Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
Vom Netzwerk:
riss, als wären sie nicht länger viele Männer, sondern ein einziger, verschmolzen mit einem einzigen Pferd. Die Hunde sprengten aus dem Wäldchen dem Fuchs hinterher und die Jagd begann.

6. KAPITEL Götterdämmerung
    M it einem Schlag waren alle Gedanken hinweggefegt. Es gab keine Fragen mehr und kein Geheimnis. Die Zukunft schrumpfte zu einer unbekannten Größe in einer universalen Gleichung. Was blieb, waren die weitgestreckten Bewegungen des Pferdes, das mit Penelope auf seinem Rücken in einem halsbrecherischen Galopp den Abhang hinabsprengte. Sie ließ dem Tier die Zügel frei und korrigierte den Kurs nur durch die Verlagerung ihres Gewichts im Sattel. Was sie vorwärtszog, war die tief empfundene Gewissheit, immer weiter voranpreschen zu müssen und sich dabei von keinem Hindernis aufhalten zu lassen. Sie setzte mit einem weiten Sprung über ein dichtes Brombeergestrüpp hinweg. Die Hufe rissen den gefrorenen Ackerboden auf und wirbelten Erdkrumen in die Höhe. Mühelos sprengte Penelope durch die flache Furt des Flusses, Wasser spritzte zu beiden Seiten auf und die eisige Luft schnitt ihr in die Wangen und riss an ihren Kleidern. Doch das Mädchen warf sich in diesem wilden Galopp der Schöpfung entgegen und wurde von ihr fortgerissen wie ein wirbelndes Laubblatt vom Wind.
    Darüber war der Fuchs für sie zu einer Nebensächlichkeit geworden. Sie hatte ihn kein zweites Mal zu Gesicht bekommen und war nur dem Kläffen der Hunde über die weite Flur gefolgt, dem sicheren Instinkt vertrauend, der ihre Stute vorantrieb. Bei der Umrundung des Wäldchens war sie von dem Feld der Jäger getrennt worden und nun wurde ihr der direkte Weg zurück zu den übrigen Reitern durch den Fluss abgeschnitten. Penny wendete ihr Pferd und zügelte es auf einer Anhöhe. Sie musste nicht aufsehen, um zu wissen, dass Feltham immer noch neben ihr ritt und nun gleichsam mit ihr zum Stehen kam. Unter ihnen erstreckte sich das Tal, das sie bei der Jagd durchquert hatten und in dessen Senke der Fuchs verborgen gewesen war. Sie hatten einen guten Blick auf die Jagdhunde, die das Tier nun geradewegs zum Fluss hetzten, wo es kein Entkommen mehr gab. Die übrigen Jäger folgten in einigem Abstand, während die Hunde ihre Beute mit weithin hallendem, mörderischem Gekläffe stellten.
    Immer noch berauscht von dem stürmischen Ritt, riskierte Penny einen atemlosen Blick zu Thaddeus Feltham. Doch er wirkte weder glücklich noch gelöst. Seine Augen waren starr auf die jagdtrunkene Meute gerichtet und sein Gesicht wirkte wie aus einem Stein geschlagen. Wenn es nicht vollkommen unmöglich gewesen wäre, hätte Penelope behauptet, dass er die schwanzwedelnden und vor Gier bellenden Hunde aus tiefster Seele hasste.
    »Was sehen Sie?«, fragte Penelope, um den absonderlichen Bann zu brechen.
    »Ein Geschöpf, das von seinen Verfolgern in die Enge getrieben wird und für das es jetzt kein Entkommen mehr gibt«, erklärte er, ohne die Stimme zu heben. Am Fluss wurde ein Horn geblasen. Es war das Zeichen, dass der Fuchs totgebissen worden war. Der Hundemeister bahnte sich einen Weg durch seine geifernden Schützlinge. Er machte sich daran, die Trophäe der Jagd mit dem Messer abzutrennen, bevor er seinen Hunden den Kadaver überließ. Während sie die Beute zerrissen, hielt er unter den allgemeinen Jubel der Jagdgesellschaft den buschigen roten Fuchsschwanz in die Höhe. Im selben Moment gellte ein schriller, lang gezogener Vogelschrei über der Talsenke. Aus steiler Höhe stürzte sich ein Raubvogel geradewegs auf die Jäger hinab. So zielstrebig, wie ein Pfeil von der Sehne schnellt, hielt er auf den ausgestreckten Arm des Hundemeisters zu. Seine Fänge packten den Fuchsschwanz und rissen ihn mit sich. Mit mehreren kraftvollen Flügelschlägen schraubte der Raubvogel sich wieder in die Luft und entschwand vor den verblüfften Augen der Jäger hinter den fernen Baumwipfeln von Wainwood House, die blutige Trophäe in seinen Krallen.
    »Was war denn das?«, fragte Penelope ehrlich überrascht, ohne eine Antwort zu erwarten.
    »Ein Falke«, erklärte ihr Feltham so grimmig, als sei das eine Selbstverständlichkeit. Tief in Gedanken versunken, starrt er in die Richtung, in die der Falke verschwunden war. Erst als unter den Jägern ein allgemeines Durcheinander losbrach, wandte er sich wieder zu Penelope herum. Offenbar war er zu einem Entschluss gelangt.
    »Ich fürchte, ich muss Sie schmählich im Stich lassen«, erklärte er in einem Tonfall, in dem

Weitere Kostenlose Bücher