Wait for You: Roman (Wait for You-Serie) (German Edition)
nach Hause kommen.«
»Was?« Ich drückte mir das Kissen an die Brust.
Sie seufzte. »Du musst endlich zur Vernunft kommen und nach Hause zurückkehren, Avery. Dein kindisches Verhalten hat jetzt lang genug gedauert.«
»Kindisch? Mom, ich hasse es dort…«
»Und wer trägt die Schuld daran, Avery?« Jetzt klang ihre Stimme schon nicht mehr so kühl.
Ich starrte entgeistert auf den Hörer. Das war nicht das erste Mal, dass sie etwas in der Art gesagt hatte. Absolut nicht das erste Mal. Aber trotzdem fühlte ich mich, als hätte sie mich in die Brust geschossen. Ich starrte Richtung Fenster und schüttelte langsam den Kopf.
»Wir wollen doch nur das Beste für dich«, setzte sie wieder an und gewann mit diesem vollkommen lächerlichen Satz ihre kühle Überlegenheit zurück. »Mehr wollten wir nie. Und das Beste für dich ist es, nach Hause zu kommen.«
Ich wollte lachen, aber das Geräusch blieb mir im Halse stecken. Nach Hause zu kommen war zu meinem Besten? War diese Frau verrückt? Allein mit ihr zu sprechen vermittelte mir schon das Gefühl, sie könne mich mit ihrem Wahnsinn anstecken.
»Hier ist einiges passiert«, fügte sie hinzu, dann räusperte sie sich. »Du solltest nach Hause kommen.«
Wie oft hatte ich getan, was sie wollte? Zu oft. Aber diesmal konnte ich nicht nachgeben. Nach Hause zurückzukehren hätte denselben Effekt, wie den Kopf in einen Fleischwolf zu stecken, um dann zu fragen, woher die Schmerzen kamen. Ich holte tief Luft und öffnete die Augen. »Nein.«
»Entschuldigung?« Die Stimme meiner Mutter wurde schrill.
»Ich habe Nein gesagt. Ich komme nicht nach Hause.«
»Avery Samantha Morgan…«
»Ich muss Schluss machen. War nett, mit dir zu reden, Mom. Tschüss.« Und dann legte ich auf, bevor sie noch etwas sagen konnte. Ich legte das Handy vor mir auf den Couchtisch und wartete.
Eine Minute verging, zwei Minuten und schließlich fünf Minuten. Erleichtert atmete ich auf und ließ mich tiefer in die Couch sinken. Dann schüttelte ich den Kopf, weil mich dieses Gespräch wortwörtlich umgehauen hatte. Meine Mutter war wahnsinnig. Ich schloss die Augen und rieb mir die Schläfen. Was für ein Start in den Sonntagmorgen.
Plötzlich klopfte es an meiner Tür.
Ich sprang auf und eilte um die Couch herum, während ich mich fragte, wer das sein konnte. Es war zu früh. Keiner meiner Freunde konnte schon wieder zurück sein. Zur Hölle, es war noch nicht mal neun Uhr, was bedeutete, dass es wahrscheinlich selbst zu früh für einen Serienkiller war.
Ich streckte mich und spähte durch den Türspion. »Auf keinen Fall.« Mein Herz vollführte eine ganze Reihe von Sprüngen, als ich die Tür aufriss. »Cam?«
Er drehte sich um, die Lippen zu einem schiefen Lächeln verzogen. Er trug eine Einkaufstüte in der Hand. »Also, ich bin heute so gegen vier Uhr morgens aufgewacht und hatte irgendwie Lust auf Eier. Und Eier mit dir schmecken viel leckerer als mit meiner Schwester oder meinem Dad. Außerdem hat meine Mom Kürbisbrot gebacken. Ich weiß doch, wie sehr du Kürbisbrot liebst.«
Sprachlos trat ich zur Seite und beobachtete, wie er seine Tüte in die Küche trug. Meine Kehle war wie zugeschnürt. Doch dann löste sich ein Knoten irgendwo tief in meiner Brust. Mein Hirn schaltete sich aus. Ich schloss noch nicht mal die Eingangstür oder spürte die kühle Luft, die um meine Knöchel spielte. Stattdessen rannte ich los und überbrückte die Entfernung zwischen Tür und Küche. Cam drehte sich gerade um, als ich mich gegen ihn warf.
Er fing mich, stolperte einen Schritt rückwärts und schlang die Arme um meine Hüfte. Mit geschlossenen Augen und klopfendem Herzen vergrub ich mein Gesicht an seiner Brust. »Ich habe dich vermisst.«
Kapitel 13
Tief in mein Kapuzenshirt gekauert zitterte ich, als der Wind zwischen Whitehall und Knutti Hall hindurchpfiff und die braun und gelb verfärbten Blätter über uns zum Rascheln brachte. Mehrere Blätter wurden in die Luft gerissen und fielen in langsamen Spiralen wieder zu Boden, um sich dem dicken Teppich des restlichen Herbstlaubes anzuschließen.
Brit nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette, dann atmete sie langsam wieder aus. »Also, was tust du, wenn ich das nächste Mal rangehe, wenn Jimmy nachts anruft und Sex will, und ich dann tatsächlich auch noch zu ihm rübergehe?«
Ich sprang von einem Fuß auf den anderen. »Dich in den Unterleib schlagen?«
»Genau!« Sie nahm einen letzten Zug, dann drückte sie die Zigarette aus.
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