Wald der Masken
Oggrym mit seinem kleinen verlorenen Haufen durch die verwüsteten Lande gezogen, bis ihn und seine Männer das Schicksal in Gestalt der Mangoreiter ereilte. Nur er überlebte den Kampf so lange, daß er Mythor einen Teil seiner Geschichte erzählen und ihn noch bitten konnte, sich seiner Totenmaske anzunehmen.
Mythor hatte dies schwören müssen, ohne überhaupt zu wissen, worauf er sich einließ. Nur soviel hatte Oggrym sterbend preisgegeben: falls Mythor seine Maske nicht fand und an sich nahm, sei er zu ewiger Verdammnis verurteilt.
Mythor hatte sich seine Gedanken darüber gemacht. Oggryms Worte ergaben nur dann Sinn, wenn sein Geist im Augenblick des Todes in die Maske überwechselte und weiterlebte. Was aber konnte er tun, um das von dem Gefallenen abzuwenden?
Der Gedanke an die Totenmasken und seine Träume verursachte Mythor körperlichen Schmerz. Er begann ihn zu verfolgen, und je eher er den Maskenwald erreichte und sich seiner Aufgabe entledigte, desto schneller sollte der Alpdruck vorbei sein. Er hatte keinen Beweis dafür, daß es so sein würde, aber er klammerte sich an diese Hoffnung wie ein Ertrinkender an den Strohhalm.
Manchmal kam ihm der Gedanke, daß er sich mit seinem Schwur einen Fluch aufgeladen hatte.
*
Cobor hätte Gelegenheiten zur Flucht gehabt. Während der Kletterpartien zwischen Engstellen hindurch hätte er sich unbemerkt auch von dem Kruuk absetzen können. Vielleicht hätte der Marmorne ihn dann verfolgt, und allein hätten sie sich im Kampf gegenübergestanden.
Der Baummensch haßte Mythor dafür, ihn daran gehindert zu haben, seine Rache zu vollziehen. Hilflos hatte der Marmorne in den Dämpfen gelegen. Ein Stein hätte ihn da vielleicht zu töten vermocht.
Die Gelegenheit war vertan. Krant gab sich dankbar und redete Mythor als Freund an.
Kein Marmorner war solcher Gefühle fähig! Sie waren Bestien, die nur ihren Haß kannten!
Aber mein Haß ist stärker, Krant!
Cobor wußte sehr wohl, daß ihm der Kruuk als Bewacher zugeteilt worden war. Nun, sie alle würden sich umsehen, sobald sie den Wald der Masken erreichten. Dann schlug die Stunde der Rache. Dann würden Londa, Pers und Tator auch in den Ewigen Wipfeln ihren Frieden finden.
Londa…
Cobor nahm die Schatten seiner finsteren Welt kaum wahr. Er sah andere Bilder, Gesichter in der Düsternis. Er sah Londa, die kleine Pers und ihren Bruder Tator so, wie sie vor dem Überfall der Marmornen gewesen waren.
Damals hatte Courmin ihn ausgeschickt, um einen Weg nach dem Maskenwald auszukundschaften. Nur ihm konnte er diese Aufgabe anvertrauen, denn Cobor war sein kräftigster und mutigster Untertan gewesen. Außerdem wollte Courmin, erst seit kurzer Zeit überhaupt, daß nur er und Cobor von dem Unterfangen wußten. Denn die Schätze der Aegyr im Wald der Masken sollten nicht unter zu vielen aufgeteilt werden. Courmin wollte so reich werden wie noch kein Baummensch vor ihm, doch Cobor hatte den gleichen Gedanken.
Deshalb hinterging er das Oberhaupt. Er verließ den Hinterwald in der Schwärze der Nacht mit seiner Gefährtin und den Kindern. Erst einmal im Wald der Masken und im Besitz unermeßlicher Schätze, glaubte er, konnte er einen eigenen Stamm gründen und in fürstlichem Prunk leben.
Cobor erschauderte, als er daran dachte, was er dort wirklich angetroffen hatte.
Auf der Flucht zurück in den Hinterwald waren die Marmornen aufgetaucht, drei an der Zahl. Nur er war schnell genug gewesen, ihnen zu entkommen. Londa und die Kinder waren gestorben.
Cobor wollte sich nicht mehr daran erinnern, doch die Bilder drangen aus den Schatten auf ihn ein. Die schreckliche Vergangenheit wurde wieder lebendig. Er hatte nichts tun können, nur um sein Leben rennen und darauf hoffen, eines Tages Rache nehmen zu können.
Geflohen! Londa im Stich gelassen! Und die Kinder!
Courmin hatte ihn wieder aufgenommen, doch nicht seinetwegen, sondern aus Mitleid. Cobor hatte alles getan, um ihn glauben zu lassen, in ihm nun einen treuen Untergebenen zu haben. Und natürlich hoffte Courmin immer noch darauf, daß Cobor ihm eines Tages den Weg in den Maskenwald zeigen würde.
Mit der Zeit war der Anführer gereift und hatte alle ehrgeizigen Pläne verworfen, mit einer großen Gruppe über den Marmorbruch zu gehen. Dabei hatte Cobor ihm zwar vom Überfall der Marmornen berichtet, nicht aber über die Schrecken des Maskenwalds. Was dort lauerte, das war sein Geheimnis.
Ich hätte es dir gesagt, Mythor! Nun schreibe es dir selbst zu, daß
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