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Wald der Masken

Wald der Masken

Titel: Wald der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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kälter, je tiefer die Gruppe in den Wald eindrang. Die Bresche war etwa drei Schritte breit und dreimal so hoch. Sie konnte nicht natürlich entstanden sein. Mythor suchte nach Spuren. Der Boden war von dickem blauem Moos überzogen, das an einigen Stellen braun verfärbt und wie plattgedrückt war.
    »Hier sind einige Äste abgeschlagen worden«, flüsterte Ilfa. »Und Zweige sind abgeknickt. Die Höhe und die Breite der Bresche, Mythor – ist das nicht Raum genug für Reiter?«
    Sie brauchte kaum deutlicher zu werden. Kalte Reiter hier im Wald der Masken?
    »Es könnte auch der Grund dafür sein, daß wir keine Tiere sehen«, fuhr Helmonds Tochter fort.
    Aber an Mangoreitern allein konnte es schwerlich liegen, daß Krant diesen Wald so fürchtete. Mythor glaubte nicht daran, daß der Marmorne schon selbst hier gewesen war. Vielleicht gab es Legenden, die nur er kannte.
    »Kommt weiter!« knurrte er.
    Die Baumbewohner drängten sich so eng zusammen, wie es nur ging. Spätestens jetzt schien ihre Angst die Oberhand über die Gier nach Schätzen zu gewinnen. Doch auch sie konnten nun nicht mehr zurück.
    Immer neue Gewächse tauchten aus den Nebeln auf. Die Bresche verlief geradlinig. Irgendwann lichtete sich das Dickicht. Zwischen Baumriesen, deren Wipfel nicht mehr zu sehen waren, breitete sich nur noch wenig Buschwerk aus. Mythor war es, als marschierte er durch eiskaltes Wasser. Er erschrak fast vor dem schmatzenden Geräusch seiner eigenen Schritte im weichen Moos.
    Plötzlich war Zomfar an seiner Seite und hielt ihn am Arm fest.
    »Siehst du den Baum dort?« fragte er flüsternd.
    Mythor nickte verständnislos. Er folgte mit dem Blick Zomfars ausgestrecktem Arm, der auf einen mittelgroßen Baum mit bogenförmig herabhängenden Ästen wies. Die Früchte waren nierenförmig und sahen wie Leder aus.
    »Was ist mit ihm?« fragte Mythor. »Wir suchen Totenmasken und keine…«
    »Warte!« Zomfar sprach noch leiser. Seine Augen glänzten, als sie schreckhaft die Umgebung absuchten. »Noch keiner aus dem Hinterwald hat solch einen Baum gesehen, Mythor. Aber viele von uns haben von ihnen gehört. Wenn ich mit meiner Befürchtung recht behalte, so ist dieser Wald wahrhaftig verflucht.« Zomfar schlich sich an das Gewächs heran, als gelte es, sich einem Feind zu nähern. Vor dem Stamm ging er in die Hocke und untersuchte den Boden.
    »Sie waren hier«, sagte er.
    »Wer?«
    Zomfar antwortete nicht. Er winkte Mythor nur, daß er die Bresche verlassen sollte. Erst als die Gefährten wieder zusammen waren, ging der Baumbewohner langsam weiter.
    Ilfa hatte den Bogen in der Hand und einen Pfeil eingelegt. Mythor schlug das Dickicht entzwei, wo es noch ein Hindernis darstellte. Sie kamen an noch zwei Bäumen vorbei, deren Früchte die Nierenform besaßen. Vor dem nächsten blieb Zomfar wieder stehen.
    Er atmete tief ein.
    »Die Früchte sind anders«, stellte Mythor fest. »Sie sehen hier aus wie Knollen – Kartoffeln.«
    »Dann ist es wahr«, flüsterte Zomfar. »Hier im Wald der Masken stehen sie, und wir werden noch andere Bäume finden, deren Früchte wie Herzen sind.«
    »Was weißt du?« drang Mythor in ihn. Die vagen Erklärungen trugen nicht gerade dazu bei, ihm die Anspannung zu nehmen.
    Plötzlich war etwas zu hören. Äste brachen. Dann schlugen Hufe dumpf in das Moos.
    »Es kommt von der Bresche her«, flüsterte Ilfa. »Schnell, wir müssen noch weiter von ihr fort. Dort die Büsche!«
    Die Gefährten liefen geduckt und so leise wie möglich, während das Schlagen der Hufe schnell näher kam. Als sie sich hinter den Büschen in Deckung warfen, tauchten die ersten Reiter in der Bresche auf.
    »Mangokrieger«, zischte Ilfa. »Also haben sie uns bis hierher verfolgt. Die beiden, die vor Krant fliehen konnten, müssen die anderen zu Hilfe geholt haben. Aber…«
    Sie schwieg. Mit angehaltenem Atem sahen die Eindringlinge, wie ein Dutzend Reiter auf ihren Knochenpferden den breiten Pfad entlangritten und tiefer im Wald im Nebel verschwanden. Kein einziger drehte sich dabei einmal in ihre Richtung um.
    »Du wolltest sagen, daß sie schon vorher hier waren«, flüsterte Mythor. »Daß du recht hattest und sie den Wald kennen.«
    »Weil sie hier ihre Herzen erhalten«, sagte Zomfar.
    Mythor starrte ihn ungläubig an.
    »Diese Bäume mit den Nieren- und den Kartoffelfrüchten, Mythor, sind Mangobäume. Und es heißt, daß die kalten Reiter die Nierenfrüchte essen müssen, weil sie ihnen die Kälte geben. Die zornigen

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