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Wainwood House - Rachels Geheimnis

Wainwood House - Rachels Geheimnis

Titel: Wainwood House - Rachels Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stoffers
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Doch am Weihnachtsmorgen übernahmen sie es zu zweit, die Schlafzimmer der Gäste herzurichten. Während Hanna nebenan die Betten machte, schlüpfte Jane in Felthams Zimmer. Es handelte sich um einen hübschen kleinen Raum, dessen Fenster auf den Park hinausgingen. Die Stofftapete an den Wänden war blau-weiß gestreift. Die dunklen Möbel glänzten matt. Auf dem wuchtigen Kamin waren zarte Porzellanfiguren aufgestellt worden. Es waren allesamt Schäferinnen mit Lämmern und Kindern, die den Blick verzückt zur Decke wandten. Das Blau der Tapete fand sich in dem persischen Teppich wieder und in den samtenen Troddeln des Himmelbettes. Auf Befehl von Lady Derrington stand ein Sträußchen weißer Christrosen auf dem Nachttisch.
    Jane passte mit ihrem schwarzen Kleid und der weißen Rüschenschürze perfekt in diese Kulisse. Sie hatte das Bett in den letzten Wochen bereits mehrmals hergerichtet und die Porzellanfiguren so oft abgestaubt, dass sie ihnen beim Putzen Namen gegeben hatte. Wer sich hier dagegen völlig fremd fühlen musste, war Thaddeus Feltham. Er hatte keinen Kammerdiener mitgebracht und es ausgeschlagen, sich einen zur Verfügung stellen zu lassen. Die einzigen Hinweise darauf, dass er diesen Raum überhaupt betreten hatte, waren das zerwühlte Bett, der mächtige Reisekoffer und seine Kleider im Schrank. Es gab keine Zeitung, die zerlesen herumlag, oder ein aufgeschlagenes Buch, kein erst zur Hälfte geschriebener Brief und keine angebrochene Schachtel Zigaretten. Selbst der Rasierpinsel stand im Bad vor dem Spiegel in Reih und Glied neben dem Klappmesser, der Schale für den Schaum und einer Blechdose mit Seife.
    Jane öffnete als Erstes die Schranktüren. Auch die Hemden hingen akkurat nebeneinander aufgereiht, die steifen Kragen waren abgeknöpft und ineinandergestapelt worden. Ein Paar polierte Lederschuhe stand neben den Reitstiefeln. Mit fliegenden Fingern sah Jane seine Garderobe durch. Es waren genug Kleidungsstücke, um sich drei Mal am Tag für jeden Anlass passend umzuziehen und keines je doppelt zu tragen. So viel Sorgfalt wurde von einem Mann seines Standes erwartet. Sie fand karierte Tweedanzüge samt Westen und schwarze Fracks zu Hemden mit glänzenden Perlmuttknöpfen, dazwischen seine Uniform, gefolgt von passenden Handschuhen und Seidenkrawatten, Einstecktüchern und Hüten. Alle Kleidungsstücke waren aus teurem Stoff und sorgsam gepflegt, aber keineswegs neu. Sie entdeckte kleine Gebrauchsspuren, die nicht mehr zu entfernen gewesen waren. Einen hartnäckigen Flecken, ein gewissenhaft genähter Riss und ein ausgedünnter Rand an einem der Hemdkragen. Aus dem Schrank schlug ihr ein Geruch nach Leder und Pfeifenrauch, nach Rasierschaum und Mottenpulver entgegen. Doch obwohl Jane sogar die Etuis mit seinen Manschettenknöpfen öffnete und unter dem Stapel mit seiner gerippten Unterwäsche nachsah, fand sie nichts anderes als militärische Ordnung.
    Bevor sie den Schrank wieder schloss, vergewisserte sie sich, dass jede Naht und jede Schublade wieder an ihrem ursprünglichen Platz saß und keine Spuren ihrer Suche zu sehen waren. Jane trat vor den hohen Schrankkoffer und hielt einen Moment inne, um zu lauschen. Es wurde von ihr erwartet, dass sie zum Aufräumen in den Gästezimmern war. Und sie hätte sich gewiss eine Ausrede dafür einfallen lassen können, warum sie die Schranktüren geöffnet hatte, denn es gab genug Herrschaften, die ihre Kleider im ganzen Zimmer verteilt herumliegen ließen. Aber es gab streng genommen keinen Grund, die Messingschlösser des großen Reisekoffers aufschnappen zu lassen. Oder zumindest keinen Grund, den Jane Mrs Chambers oder Mr Frost näher erläutern wollte. Sie hörte keine Schritte auf dem Flur und keine Türen klappern, doch das war nur ein geringer Trost, denn auch die anderen Dienstboten waren stets sehr leise. Weiter unten im Haus schlug eine Standuhr. Das gab den Ausschlag. Jane hatte nicht viel Zeit. Noch saßen die Herrschaften alle beim Frühstück, doch sobald sie zum Gottesdienst aufbrechen wollten, mussten die Zimmer wieder ordentlich sein.
    Der Koffer war so groß, dass Jane darin hätte stehen können, und doppelt so breit wie sie. Die Ledergurte hingen schlaff herab. Die Schlösser sprangen mit einem mechanischen Klacken auf und die Klappe des Koffers öffnete sich wie eine Schranktür. Innen gab es eine Stange für Kleiderbügel und mehrere Schubladen. Sie waren nach Felthams Ankunft von den Dienern ausgeräumt worden. Jane tastete

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