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Wahnsinns Liebe

Wahnsinns Liebe

Titel: Wahnsinns Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Singer
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Maler redet, der ihn porträtieren möchte und als einziger in der Akademieklasse ein eigenes Atelier zugestanden bekommen hat.
    »Er ist bei Lefler in der Spezialschule. Und Lefler sagt, er sei ein großes Talent. Ungewöhnlich und radikal.«
    Trudi ist eingeschlafen auf Mathildes Schoß.
    »Dann paßt er ja zu dir.«
    »Deswegen habe ich ja gesagt.«
    Trudi schreckt auf. »Was ist? Halt doch still, Mama!«
    Dann fällt sie wieder zurück an Mathildes Busen.
    Schönberg nimmt ein Stück Brot und reibt seinen Teller aus. »Außerdem wird er mich im Malen unterrichten. Ich weiß, daß ich das kann, nur das Rüstzeug fehlt mir. Aber ich spüre da eine Gabe in mir.«
    Er steckt das Brot in den Mund, und sie merkt daran, |64| daß er kaut und nicht sofort schluckt, daß es ihm gutgeht.
    »Übrigens hat er sogar angeboten, dich auch zu unterrichten. Alles unentgeltlich.«
    Trudi schreckt zum zweiten Mal auf und wimmert: »Bleib doch einfach mal ruhig sitzen, Mama.«
    Mathilde streichelt über Trudis Scheitel. »Wie heißt er denn, dieser Maler?«
    »Gerstl«, sagt Schönberg. »Richard Gerstl.«
    Das Kind röchelt leise.
    »Gerstl mit oder ohne e?«
    Schönberg hebt den Hintern vom Stuhl, um in die Hosentasche zu langen, zieht einen Zettel heraus und sagt: »Ohne.«
    Er bemerkt nicht, daß seine Frau unter dem Tisch die Finger aufklappt und zählt. Sie kommt auf dreizehn. Wann wird er es merken?

    Es könnte so friedlich sein. Schon der Gang die Hohe Warte entlang hat ihn selbst sanft werden lassen, denn hier oben wollen die Häuser nicht beeindrucken und die Gärten nichts sein als ein zufriedener Ort jenseits der Geltungssucht. Auch in den Räumen hier könnte es friedlich sein. Das helle Grün, mit dem die wenigen Sitzmöbel bezogen sind. Das Licht aus dem Garten hinterm Haus, das durchs Atelierfenster fällt. Der Geruch des Flieders, den der laue Wind durch die geöffneten oberen Scheiben weht und der Geruch nach Kaffee und vanilleparfümiertem Kuchen, der von der Wohnung im Parterre heraufzieht.
    |65| Aber er hätte es sich denken können, daß dieser Frieden trügt.
    Schließlich kennt Lefler seinen Schüler Gerstl schon Monate.
    Als er das Atelier betritt, steht der still da, groß, knochig, mit fast kahlgeschorenem Schädel, den Pinsel wie eine Waffe in der Hand. Ihm gegenüber sitzt im Sessel ein Mann, von dessen Gesicht die Preisliste seiner Kleidung abzulesen ist, seines Maßanzugs, seiner Maßschuhe, seiner dunkelroten Seidensocken. Er raucht mit der Gebärde des Überlegenen.
    »Sie finden dieses Bild gut?« fragt sein Schüler den Gast. Lefler weiß, was zu erwarten ist, wenn Gerstls Stimme diese ungewöhnliche Milde bekommt.
    »Ich finde es schön, sehr schön – für einen derart jungen Anfänger, jedenfalls«, sagt der Gast und zieht an seiner Zigarre. »Und dieser Blick auf den Kahlenberg erinnert mich an ein Gemälde in meinem Elternhaus. Wieviel …«
    Lefler, Gefangener seines knappsitzenden Anzugs samt enger Weste, kann es nicht verhindern. Er ist nicht schnell genug. Schon hat Gerstl hinter sich gegriffen. Ein Messer in der Hand, macht er einen großen Schritt nach vorn und zerschneidet mit drei, vier kräftigen Bewegungen die Leinwand und sagt dann leise: »Und jetzt verlassen Sie bitte sofort mein Atelier.«
    Die Überlegenheit des Besuchers ist verschwunden. Verschreckt sitzt er im Sessel, die Zigarre glimmt am Boden weiter. Wortlos steht er auf und schleppt sich wankend zur Tür. Sieht sich, die Hand auf der Klinke nochmals um, öffnet den Mund, klappt ihn wieder zu und verschwindet kopfschüttelnd.
    |66| »Warum haben Sie das getan?« fragt Lefler, kaum daß der andere draußen ist.
    Gerstl tritt die Zigarre aus. Er wirkt auf einmal ruhig. »Wenn dieser mittelmäßige Mensch etwas gut findet, dann kann es nur mittelmäßig sein. Und Mittelmaß ist das Schlimmste. Das ist lauwarm …«
    Er wendet sich zu dem Bücherregal um, das die Wand drei Meter hoch bedeckt, nimmt ein schwarz eingebundenes Buch heraus. Er schlägt es dort auf, wo ein rotes Band eingelegt ist. »Ich weiß um deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist. Ach, daß du kalt oder warm wärest! Weil du aber lau bist und weder kalt noch warm, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.«
    Er klappt es hart zu. »Apokalypse, drei, sechzehn.«
    Lefler hat sich in den Sessel gesetzt, aus dem der Besucher gerade geflohen ist. Seinen Palisanderstock mit Silberknauf hat er nicht aus der Hand gelegt. »Warum brüskieren Sie andere

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