Wahre Liebe lässt frei! - wie Frau und Mann zu sich selbst und zueinander finden
mag, was das Verhältnis der beiden Anteile betrifft). Wer (fast) alles getrennt macht, dem fehlt bald die Basis für gemeinsame Erfahrungen und gemeinsames Wachstum. Wer (fast) alles gemeinsam macht, dem fehlt »der Sauerstoff des Abstands«. Diesen Beziehungspartnern fehlen früher oder später die Luft zum Atmen, der Raum für die eigene Kreativität und wichtige Impulse von außen.
Wer unabhängig von seinem Partner eigene Aktivitäten pflegt, immer wieder Neues lernt, öfter neuen Menschen begegnet und seine eigenen Freundschaften pflegt, der lebt und bringt Leben in die Beziehung. Dieser Mensch ist auch für seinen Lebenspartner eine große Bereicherung – unabhängig
davon ob dieser das Geschenk erkennen und annehmen kann.
Beziehungsirrtum: Die ideale Beziehung sollte ein Leben lang halten.
Jeder Glaube an ein Ideal verursacht letztlich Reibung in uns. Das heißt, er wird als Schmerz oder Leidenserfahrung fühlbar. Ein »Idealgedanke« ist etwas, das mit der Natur oder der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Letztlich ist jeder Satz mit dem Wörtchen »sollte« oder »müsste« und dem verdächtigen Anhängsel »eigentlich« ein Idealgedanke. Je mehr »Sollte«-Sätze es in unserem bewussten oder unbewussten Denken gibt, desto unzufriedener müssen wir uns fühlen. Jeder »Sollte«-Satz ist eine Kriegserklärung an die Wirklichkeit. Hierauf hat kaum jemand so deutlich aufmerksam gemacht wie Byron Katie mit The Work .
Ein typischer »Sollte«-Satz, der in vielen Köpfen kursiert, lautet: »Eine Partnerbeziehung sollte (eigentlich) ›ewig‹ halten« – heißt: ein ganzes Leben lang. Dieser Satz entstammt dem schon erwähnten romantischen Liebesideal, mit dem Lehrer, Pfarrer, Philosophen und Erzieher im Auftrag der jeweils Machthabenden versucht haben, in den Menschen Schuld-, Scham- und Versagensgefühle zu erzeugen. Dieser Versuch ist bis heute bestens geglückt.
Mir sind in der Therapie immer wieder Menschen begegnet, die meinten, sie seien in ihrer Beziehung gescheitert. Auf Nachfrage erfahre ich dann, dass man zwanzig bis dreißig Jahre zusammen war, gemeinsam Kinder großgezogen hat, manches gemeinsam erschaffen hat und alles Mögliche prächtig gediehen ist. Und irgendwann ist er oder
sie gegangen. Hier wird einer erfolgreichen Beziehung der Stempel »gescheitert« aufgedrückt. Der Kopf sagt: »Es hätte halt ewig – bis in den Tod – halten sollen.«
Dieser Gedanke fließt bis heute aus konservativen, pseudochristlichen und pseudospirituellen Quellen und wird immer wieder neu propagiert. Ich halte ihn, salopp gesagt, für einen großen Schmarren. Die Wahrheit heißt: Eine Beziehung dauert so lange, wie sie dauert, und jede Form der Beziehung – unabhängig von ihrer Dauer – hat ihren ganz eigenen Wert und ihre Berechtigung; so wie jede Begegnung ihren Wert hat, sei es die Begegnung mit der Kassiererin im Supermarkt, die Begegnung am Telefon oder die Begegnung mit Ihrem Chef/Ihrem Kunden.
Jede Beziehung – auch die Lebenspartnerschaft – ist auf Zeit angelegt, selbst wenn sie vierzig Jahre dauern mag. Wir gehen eine Strecke des Weges miteinander. Wie wertvoll das ist, was wir auf unserem Weg erfahren und erschaffen, können wir hier auf dieser Ebene nicht beurteilen. Was in Wirklichkeit geschieht, können wir nie auf derselben Ebene bewerten oder erkennen, sondern immer nur mindestens eine Ebene (Bewusstseinsstufe) höher. Ich bin überzeugt, dass wir uns eines Tages sehr wundern werden über die Bedeutung, die manch kurze Beziehung in unserem Erdenleben aus Sicht unserer Seele hatte. Ich habe zwei Ehen erfolgreich hinter mich gebracht. Eine dauerte sieben Jahre, die andere elf Monate. Die eine war nicht besser oder schlechter als die andere. Ich bin in beiden Ehen gewachsen und habe intensive und lehrreiche Erfahrungen gemacht. Unter anderem habe ich erfahren, wie ich nicht leben will.
Es ist verständlich, dass jemand trauert, wenn er nach zehn, zwanzig und mehr Jahren von seinem Partner verlassen wird. Aber auch in jeder Erfahrung des Verlassenwerdens
liegt ein Geschenk – eine »Perle der Weisheit«, wie P’taah es nennt. Auch dies geschieht zu Ihrem Besten. Wer jedoch mit einem wütenden inneren Nein gegen diese Wirklichkeit ankämpfen will, verletzt sich nur selbst. Öffnen Sie sich dem Gedanken, dass Sie wachsen und Neues lernen und erfahren dürfen, wenn Ihr Partner sie verlässt. Sie sind jetzt frei für Neues.
Beziehungsirrtum: Ich habe den richtigen Partner noch
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