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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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gelaufen, das hab ich gesehen, sie hat keine Schuhe an. Sie sieht mich, kommt zu mir gelaufen, kann kaum atmen, so kaputt is sie.«
    »Wie sah sie aus?«, fragte Villani.
    »Noch ein Kind. Sechzehn vielleicht? Dünn, weiße Haut, schwarze Haare.« Er berührte seine Schultern, um die Haarlänge zu zeigen. »Sie hat so ’ne Art Partykleid an, schwarz? Mit so kleinen Trägern, versteh’n Sie.«
    »Spaghettiträger?«
    »Genau. Diese Dinger. Roter Lippenstift.«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Konnte kein Englisch. Kaum.«
    »Und?«
    »Und da sag ich, komm mit, und wir gehen hierher. Sie hat total Angst, brabbelt immer weiter auf Rumänisch, und sie guckt hinter sich, die Peel Street runter und versucht irgendwie, sich zu verstecken, geht genau vor mir. Versteh’n Sie? Als wäre sie mir im Weg.«
    »Rumänisch?«, sagte Villani.

    »Genau. Hatte keine Ahnung, was es war. Is für mich bloß Kanakengebrabbel, Mann.«
    »Und?«
    »Ich ruf den anderen Burschen an. Hab Tee gemacht, den kann sie kaum trinken. Egal, er kommt her, heißt Maggie, auch ’n Kanake. Er versteht sie zwar nicht, sagt aber, sie is Rumänin, das hört er raus. Und dann sagt er, hol die Polizei, und das hat sie verstanden, sie flippt aus, nein, nein, nein, ruft sie.«
    »Eine gängige Reaktion«, sagte Dove.
    Vic lachte. »Jedenfalls sagt Maggie, er kennt einen Rumänen, den ruft er am Morgen an. Wir sagen zu ihr, keine Sorge, wir rufen keine Polizei, bauen ihr hinten ein Bett auf. Sie fällt drauf wie ein Stein, rollt sich zusammen, schläft tief und fest.«
    Villani sagte: »Und am Morgen?«
    »Maggie hat den Typen angerufen, ihr den Hörer gegeben, sie redet mit ihm. Ich hatte hier Schluss, aber er wollte rumkommen. Maggie blieb bei ihr.«
    »Wie erwischen wir Maggie?«
    »Macht Ferien. Mit ’m Camper. Allein. Montag isser los.«
    »Wohin denn?«
    Vic zuckte die Achseln. »Weiß nich, Mann. Angeln, isser ganz scharf drauf. Kommt aus Collingwood, ganz wild aufs Angeln. Könnte überall sein.«
    »Telefonnummer?«
    Vic ging zu einem Regal, wo er einen zerfledderten Aktenordner fand, den legte er auf den Tisch. Mehrere Seiten waren eingeheftet. Er fuhr mit dem Finger eine Seite runter. »Meine Güte, gibt ’ne unglaubliche Fluktuation hier. Da. Der Mann heißt Bendiks Vanags. Wenn das kein Name ist!«
    »Vanags«, sagte Tomasic. »Das heißt ›Falke‹.«
    »Stimmt«, sagte Vic. »Das hat er erwähnt. Darum nennt man ihn Maggie wie Magpie. Haben Sie einen Stift?«

    Dove notierte sich die Nummer. »Handy?«, sagte er.
    »Hier steht keine Handynummer.«
    »Hat er Verwandte?«
    »Nein, Mann. Is ganz allein. Die Frau hat ihm die Arschkarte gezeigt, is ’ne Weile her. Jahre.«
    »Wir kriegen von Ihnen die Adresse«, sagte Dove.
    Sie gingen ins Freie, ein glühend heißer Tag, die Windschutzscheiben auf dem Parkplatz reflektierten grelle Lichtplatten, Dove telefonierte beim Gehen.
    Lizzie. War ihr je in den Sinn gekommen, dass sie ihn vernichten würde? Er nahm sein Handy heraus.
    »Kumpel«, sagte Vickery mit einer Stimme wie nach der dritten Zigarettenpackung des Tages, dem letzten Drink.
    Villani beschrieb den Mann. Dreadlocks, Tattoos im Gesicht, zwischen den Augen. Schmutzig verstand sich von selbst.
    »Ich erinnere mich«, sagte Vickery. »Ich rühre jetzt die Trommeln für den Arsch.« Pause. »Konstruktive Gespräche sind wichtig, nicht wahr? Damit jeder in Richtung der aufgehenden Sonne schaut.«
    »Steht absolut außer Frage, Kumpel«, sagte Villani, einen schalen Kupfergeschmack im Mund.

B irkerts legte ein Blatt Papier auf den Schreibtisch.
    »Textmeldungen«, sagte er. »Passender Zeitraum, dortiger Ortsbereich. Aber kein Datum.«
    Villani las.
    Erhalten 02.49: WAS?
    Gesendet 02.50: BALD.
    Erhalten 03.01: ?????
    Gesendet 03.04: WIR GEHN REIN.
    Gesendet 03.22: SSD BANZAI OK.
    »Sag’s mir«, sagte Villani.
    Birkerts streichelte seine Rasur, fand etwas unter dem Kinn. »Wirft ein neues Licht auf die Angelegenheit«, sagte er. »Ich würde sagen, dass Kidd und Larter die SOG-Arbeit machen, Vern Hudson töten, die Brüder aufhängen. Dann übergeben sie an einen anderen.«
    »Könnte Kidd sein, der sich mit Larter unterhält.«
    Birkerts trat ans Fenster, schob zwei Jalousienlamellen auseinander, spähte nach draußen.
    »Es fällt mir schwer zu glauben«, sagte er, »dass sogar gelernte Killer es erst allein mit den Ribs und ihrem Kumpel aufnehmen und dann den anderen Kerl kommen lassen. Aber das ist nur mein Problem.«
    »Es ist immer nur

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