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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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unter der Nachhut war ein ausgesprochen hübscher junger Gentleman, der sich offenbar der Länge nach in den Dreck gelegt hatte. Obwohl er versuchte, Haltung zu bewahren, klebte ihm Erde an den Wangen und Blut an der Nase. Der junge Mr Rushforth drückte ihm zum Trost die Schulter und überließ ihm sein Glas, doch diese freundschaftliche Geste vermochte den derben Spott der übrigen Jäger kaum aufzuwiegen. Als der gestürzte Gast so würdevoll wie möglich ins Haus humpelte, bemerkte Jane, wie Samuel über die gesamte Länge des Vorplatzes hinweg einen langen Blick mit Mr Rushforth tauschte. Obwohl beide nur versonnen lächelten, schienen sie sich auch ohne Worte zu verstehen.
    Nachdem alle Jäger mit Wein versorgt waren, lieferten August und Samuel ihre leeren Tabletts bei Jane ab, die ihnen nun die Platten mit den Pasteten in die Hand drückte. Der erste Hausdiener kehrte eilig wieder zu seinen Pflichten zurück und so nutzten Jane und Sam die Gelegenheit, um ein paar Worte zu wechseln.
    »Du weichst August nicht mehr aus«, stellte Jane beiläufig fest, während sie die Pasteten in ordentliche Reihen zurechtrückte und den Kater verscheuchte, der hoffnungsvoll maunzend zu den Platten spähte.
    »Aber warum sollte ich Gus denn ausweichen?«, wollte Samuel fahrig wissen. »Er ist ein guter Freund.«
    Jane zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Als ich ankam, hast du immer einen Abstand zu ihm gewahrt, als könntest du dich bei ihm mit einer tödlichen Seuche anstecken, aber gerade eben warst du viel entspannter.«
    Samuel schnaubte belustigt. »So ein Unsinn, sag mir lieber, was ich den Gästen anbieten soll.«
    »In den rautenförmigen Pasteten ist Wildragout. Die runden Türmchen haben eine Fasanenfüllung.«
    Jane sah Samuel nach, während er mit sehr gerader Haltung die Stufen hinabeilte, das Tablett auf einer Hand balancierend. Sein blondes Haar glänzte in der Sonne und er strahlte deutlich mehr Würde aus als die abgekämpften Jäger. Im Gegensatz zu Sam war Jane sich sicher, keinem Irrtum erlegen zu sein. Sie hatte viel Zeit gehabt, das Gesinde wie einen fremdartigen Mikrokosmus zu beobachten, den es zu begreifen galt. Und auch, wenn sie nicht alles verstand, so war sie sich längst der vielschichtigen Spannungen und Bündnisse, der Hoffnungen und Ängste bewusst, die das Leben im Gesindetrakt prägten.
    In Sam hatte sie ihren einzigen Freund auf Wainwood gefunden, auch wenn es natürlich nicht anging, dass ein Hausdiener und ein Dienstmädchen mehr als ein paar Worte auf der Treppe miteinander wechselten. Doch sie reichten aus, damit Jane sich nicht mehr fühlte, wie an einer feindlichen Küste gestrandet. Sie hatte Samuel ihre Zweifel am Unfalltod ihrer Eltern anvertrauen können und außer ihm gönnte ihr höchstens die französische Köchin gelegentlich ein freundliches Wort oder ein übrig gebliebenes Törtchen. Jane kehrte mit den leeren Tabletts ins Haus zurück, entschlossen, nicht weiter zu hinterfragen, wer damit begonnen hatte, den unsichtbaren Schutzschild von Samuel aufzuweichen, der sich hinter seinem ewigen Lächeln verbarg.
    Der Tag endete mit einem festlichen Dinner. Angesichts der vielen Gäste war die Köchin nicht bereit gewesen, weniger als neun Gänge zu servieren. Nach den Anstrengungen der Jagd und des monströsen Festmahls waren gegen Mitternacht nicht nur die Dienstboten am Ende ihrer Kräfte. Nachdem die letzten Gläser gelehrt waren, schlugen die Herrschaften schweren Schrittes den Weg zu ihren Schlafzimmern ein, während in der Küche die Scheuermägde noch Berge von Geschirr spülten und die Diener im ganzen Haus die Lampen löschten.
    Jane stieg als eine der Letzten die steilen Stufen zum Dachgeschoss hinauf. Hinter den Türen der anderen Mädchen waren noch vereinzelt Stimmen zu hören und leises Gekicher, doch der graue Korridor lag verlassen da. Als sie in ihre Kammer trat, saß Hanna schon im Nachthemd auf dem Bett. Vor ihr auf dem Kopfkissen lag ein Päckchen, das in braunes Packpapier eingeschlagen war. Das ältere Dienstmädchen schien Jane noch immer zu fürchten, doch die Beharrlichkeit, mit der sie Hannas Ängste ignorierte, zahlte sich allmählich aus. So zuckte das rundliche Mädchen nicht mehr zusammen, als Jane eintrat und blieb unverändert auf der Bettdecke sitzen. Jane positionierte zwei Himbeertartelettes, die sie von der Köchin bekommen hatte, nicht ohne Hinterlist in Hannas Reichweite.
    »Du hast Post bekommen«, stellte sie fest, während sie damit

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