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Wakolda (German Edition)

Wakolda (German Edition)

Titel: Wakolda (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucia Puenzo
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hatte sie noch nie viel Verständnis gehabt; vor allem aber war ihr die plötzliche Männerfreundschaft ein Dorn im Auge. Enzo bekam einiges von ihr zu hören – und José saß inzwischen jeden Abend bei ihnen mit am Tisch. Die beiden Männer waren wie besessen und schmiedeten selbst während des Essens noch Pläne. Glücklich, einen Mäzen gefunden zu haben, der bereit war, die Umsetzung seiner Erfindungen zu finanzieren, feilte Enzo tagelang an dem Gelenkmechanismus der Puppenfinger.
    Nach zwei Wochen wurde Eva nervös. Sie war eine Frau der Tat und wollte einen Zeitplan sehen, wollte wissen, wann die Puppen in Auftrag gegeben, zu welchem Preis sie verkauft und wie viel Prozent des Gewinns an sie abfallen würden. José indes beunruhigte lediglich die Frage, wie lange er sein außergewöhnlich angenehmes Exilleben noch würde weiterführen können. Mittlerweile wurden die deutschen Bekannten doch nervös und fragten nach, wann er denn abzureisen gedenke.
    »Spätestens in ein paar Wochen«, vertröstete er sie dann.
    Es war ein offenes Geheimnis, dass der Chef des Mossad die Suche nach ihm hatte einstellen lassen, um die Jagd auf Adolf Eichmann nicht durch eine zweite Operation zu gefährden. Erst nach der Festnahme Eichmanns würde man sich ihm wieder widmen. Diverse Informanten hielten José nahezu täglich auf dem Laufenden und würden rechtzeitig Alarm schlagen. Er kannte alle Grenzübergänge der Umgebung und hatte mehrere absolut vertrauenswürdige Männer an der Hand, auf die er zählen konnte, wenn es so weit war.
    Drängen ließ er sich jedenfalls nicht.
    So etwas wie hier würde er anderswo nicht noch einmal finden. An dem Abend, an dem Eichmann in Buenos Aires von einer Gruppe bewaffneter Männer festgenommen wurde, saß José mit seiner Ersatzfamilie in Belgrano bei Bariloche am Abendbrottisch und plante, wie viele Arme, Beine, Rümpfe und Köpfe in der Fabrik in Trelew in Auftrag gegeben werden sollten. In dem Augenblick, in dem Eichmann in einen angemieteten Wagen gezerrt und brutal mit dem Kopf auf den Boden gestoßen wurde, erhob José sein Glas:
    »Auf ein Geschäft, das immer in der Familie bleibt …«
    Er machte eine theatralische Pause:
    »… selbst wenn ich einmal nicht mehr bei euch sein kann.«
    »Auf unser Geschäft!«, rief Enzo voller Stolz, und seine Augen schimmerten feucht.
    »Ich würde Sie gern mal etwas fragen«, warf Eva betont sachlich ein.
    »Wieso tun Sie das für uns?«
    José lächelte ein wenig gönnerhaft.
    »In der Vermehrung, Gnädigste … liegt der Schlüssel zum Erfolg.«
    »Und was vermehren Sie, außer den paar Puppen?«
    »Den Sinn für Schönheit. Wenn ich in der Lage bin, schöne und wertvolle Dinge herzustellen – weshalb sollte ich sie nicht auch mit anderen Menschen teilen?«
    Lilith entfuhr ein Seufzer.
    Als sie ihr Saftglas erhob, um mit José anzustoßen, war ihre Kehle wie zugeschnürt. Er würde sie also vielleicht bald verlassen? Sie wollte sich das Leben hier ohne ihn gar nicht vorstellen; längst vergessen der Nachmittag im Wald bei den Ruinen. Eva indes fühlte sich nicht ganz wohl und zog sich rasch vom Abendbrottisch zurück. Manchmal kam Enzo ihr vor wie ein Fremder, dachte sie beklommen. Sie verkroch sich in das Bett ihrer Eltern, doch auch hier war die ersehnte Geborgenheit nicht zu finden. Enzo war wirklich kaum wiederzuerkennen. Zwar hatte sie ihre anfänglich starke Skepsis gegenüber dem Deutschen nach und nach abgelegt, aber der vertrauliche, ja geradezu familiäre Umgang, den ihre Familie mittlerweile mit dem Mann pflegte, ging ihr entschieden zu weit. Während ihr Jüngster im Wohnzimmer zwischen den Sesseln umhermarschierte und seiner Blockflöte ein paar schrille Töne entlockte, ließ José den Kleinen keine Sekunde aus den Augen. Um Punkt acht Uhr machte er den Vorschlag, er werde die Kinder ins Bett bringen, damit sich Enzo in Ruhe dem Kostenplan widmen könne. Ohne lange zu fackeln, schnappte er sich den Jüngsten und nahm ihn auf den Arm. Als der Kleine protestierte, schob er ihm einen von den Importbonbons in den Mund, die er für solche Fälle in der Hosentasche hatte. Wie man Kinderherzen gewinnt, hatte er nicht vergessen.
    »Und jetzt ab ins Bett. Das gilt übrigens auch für euch«, wandte er sich an Lilith und Tomás.
    Erfreut über die Abwechslung vom immergleichen abendlichen Ritual, sprangen die beiden auf, und Enzo blickte lächelnd seiner kleinen Herde hinterher, die gehorsam mit ihrem Hüter davontrottete. Auf dem Weg

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