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Waisen des Alls

Waisen des Alls

Titel: Waisen des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Parasiten angelockt hatte. Kao Chih betrachtete das zusammengestoppelte Habitat mit der Erleichterung eines Heimkehrers, die jedoch von Besorgnis überlagert war. Man hatte ihn mit einer Mission von allerhöchster Wichtigkeit betraut; er hatte herausfinden sollen, ob auf Darien Platz war für die Überlebenden der geknechteten Kolonie von Scheiterhaufen. Jetzt würde er dem Duizhang und den Ältesten erklären müssen, dass die Hegemonie und die Brolturaner im Begriff waren, Darien zu übernehmen, und dass die Erdsphäre nicht in der Lage war, sie daran zu hindern. Doch es gab noch vieles andere zu berichten, und nicht zuletzt musste er den Grund für Silveiras Anwesenheit erklären. Im Verlauf des Fluges hatte er sich zurechtgelegt, was er sagen würde, doch das Kriegsschiff der Hegemonie hatte seine guten Vorsätze so gewaltsam zunichtegemacht, wie wenn jemand seinen Stiefel auf ein Go-Brett gesetzt hätte.
    Um weniger aufzufallen, ließ Kao Chih das Neue und das Alte Dock links liegen und dirigierte Silveira stattdessen zu einer der Wartungsgruben. Nach einem kurzen Wortwechsel mit dem Grubenmanager, in dessen Verlauf er seinen Namen nannte, wurde es der Oculus Noctis gestattet, in einer großen Mecha-Mulde zu landen.

    »Es könnte sein, dass wir von einem Empfangskomitee begrüßt werden«, sagte Kao Chih, als die Personenschleuse schon arbeitete. »Meine Mission war sehr wichtig - vielleicht ist sogar ein Reporter unserer Wochenzeitung da, vom Großen Einheitsreport …«
    »Bei Ihnen gibt es eine gedruckte Zeitung?«, fragte Silveira.
    »Auf recycelter Biomasse gedruckt«, antwortete Kao Chih. »Das hat bei uns Tradition …«
    Die Innentür schwang auf, und sie blickten auf vier Bewohner von Vergeltung, die mit Betäubungswaffen auf sie zielten.
    Kao Chih hob erschreckt die Hände. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Das Titelfoto fällt wohl aus«, meinte Yash mit unverhohlener Schadenfreude.
    Ein Beamter in blau-schwarzem Anzug näherte sich von der Seite, über dem Arm trug er lange, orangefarbene Gewänder.
    »Pilot Kao Chih, verehrte Gäste, ich bin der stellvertretende Regierungskommissar Liangyu. Ich möchte mich für Ihre Behandlung entschuldigen. Der Zeitpunkt Ihrer Ankunft hätte ungünstiger nicht sein können. Ihre Anwesenheit darf nicht bekanntwerden, deshalb müssen Sie diese Kleidungsstücke anlegen, bevor wir Sie zur Kommandoebene geleiten.«
    Er streckte die orangefarbenen Kleidungsstücke vor, die Kao Chih und Silveira zögernd entgegennahmen. Yash verschränkte die Arme und funkelte den Beamten an.
    »Sülze! Wie komme ich dazu?«
    »Es steht Ihnen frei, sich zu weigern, mein Herr«, sagte Liangyu. »Aber aus Gründen der Sicherheit sähen wir uns dann gezwungen, Sie zu betäuben, umzukleiden und wegzutragen.«

    Die Mündung einer Betäubungspistole war breit und abgerundet; rund um den Resonator, einem schlanken Dorn, waren Dutzende kleiner Emitter angeordnet. Alle vier Waffen zielten nun auf den Voth. Der höhnisch grinsend die Achseln zuckte und sich schließlich fügte.
    Nach zehnminütigem Marsch durch Wartungs-und Personalgänge betraten sie einen mit Teppichboden ausgelegten, schwach parfümierten Korridor der Kommandoebene. Ein paar Meter weiter öffnete sich eine Tür, und die bewaffnete Eskorte geleitete sie in einen kleinen, nüchtern ausgestatteten Raum mit mehreren Monitoren. Hinter einem niedrigen schwarzen Tisch mit zwei halbvollen, schwach duftenden Tassen Tee standen drei Stühle. Kang Lo, der Dhuizang, Befehlshaber der Vergeltung bekleidet mit blau-schwarzer Uniform, musterte im Sitzen die Neuankömmlinge mit seinen dunklen Augen. Neben ihm saß Tan Hua, ein grauhaariger Ältester, bekleidet mit einem weiten, weiß-gelben Gewand. In seinem faltigen Gesicht spiegelte sich lediglich hochmütige Missbilligung wider.
    Kao Chih runzelte die Stirn. Tan Huans Anwesenheit deutete darauf hin, dass er aufgestiegen war und möglicherweise Li Guo, den Ersten Offizier des Dhuizang, ersetzt hatte, wenngleich auch nicht ausgeschlossen war, dass er aus einem anderen Grund der Unterredung beiwohnte.
    In der Ecke öffnete sich eine Tür, die halb von einem Monitor verdeckt wurde, und ein großer, spindeldürrer Roug trat ein und nahm auf dem dritten Stuhl Platz. Er bewegte sich beherrscht und gemessen. Auf einmal war Kao Chih sicher, dass es hier um Tumakris Tod und seine mögliche Beteiligung daran gehen würde. Er schluckte mühsam, ordnete seine Gedanken, legte sich eine Rechtfertigung

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