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Waisen des Alls

Waisen des Alls

Titel: Waisen des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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bisher in Theos Beisein noch nie getan hatte.
    »Wir haben eine Flotte, aber die Schiffe sind nicht größer als ein gewöhnlicher Schlachtkreuzer«, sagte er. »Unsere Schlagkraft beruht auf dem tygranischen Soldaten. Anstatt eine Armee mit breiten Einsatzmöglichkeiten aufzustellen, haben sich die Gründer darauf verlegt, kleine, flexible Einheiten zu schaffen, die vielseitig ausgeet werden.«
    Das klang vertraut. »Abschirmung, Infiltration, Überwachung und Sabotage«, meinte Theo. »Und die Rekruten werden verschiedenen Kompanien oder Gruppen mit jeweils ihrer eigenen kleinen Geschichte von Kämpfen, Helden und Schurken zugeteilt, hab ich Recht?«
    »So ist es, Major«, bestätigte Malachi und lächelte neugierig. »Ist das Dariener Militär auch so organisiert?«
    »Ja, und zwar deshalb, weil ich es mit aufgebaut habe. Als ich mich bereiterklärte, heimlich Viktor Ingrams Gefolgsleute auszuen - eine lange Geschichte, die erzähle ich Ihnen ein andermal-, habe ich sechs Kompanien aufgestellt, die nach den alten nordischen Göttern benannt sind, und als einige Stadtmilitärs zu uns überliefen, haben wir die Namen beibehalten. Nach dem Scheitern des Putsches wurden die Namen auf die neuen Korps übertragen, die Thor-Kompanie, die Odin-Kompanie und so weiter …«
    »Bei uns ist es ähnlich. Wir haben zwölf Kommandanturen, die Feuerklingen, die Nachtläufer, die Stählernen Hände, die Schattenwache und so weiter. Die Namen wurden so ausgewählt, dass sie keine direkte Beziehung zur Vorgeschichte der Kolonisten auf der Erde haben, damit sie im Laufe der Zeit eine Eigenbedeutung annehmen konnten. Jede Kommandantur wird von einem Captain befehligt,
der Oberkommandierende ist der Hohe Marshal. Ich bin - ich war Tech-Feldwebel bei den Sturmlöwen, die der Kommandantur Schwarze Sonne traditionell verbunden sind, da sie vor fast sechzig Jahren bei der Obelisk-Belagerung auf Odusra4 Seite an Seite gekämpft haben.«
    »Der Kampf schmiedet starke Bindungen«, sagte Theo und fragte sich, weshalb er so entgegenkommend war.
    »Traditionelle Allianzen können sich aber auch nachteilig auswirken«, sagte Malachi, legte das Tagebuch in eine Schublade und ging zum Feldbett hinüber, über dem die warm leuchtende Lampe hing. »Vor einigen Jahren fiel Aaron Ryan, der Hohe Marshal, im Feld, und einer der anderen Captains, ein gewisser Matthias Becker, wurde zum Kommandanten der Schwarzen Sonne gewählt.«
    »Und worin besteht der Nachteil?«
    »Bei der Beförderung unterziehen sich die Hohen Marschälle einer kleinen Operation, bei der sie ein Gedächtnisimplantat bekommen, das ihnen das gesamte Wissen der tygranischen Archive erschließt. Becker aber bekam etwas anderes, eine Art cybernetisches Bewusstsein.«
    Theo setzte sich auf die Tischkante. »Scheint sich um ein AI-Implantat zu handeln, wie sie bei der Hegemonie üblich sind.«
    »Ja, das glaube ich auch«, sagte Malachi, hockte sich neben dem Bett auf den Boden und lehnte sich an die Wand. »Die ganze brolturanische Elite ist damit ausgestattet, auch Ihr Präsident Kirkland und dessen Kabinett.«
    Theo fluchte. »Dieser Verräterarsch! Konnte es gar nicht erwarten, ihr Sklave zu werden.« Er schüttelte den Kopf. »Und wie ging es mit diesem Becker weiter?«
    »Er nahm einige Veränderungen vor, in Bezug auf die Ausrichtung des Trainings, die Einberufungsrituale, die Günstlingswirtschaft und die allgemeine Speichelleckerei.
Außerdem gestattete er es der Hegemonie, zwei Kommandanturen für Missionen abzustellen, die andere Menschen betreffen, was einen Verstoß gegen die Prinzipien des Grundlagenvertrags darstellt …«
    Unter dem Boden ertönte ein scharrendes Geräusch, das aus dem Stall kam, in dem Etril den Trictra untergebracht hatte. Stirnrunzelnd sagte Theo: »Haben Sie das auch gehört?«
    Dann hörte er Schritte vor der Hütte und richtete sich auf. »Wer ist da?« Malachi erhob sich ebenfalls und hielt auf einmal einen Knüppel in der Hand, der aus einem Aststück gefertigt war.
    »Es tut mir leid, Theo«, sagte er, als der blaue Vorhang beiseitegerissen wurde. »Es tut mir aufrichtig leid …«
    Ein gepanzerter Ezgara stürmte in die Hütte. Theo schnappte sich den erstbesten Gegenstand, einen kleinen Blumentopf, und schleuderte ihn dem Soldaten gegen den Kopf, dann trat er ihm die Beine weg. Inzwischen waren jedoch zwei weitere Ezgara in der Hütte, und bald darauf war der Kampf beendet. Theo, dem von einem Streifhieb die Ohren klingelten, lag mit gefesselten

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