heiligen Wesen, wenn man nur draufschaut.«
    Mit einer raschen Bewegung reißt Schönberg den an der Wand lehnenden Deckel nach vorn. Krachend fällt er zu.
    »Und du hast vor Gericht unter Eid ausgesagt, daß Beer diese Fotos nicht selber gemacht hat?« Schönberg hat sich, die Hände immer noch in die Seite gestemmt, vor Loos gestellt.
    Loos rupft an seinem Schnurrbart.
    »Ja, sicher. Er hat mir die Kiste vor seiner Verhaftung geschickt, weil er nicht in falschen Verdacht kommen wollte. Seine Frau hatte ihn ja angezeigt, weil er angeblich Fotos von nackten kleinen Mädchen mache, er war einfach ein großer Freizeitfotograf, mehr nicht.«
    |58| Mit feuchtem rotem Kopf rennt Schönberg zum Fenster, will es aufreißen, aber Loos fährt dazwischen. »Laß das, du machst die Gardinen kaputt. Diese Seide …«
    »Diese Seide, diese lächerliche Seide … Bist du sicher, daß der Verdacht falsch war? Und warum bewahrst du denn diese pornographischen Machwerke auf?«
    Loos holt aus der Kaminnische eine Flasche amerikanischen Whisky und schenkt drei Gläser ein. »Als Andenken an einen wunderbaren Menschen, der der Dummheit und Schlechtigkeit seiner Mitmenschen zum Opfer gefallen ist.«
    Grob packt Schönberg mit beiden Händen Loos am Ausschnitt der Weste. »Und du hast keinen Meineid geschworen?«
    Loos lächelt und pflückt Schönbergs Hände ab. »Worin bestünde eine wahre Freundschaft, wenn man nicht bereit wäre, einen Meineid zu schwören?« Er reicht jedem der Freunde ein Glas.
    Schönberg atmet so schwer, als hätte er Probleme mit dem Herzen.
    Und Loos steht ruhig und schaut von oben auf ihn hinab, ernst und mitleidig. »Um einen Freund zu retten, muß man die ewige Seligkeit aufs Spiel setzen. Oder man ist kein Freund.«
    Er hebt das Glas und trinkt es, ohne abzusetzen, aus. Und dann murmelt er etwas von Eifersucht, die ihn anwidere wie alles Bürgerliche. Und daß er einen Meineid, der einer von Eifersucht besessenen Frau schade, für eine gute Tat halte.
    Als klänge etwas in ihm nach, steht Schönberg starr, den Blick nach innen. Dann leert er sein Glas ebenfalls auf einen Sitz und zieht die Luft zwischen den Zähnen |59| durch: »Was heißt da bürgerlich. Eifersucht ist menschlich. Und wer behauptet, er kenne sie gar nicht, der lügt oder hat keine Ahnung von Liebe.«
    Loos nimmt die Flasche und schenkt nach. »Von der Eigenliebe, Schönberg, von der Eigenliebe. Warum sonst wäre unser guter Freund Altenberg derart eifersüchtig, obwohl er mit keinem der Mädchen, denen er hymnische Briefe schreibt, irgendein festeres Verhältnis hat? Und mit ihnen angeblich nichts teilt als lange Spaziergänge?«
    Altenberg hat sich auf einen Hocker gesetzt. Sein schwerer Mantel hängt auf dem Boden, die Schleife um den faltigen Hals hat er gelöst. »Ich bete die Natürlichkeit an. Sie hypnotisiert mich. Ob es ein Ahornbaum ist, der sie besitzt, eine Eidechse oder ein Kind. Die natürliche Schönheit, die natürliche Anmut – und die natürliche Grausamkeit gehört dazu. Die kleinsten Mädchen haben es heraus, wie sie meine Eifersucht wachkitzeln, daß es mich schier um den Verstand bringt. Versetzen mich, verraten mich, belügen mich, kokettieren vor meinen Augen mit anderen …« Er greift in die Manteltasche, zieht eine Postkarte heraus, auf der von hinten die nackten geraden Beine eines kleinen Mädchens zu sehen sind, die aus Spitzenunterhosen wachsen und in schwarzen Stiefeletten enden, über deren Rand ein weißes Söckchen blitzt. Er schaut die Karte nachdenklich an und steckt sie wieder ein.
    »Und da redest du dauernd von platonischer Liebe.« Schönberg spricht laut und sprüht dabei Speichel.
    »Wenn du dir die Mühe machen würdest, Platon zu lesen, kämst du drauf, daß für ihn die platonische Liebe keineswegs das Gegenteil von der sinnlichen bedeutet. Es ist Seelenliebe
mit
Sinnlichkeit.«
    |60| Schönberg hat sein Jackett angezogen und macht Anstalten, zu gehen.
    Sein Gesicht ist zugeschlossen und verriegelt. »Dann möge Gott geben daß es stimmt …«
    »Was stimmt?« Altenberg schaut unschuldsvoll, selber ein Kind, dem schwitzenden Schönberg in die Augen.
    »Daß deine Impotenz verhindert, die sogenannte Verehrung der kleinen Mädchen kriminell zu machen.«
    Altenbergs Schnurrbart zittert, er will aufstehen, zuschlagen. Doch er fällt über den eigenen Mantel, rappelt sich fluchend auf. Da hört er bereits die Türe ins Schloß fallen.
    Loos beruhigt ihn mit

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