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Wahnsinns Liebe

Wahnsinns Liebe

Titel: Wahnsinns Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Singer
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Und nach einer Pause: »Warum hast du eigentlich so wenige Freunde?«
    Gerstl steht auf und stellt sich vor sie hin.
    »Weil ich mit diesen Kaffeehausaffen nichts zu tun haben will. Ihre Gespräche sind Monologe, von denen mir so schlecht wird wie von Operetten.«
    »Sag das nicht.« Mathilde zieht ihn zu sich, erschöpft läßt er sich neben sie fallen und knallt hinten mit dem Kopf gegen die Wand. Er flucht, sie streichelt mit der rechten Hand seine linke Wange.
    Beide schweigen minutenlang. Er lehnt seinen Kopf an sie. »Weißt du, ich habe nie das Bedürfnis, unbedingt irgendwo dazuzugehören. Leute, die immer dabei sein wollen, widern mich an.«
    »Gut, aber zu Arnolds Kreis, da willst du doch dazugehören. Du hast diese Nähe hartnäckig gesucht.«
    »Nähe? Nein, die gibt es dort nicht, die gibt es nur bei dir. Aber dort gibt es ein Gespräch statt Geschwätz und …«
    »Und warum bist du denen nicht nah?«
    »Sind sie sich doch selber nicht. Jeder buhlt um Schönbergs Gunst. Für die täten manche alles. Dieser Webern zum Beispiel mit seiner chlorgelben Stimme |192| und einer Lebenstemperatur von – na ja, sagen wir zwölf Grad Celsius. Es geht oft hitzig zu. Nur warm – warm ist es nie.«
    Gerstl stemmt sich hoch, stellt sich vor das Sofa und fängt an, Mathilde weiter auszuziehen. Sie läßt es geschehen wie ein müdes Kind, schlaff, mit gesenkten Lidern.
    Als sie nackt dasitzt, kniet er sich vor sie auf den Boden. »Und nun werde ich es doch tun. Läßt du mich?«
    Mathilde wehrt sich nicht, als er langsam ihre Knie auseinander drückt und seine Lippen sie berühren, aber sie bleibt reglos und lautlos – doch nur bis zu dem Moment, wo die Lust alles sprengt.
    Einige Minuten später flüstert sie: »War da was, auf dem Flur? Hast du was gehört? Ich war, glaube ich, sehr laut.«
    Gerstl lauscht. »Nein, nein, da ist nichts.«
    Mathilde lächelt erschöpft. »Wir sind wahnsinnig, völlig wahnsinnig, Er könnte … ich meine, wir riskieren alles. Wenn du mal gesehen hast, wie bei ihm die Stirnader anschwillt im Zorn …«
    Gerstl reicht ihr die Unterwäsche. »Liebe ist Mord«, sagt er und grinst. »Du merkst, so schwachsinnig ist der Satz gar nicht. Er paßt ziemlich oft.«
    Als Mathilde mit ihm an der Wohnungstür steht, sagt sie: »O Richard.«
    Gerstl stutzt. »Was hast du gesagt? Warum sagst du Richard zu mir? Du hast mich noch nie beim Namen genannt.«
    Sie lächelt. »Wirklich nicht? Na ja, ich darf mich ja nicht daran gewöhnen.«
    Er umgreift hart ihre Oberarme und schüttelt sie. »Du lügst. Das ist nicht der wahre Grund. Warum sagst du heute zum ersten Mal so zu mir? Sag, warum?«
    |193| Sie lächelt wieder. »Kennst du mich jetzt oder noch immer nicht?«

    Kennst du mich noch immer nicht?
    Dieser Satz kreist in Gerstls Kopf, als er durch die Kälte zur Hohen Warte wandert. Es ist zehn, als er dort ankommt.
    Es ist halb eins, als Schönberg durch den Matsch nach Hause watet. Während er im Schlüsselloch herumrührt, hofft er, Mathilde möge es hören, aufstehen und aufmachen. Aber es regt sich nichts hinter der Wohnungstür. Schönberg brabbelt vor sich hin. »Das Loch ist zu groß. Da drin verliert man sich. Dieser Schlüssel greift einfach nicht. An mir liegt es nicht, das verdammte Loch ist zu groß.«
    Endlich kriegt er die Türe auf.
    Im Flur liegt etwas Weißes auf dem Boden. Ein weißer Haufen, Schönberg schaltet das Licht an. Trudi hat sich in ihrem Nachthemd auf den Teppich gelegt. Ihr schlafendes Gesicht ist rund und weich und friedlich. Schönberg kramt nach den Händen des Kinds. Schwankend zieht er seine Tochter hoch. Wie ein Sack hängt sie an ihm, als er mit ihr ins Kinderzimmer geht. »Was hast du denn da draußen gemacht? Warum bist du aus dem Bett gestiegen?«
    Sie stehen vor dem Gitterbett. Wie gehört Trudi da nur rein?
    Halb im Traum greift sie in die Stäbe, hält sich fest, klettert über das Gitter und läßt sich in das Bett fallen.
    Schönberg beugt sich über sie. Sie hat die Augen zugemacht. »Kind, jetzt sag, warum du dich in den kalten Flur auf den harten Teppich legst mitten in der Nacht?«
    |194| »Ich wollte dir«, sagt sie, ohne die Augen zu öffnen, »was sagen. Was sonst niemand hören soll.«
    Sie redet undeutlich und leise, so daß Schönberg sich noch näher über sie beugen muß. Das Gitter drückt in seinen Magen, ihm ist schlecht. »Was sagst du? Red schon, Trudi, jetzt bin ich doch da und sonst ist niemand da.«
    Sie liegt bewegungslos.
    »Tut dir

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